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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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liest er nicht.“
    „Dann in Na­ture.“
    „Ich will se­hen, was sich ma­chen läßt“, sag­te sie.
    Die Da­me, der ich aus dem Bus ge­folgt war, hieß Jo­lyn Jim­son, geb. Smith. Die Ge­schich­te, die sie mir er­zähl­te, war so irr­wit­zig, daß sie ein­fach wahr sein muß­te. Sie wuß­te Din­ge, die nur ein Fach­mann oder je­mand mit ei­ge­ner Er­fah­rung wis­sen konn­te. Sie gab mir Na­men, Adres­sen und Er­klä­run­gen, au­ßer­dem ver­schie­de­ne De­tai­l­in­for­ma­tio­nen. Und ei­ne Jah­res­zahl: 1927.
    Und einen Ort: Nor­thern Miss­is­sip­pi.
    Ich gab ihr mein Green­way-Buch und ver­sprach ihr, sie an­zu­ru­fen, so­bald ich wie­der in der Stadt wä­re. An der Ecke, nicht weit von dem Haus der Da­me, für die sie zwei­mal in der Wo­che putz­te, ließ ich sie ste­hen. Jo­lyn Jim­son war um die sech­zig.
    Den Do­do müs­sen Sie sich vor­stel­len wie ein ge­fie­der­tes See­hund­ba­by. Ich weiß, daß ihn das auch nicht an­nä­hernd be­schreibt, aber es spart Zeit.
    1507 ent­deck­ten die Por­tu­gie­sen auf dem Weg nach In­di­en die (da­mals noch na­men­lo­se) In­sel­grup­pe der Mas­ka­re­nen – drei In­seln, die ein paar hun­dert Mei­len aus­ein­an­der­la­gen, öst­lich von Ma­da­gas­kar.
    Erst 1598, als der al­te hol­län­di­sche Ka­pi­tän Cor­ne­li­us van Neck auf sie stieß, be­ka­men die In­seln ih­re Na­men – Na­men, die sich im Lau­fe der Jahr­hun­der­te ein paar­mal än­der­ten; Hol­län­der, Fran­zo­sen und Eng­län­der ga­ben ih­nen un­ge­fähr in je­dem Krieg einen neu­en. Heu­te ken­nen wir sie als Ro­d­ri­guez, Réu­ni­on und Mau­ri­ti­us.
    Be­son­ders cha­rak­te­ris­tisch für die­se In­seln wa­ren große, flug­un­fä­hi­ge, dum­me, häß­li­che, übel­schme­cken­de Vö­gel. Van Neck und sei­ne Män­ner nann­ten sie dod-ar­sen, „Blö­där­sche“, oder do­dars, „Dumm­vö­gel“.
    Es gab drei Ar­ten: den Do­do von Mau­ri­ti­us, das ech­te, grau­brau­ne, krumm­schnäb­li­ge, tol­pat­schi­ge Ding, das zwan­zig Ki­lo und mehr wie­gen konn­te, den wei­ßen, et­was schlan­ke­ren Do­do von Réu­ni­on und die Ein­ze­le­xem­pla­re von Réu­ni­on und Ro­d­ri­guez, die aus­sa­hen wie sehr fet­te, sehr dum­me, hell­ge­tön­te Gän­se.
    Al­le Do­dos hat­ten di­cke Bei­ne, einen großen, un­ter­setz­ten Rumpf, zwei­mal so groß wie ein Trut­hahn, ein nack­tes Ge­sicht und einen großen, lan­gen, ab­wärts ge­bo­ge­nen Schna­bel, der in ei­nem Ha­ken en­de­te, der aus­sah wie ein hoh­les Lin­ole­um­mes­ser. Ih­re Flug­fä­hig­keit hat­ten sie schon vor lan­ger Zeit ver­lo­ren, und ih­re Flü­gel wa­ren zu hand­großen Stum­meln mit nur drei oder vier Fe­dern dar­an de­ge­ne­riert. Ihr Schwanz war ge­lockt und bu­schig wie der ver­spä­te­te Ein­fall ei­nes Kin­des beim De­ko­rie­ren. Sie hat­ten ab­so­lut kei­ne na­tür­li­chen Fein­de. Ih­re Nes­ter bau­ten sie un­ge­schützt am Bo­den. Wahr­schein­lich brü­te­ten sie ih­re Ei­er dort aus, wo sie sie ge­ra­de zu­fäl­lig hin­leg­ten.
    Kei­ne na­tür­li­chen Fein­de, bis van Neck und sei­nes­glei­chen auf­tauch­ten. Die hol­län­di­schen, por­tu­gie­si­schen und fran­zö­si­schen See­leu­te, die bei den Mas­ka­re­nen vor An­ker gin­gen, um ih­re Vor­rä­te auf­zu­fül­len, fan­den bald her­aus, daß Do­dos nicht nur dumm aus­sa­hen. Sie wa­ren dumm. Die Män­ner konn­ten ge­ra­de­wegs auf die Do­dos zu­ge­hen und ih­nen einen Knüp­pel über den Schä­del hau­en. Und was noch bes­ser war, man konn­te die Do­dos um­her­trei­ben wie die Scha­fe. Die Log­bü­cher der Schif­fe sind voll von Ein­tra­gun­gen wie: „Zehn Mann an Land. Trie­ben ein hal­b­es Hun­dert der großen, trut­hahn­ähn­li­chen Vö­gel in ihr Boot. Zum Schiff ge­bracht, wo sie auf dem Deck her­um­ge­hetzt wer­den. Mit drei­en von ih­nen kann man 150 Mann satt ma­chen.“
    Den­noch schmeck­te das meis­te vom Do­do, bis auf die Brust, nicht gut. Ei­ne der hol­län­di­schen Be­zeich­nun­gen für die Tie­re war walgh­vo­gel, „ekel­haf­ter Vo­gel“. Aber auf ei­nem Schiff, das drei Mo­na­te auf See war, auf dem Rück­weg von Goa nach Lissa­bon, konn­te man sich kaum aus­su­chen, was

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