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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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eine große Halle mit zwei Billardtischen an dem einen Ende und einer lebensgroßen Holobühne an dem anderen. Wir hätten genausogut zurück in Hollywood sein können. Señor Guzman versorgte uns mit Drinks (ich bekam einen doppelten), bat uns, Platz zu nehmen, und legte fachmännisch den Film in das Gerät.
    Ich hätte am liebsten die Augen geschlossen. Statt dessen sah ich zu, denn der Masochist in mir sagte, daß diese Strafe meinen Charakter stärken oder wenigstens dem Vergehen angemessen sein würde. Auf der Bühne erhellte sich der Holowürfel. Der Testraum materialisierte mit Shirley, die schon in Position stand. Da ich kein Hintergrundgeräusch eingespielt hatte und keiner, der ein E-Mikro hatte, sprach, war nichts zu hören.
    Ich hatte es unterlassen, die Probe Señor Guzman gegenüber zu erwähnen. Er erwartete seinen Sohn. Als Paco erschien, fuhr er leicht zurück. „Ay! El jardinero.“ Er sah mich um Erklärung bittend an.
    „Ihr Sohn kommt gleich. Wir mußten erst einige Probleme lösen.“
    Señor Guzman sah keineswegs so aus, als ob er verstand. „Ich verstehe.“ Aber auf seinem Gesicht blieb weiterhin ein Ausdruck von Verständnislosigkeit.
    Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Bühne und Paco zu. Ehe die Holovision aufgezeichneten Vorführungen das Element optischer Tiefe hinzufügte, war einer der Unterschiede zwischen Kino und Theater das Moment physischer Direktheit gewesen. Die Stücke wurden intensiviert durch das Gefühl, daß ein tatsächliches Ereignis sich direkt vor den Augen abspielte. Große Schauspieler besaßen außer ihren Bühnenerfahrungen noch die Fähigkeit, einen gegebenen Raum zu füllen, mal eine Bühne, mal ein ganzes Theater. Womit füllten sie es? Persönlichkeit? Aura? Oder mit etwas anderem, irgendeiner geheimen Übereinstimmung zwischen Schauspieler und Publikum, einer Übereinstimmung, die fast immer bei der Umsetzung auf eine flache Leinwand verlorenging? Was auch immer diese Fähigkeit war, Leute, die sie hatten, wurden große Stars in der Holovision. Leute, die sie nicht hatten, gingen unter. Daß Paco sie hatte, konnte ich bei seinem ersten Erscheinen auf der Bühne feststellen.
    Shirley, die offensichtlich die gleiche Beobachtung machte, beugte sich zu mir herüber und flüsterte: „Hast du das während der Aufnahme bemerkt?“
    „Ich war zu beschäftigt mit Klein-Artie, um noch viel anderes zu bemerken.“
    „Was glaubst du?“
    „Ich glaube, du hast recht. Wir können ihm bestimmt Arbeit verschaffen.“
    Diesmal stieß Herr Sternfeld statt Señor Guzman einen Ausruf aus. „Ach so, Deutsch!“
    Shirley sah mich, um Übersetzung bittend, an.
    Ich zuckte die Schultern. Ich verstand die Worte – irgend etwas wie „Ach, Deutsch“ –, hatte aber keine Ahnung, was Herr Sternfeld damit meinte.
    Arturo betrat mit seiner Unterbrechung die Szene. Die Würfelbilder verschwanden, um fast sofort wieder mit Shirley und Arturos Test aufzutauchen.
    „Ich kann nicht hinsehen.“
    „Ich auch nicht.“
    Trotz unseres Widerwillens sahen wir hin. Selbst Señor Guzman rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. Er teilte wahrscheinlich unsere Abneigung gegen die arrogante, platte, wichtigtuerische Kreatur in dem Würfel. Vibs, gute oder schlechte – Enzephalomikros entstellen nicht.
    Abrupt lehnte sich Señor Guzman vor und schaltete das Gerät aus. Langsam gingen die Lichter an. Er wandte sich in seinem Stuhl um und sah mich an, und in seinem Blick lagen Erkennen und Ärger. „Ich will nur eins sagen: Ich hatte nie ein klareres Bild von meinem Sohn.“
    Ich wäre am liebsten in meinem Sitz zusammengeschrumpft, möglichst noch darunter.
    Señor Guzman beließ es dabei und wünschte uns höflich, aber zurückhaltend eine gute Nacht. Herr Sternfeld ging mit ihm. Ich saß noch lange da und starrte auf die leere Bühne.
    „Herb.“
    „Hmm?“
    „Laß uns zu Bett gehen.“
    „Er wird es nicht tun.“
    „Wer? Selman? Er wird alles tun, was Geld bringt.“
    „Guzman. Er weiß, daß Arturo schlecht ist, sehr schlecht. Wenn er das weiß, weiß er auch, daß wir sein Geld wollen, nicht seinen Sohn.“
    „Das wußte er schon die ganze Zeit.“
    „Aber jetzt ist es offenkundig. Das bedeutet, daß Selman einen armseligen Geschäftssinn hat, einen Alles-für-ein-paar-Mark-Geschäftssinn. Ich glaube, daß wir auf der Straße sitzen, wenn wir nicht irgendwas auftun. Geh rüber und spiel das Band noch einmal.“
    „Herb …“
    „Spiel es, verdammt noch

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