Kopernikus 6
Audubon-Gesellschaft vorgeführt bekommen.
In diesem Jahr wollte ich etwas machen, was genauso schick, aber weniger anstrengend war. Vielleicht eine Bevölkerungsstudie über den Bermuda-Kahau oder über den neuseeländischen Takahe. Ein runder Monat in der warmen (nicht heißen) Sonne würde mir ungeheuer guttun. Gar nicht zu reden von dem Nutzen für die Wissenschaft.
Ich blätterte müßig in Greenways Ausgestorbene und aussterbende Vögel der Welt. Der Bus kurvte durch die Nobelvororte von Austin; ab und zu hielt er an, um Chicanas, schwarze und vietnamesische Frauen aussteigen zu lassen, die die Gärten und Küchen der Reichen versorgten.
„Von diesen häßlichen Hühnern habe ich schon lange keine mehr gesehen“, sagte eine Stimme neben mir.
Eine grauhaarige Dame lehnte sich über den Gang zu mir herüber.
Ich sah sie an und drehte mich dann um. Vielleicht war sie mit der Einkaufstasche unterwegs. Vielleicht unterhielt sie sich mit jemandem. Ich sah ihr ins Gesicht. Kein Zweifel, sie sprach mit mir. Sie wartete auf eine Antwort.
„Als Kind habe ich in der Nähe von Leuten gewohnt, die sie züchteten.“ Sie deutete mit ihrem Finger.
Ich blickte hinunter auf die Seite, die ich gerade aufgeschlagen hatte.
Was ich hätte sagen sollen, war dies: Das ist ganz unmöglich, Madam. Dies ist eine Zeichnung von einem ausgestorbenen Vogel auf der Insel Mauritius. Vielleicht ist es der berühmteste ausgestorbene Vogel der Welt. Womöglich verwechseln Sie diese Zeichnung mit der eines seltenen asiatischen Truthahns, Pfaus oder Fasans. Es tut mir leid, aber Sie irren sich wirklich.
All das hätte ich sagen sollen.
Was sie sagte, war: „Ups, hier muß ich aussteigen.“ Und sie stand auf.
Mein Name ist Paul Lindberl. Ich bin sechsundzwanzig Jahre alt, Doktorand in Ornithologie an der Universität von Texas, wo ich auch Wissenschaftlicher Assistent bin. Mein Name ist auf meinem Gebiet nicht ganz unbekannt. Ich habe eine Reihe von Lastern und Spleens, aber ich glaube, Torheit ist nicht darunter.
Das Dümmste, was ich hätte tun können, wäre gewesen, ihr zu folgen.
Sie stieg aus.
Ich folgte ihr.
Ich stürmte in das Büro der Abteilung, einen Wirbelwind von durcheinandergeworfenen Papieren hinter mir herziehend. „Martha! Martha!“ brüllte ich.
Sie machte sich gerade am Materialschrank zu schaffen.
„Meine Güte, Paul! Was willst du?“
„Wo ist Courtney?“
„Auf der Konferenz in Houston. Das weißt du doch. Du hast dein Seminar versäumt. Was willst du denn?“
„Kleingeld. Rück welches raus.“
„Zahltag war erst letzte Woche. Wenn du nicht …“
„Es geht um’s Geschäft! Es geht um Ruhm, um Abenteuer, um die Chance meines Lebens! Mit dem Schiff ist es wohl zu weit, ich brauche … ein Flugticket. Entweder nach Jackson, Mississippi, oder nach Memphis. Sagen wir Jackson, das ist näher. Die Quittungen besorge ich dir! Ich werde berühmt sein! Courtney wird berühmt sein! Sogar du wirst berühmt sein! Diese Universität wird noch mehr Geld verdienen! Ich geb’s dir zurück. Gib mir einen Zettel. Ich muß eine Nachricht für Courtney schreiben. Wann geht das nächste Flugzeug? Könntest du Chuck und Marie dazu bringen, daß sie Dienstag und Mittwoch meine Seminare übernehmen? Ich versuche, bis Donnerstag zurück zu sein, wenn nichts dazwischenkommt. Courtney kommt morgen, oder? Ich rufe ihn an, aus … na, von wo auch immer. Hast du Kaffee da?“
Und so weiter und so fort. Martha sah mich an, als ob ich verrückt wäre. Aber sie füllte immerhin das Anforderungsformular aus.
„Was erzähle ich denn Kernejian, wenn ich ihm das hier zur Unterschrift vorlege?“
„Martha, Baby, Schätzchen. Sag ihm, ich bringe ihn mit Bild im Scientific American.“
„Den
Weitere Kostenlose Bücher