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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Kin­der am al­ler­we­nigs­ten. Es sind be­stimmt Ge­sich­ter von Geis­tern, war­ne ich ihn. Geis­ter, die ger­ne Gwi wer­den möch­ten.
    Wir hö­ren der Stim­me zu, die Dok­tor Ste­fan­ko den Mo­ni­tor nennt. Es ist ein ein­schlä­fern­der Sings­ang. Ei­ne Frau­en­stim­me, wie ich glau­be. „U und Kua­ra, die letz­ten Neu­zu­gän­ge in Car­ni­val, An­ge­hö­ri­ge der letz­ten Stam­mes­grup­pe der Gwi, wer­den sich in un­se­ren erst­klas­si­gen Ein­rich­tun­gen bald ein­ge­wöh­nen“, sagt die Stim­me. Sie be­glei­tet uns, wenn wir Wur­zeln und Holz sam­meln ge­hen.
    Ein Le­gu­an steckt sei­nen Kopf aus dem Stein­wall und lauscht. Ge­räusch­los le­ge ich mei­ne Holz­last hin. Dann be­wegt sich mei­ne Hand ganz lang­sam. So lang­sam, daß es fast kei­ne Be­we­gung mehr ist. Ich grei­fe zu. Ge­fan­gen! Kua­ra ju­belt und klatscht in die Hän­de. „Be­ach­ten Sie die Haut­fal­ten auf Wan­gen und Ober­schen­keln“, sagt die Stim­me. „Eben­sol­che be­fin­den sich auf dem Hin­ter­teil, je­doch wird U wie je­de Gwi mit Selbst­ach­tung ih­ren Ka­ross nicht in Ge­gen­wart an­de­rer ab­le­gen, es sei denn beim Elen­tanz.“ Ich tra­ge den zap­peln­den Le­gu­an zur Hüt­te. „Wenn sie sich ent­klei­de­te, wür­den Ih­nen die mäch­ti­gen Fett­abla­ge­run­gen am Steiß auf­fal­len. Die­se ana­to­mi­sche Be­son­der­heit, ein Phä­no­men na­mens Stea­to­py­gie, kommt nur bei Buschmän­nern oder viel­mehr Busch­frau­en vor und dient zur Nah­rungs­spei­che­rung. Frü­her glaub­te man …“
    Nach­dem ich dem Le­gu­an das Ge­nick ge­bro­chen ha­be, zie­he ich den Ka­ross aus Echt-Oryx aus und bin­de ihn mit Gui-Fa­sern vor mei­ne Hüt­te. Er gibt ei­ne pri­ma Tür ab. Ich ha­be noch nie ei­ne Tür ge­habt. Tu­ka und ich ha­ben im Frei­en ge­schla­fen und das Ts­hus­hi als La­ger­raum be­nutzt. Kua­ra wird ei­ne Tür ha­ben. Ei­ne Tür zwi­schen ihm und den Zu­schau­ern.
    Er wird auch Feu­er ha­ben. Ein Feu­er, das Wär­me und Nah­rung gibt und an dem U singt. Ich samm­le Stö­cke von Ka­ne und Ore und schnei­de sie männ­lich und weib­lich zu­recht, dann neh­me ich Gal­li­gras als Zun­der. Wie Tu­ka es im­mer ge­macht hat. „Die Kenn­zei­chen der Gwi sind ein nied­ri­ger, fla­cher Schä­del, sehr klei­ne Brust­war­zen, ge­wölb­te oder senk­rech­te Stirn, bü­sche­li­ges, so­ge­nann­tes Pfef­fer­korn-Haar, ein kaum vor­sprin­gen­der Un­ter­kie­fer …“ Ich dre­he die Stö­cke zwi­schen den Hand­flä­chen. Es scheint ewig zu dau­ern. Mir schmer­zen die Ar­me. Ich will schon auf­ge­ben, da raucht es auf ein­mal. Kua­ra hüpft schnat­ternd im La­ger um­her. Ich schaue auf das Feu­er und lächle vor Freu­de. Aber es ist Furcht in der Freu­de. Ich wer­de Feu­er zum Wär­men und Feu­er zum Ko­chen ma­chen, be­schlie­ße ich, wäh­rend ich den Rauch zur Flam­me ent­fa­che. Kein Fest­feu­er. Nicht oh­ne Tu­ka.
    Ich rös­te den Le­gu­an mit Eru-Bee­ren und Ts­ha-Gur­ken, die hier reich­lich vor­zu­kom­men schei­nen. Aber ich bin nicht Tu­ka, der mit Feu­er und La­chen schnell bei der Hand war; das Feu­er­ma­chen hat zu lan­ge ge­dau­ert. Als die Ech­se erst halb gar ist, schnappt Kua­ra sie und reißt sie aus­ein­an­der, in­dem er sie wie hei­ßen Teig von ei­ner Hand in die an­de­re wirft. „Kua­ra!“ schel­te ich und tue, als ob ich är­ger­lich wä­re. Er ki­chert und hebt die Ech­se mit bau­meln­den Ein­ge­wei­den an den Mund, um da­von zu es­sen. Ich lächle weh­mü­tig. Kua­ras la­chen­de Au­gen und Strau­ßen­bei­ne – ge­nau wie Tu­ka!
    „Die Gwi sin­gen kei­ne Schlacht­ge­sän­ge oder Hel­den­lie­der“, lei­ert die Stim­me. „In ih­rer Ge­schich­te kom­men kei­ne Krie­ge vor. Doch be­sie­gel­te iro­ni­scher­wei­se der süd­afri­ka­ni­sche Krieg im letz­ten Jahr­hun­dert, an dem die Gwi un­be­tei­ligt wa­ren, ih­ren Un­ter­gang. Zwar sind klei­ne­re Strei­tig­kei­ten durch­aus an der Ta­ges­ord­nung – selbst in ei­ner Ge­sell­schaft, die Ge­walt ab­lehnt, zan­ken sich Ehe­leu­te –, aber Kämp­fen wird als et­was Eh­ren­rüh­ri­ges be­trach­tet. Wer kämpft, dem ist es miß­lun­gen …“ Als ich auf­schaue, sind an den Fens­tern

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