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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Nachspülen, eine angemessene Kombination. Obwohl ich schon zwei Rachenputzer genommen hatte, bevor ich herkam, konnte ich doch ein Dutzend oder so ohne zu starken Übelkeitseffekt trinken. Bis morgen.
    „Bißchen früh am Tag für so was, nicht wahr?“ Der Mann neben mir gluckste heiser. „Soll keine Kritik sein.“ Er trank langsam und bedächtig einen doppelten Bourbon oder Scotch, treffend.
    „Staubig“, sagte ich. Der Mann war etwas ordentlicher gekleidet als ich. Er sah zu alt aus, um ein Arbeiter zu sein, ein Schopf weißen Haares mit einer gelblichen Tönung. Aber er hatte den tiefen Teint und das ständige Blinzeln von einem, der Jahrzehnte in der Floridasonne verbracht hat. Ich stürzte das Glas mit Rum hinunter und nippte am Bier. „Kommen Sie oft hierher?“
    „Recht oft“, sagte er. „Wenn mein Scheck reinkommt, schiebe ich ein paar Dollar auf ein Nummernkonto. Ansonsten …“ Er zuckte die Achseln. „Billiger Whiskey und schöne Frauen. Zum Anschauen.“
    „Wie viele von denen, meinen Sie, sind Frauen?“
    „Bloß anschauen, wen kümmert’s?“ Er blinzelte ein weiteres Mal, betrachtete mich. „Könnte ich Ihre Handflächen sehen?“
    Oh Junge, dachte ich, ein Wahrsager. Könnte eine Story werden, wenn er tatsächlich daran glaubt. Ich streckte meine Hände aus.
    Er warf mir einen flüchtigen Blick zu und starrte mein Gesicht an. „Klar, ich kann es in Ihren Augen lesen“, sagte er mild. „Sie sind kein Alkoholiker. Sie sind auch nicht so alt, wie Sie aussehen. Cop?“
    „Nein. Bin eigentlich Lehrer.“ Was der Wahrheit entsprach. „Nur dann und wann mache ich einen drauf.“
    Er nickte langsam. „Bin eigentlich auch Lehrer. Bis ’83. Dann lenkte ich zwanzig Jahre lang Schwammboote.“ Als er sein Glas hochhob, zeigte seine Hand das regelmäßige langsame Zittern eines chronischen Trinkers. „War eine gute Arbeit.“
    Ich langte in meine Tasche und schaltete das Aufnahmegerät ein. „Was hat Sie mit dem Lehren aufhören lassen? Das Saufen?“
    „Nein. Wer trank in den Achtzigern schon?“ Ich tat es nicht, aber ich war auch noch nicht alt genug. „Es ist eine interessante Sorte von Lebensbericht. Sie wollen eine Story hören?“
    „Sicher.“ Ich machte dem Barmixer das Zeichen für zwei Drinks.
    „Nun, Sie brauchen mir nichts zu kaufen. Sie werden die Story sowieso nicht glauben.“
    „Versuchen Sie’s.“
    „Sind Sie ein Sozialarbeiter? Ein Geheimsozialarbeiter?“
    „Gibt es so etwas?“
    „Könnte sein. Ich weiß – Sie sind ein Schriftsteller.“
    „Wenn ich Arbeit bekomme, ja. Woran haben Sie das erkannt?“
    „Sie haben zwei Kugelschreiber in Ihrer Tasche, und Sie wollen eine Story hören.“ Er lächelte. „Eine Story stehlen, vielleicht. Aber Sie werden sie niemals veröffentlicht bekommen. Sie ist zu phantastisch.“
    „Aber wahr.“
    „Sie ist wahr, na schön. Ich danke Ihnen vielmals.“ Er berührte seinen neuen Drink, um zu sehen, ob er Wirklichkeit war, leerte dann den alten auf einen Zug und seufzte.
    „Mein Name ist Bill Caddis – Doktor William Caddis, wie es so schön heißt.“
    „Doktor der Medizin?“
    „Ich nehme einen Unterton des Tadels wahr. Und wenn es keine Beutelschneider mehr gäbe – nun … nein, ich war ein Akademiker, neu bekleidet im Staate Florida. Fachbereich Geschichte. Moderne amerikanische Geschichte.“
    „Wohl schwer, dann einen Job zu bekommen, wie’s jetzt steht?“
    „Es geht. Ich war eine echte Kanone.“
    „Aber Sie wurden ’83 gefeuert.“
    „Das ist richtig. Und es ist nicht leicht, einen beamteten Professor zu feuern.“
    „Und warum – mit den kleinen Mädchen rumgemacht?“
    Das war das einzige Mal, daß er an diesem Tag lachte, eine Art Meckern. „Studenten sind zum Rummachen da. Nein, ich wurde auf Grund geistiger Instabilität entlassen; mit Hilfe meiner Frau, meiner damaligen Frau, hätten sie mich beinahe in eine Anstalt eingewiesen.“
    „Ganz schön.“
    „Ja.“ Er starrte in seinen Drink und ließ die Flüssigkeit kreisen. „Ich weiß niemals, wie ich beginnen soll. Ich habe es Dutzenden von Leuten erzählt, und sie alle denken, ich bin verrückt, bevor ich noch halbwegs fertig bin. Sie werden ebenfalls denken, ich sei verrückt.“
    „Fangen Sie erst einmal an. Wie Sie sagen, bin ich ein Schriftsteller. Ich kann an sechs Unmöglichkeiten gleichzeitig glauben, noch vor meinem ersten Drink am Morgen.“
    „Na schön. Ich bin nicht von … hier.“
    Ein Verrückter, dachte ich; da geht

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