Kopernikus 6
auf der Seite, gerade als die Explosion einsetzte. Ein brillianter Flammenschein breitete sich über den Krater aus, verschmolz mit ihm und verdrehte den Schweif der inneren Sprengladungen. Vier Kanister wurden aus ihrer Bahn geschleudert und wirbelten in den Weltraum hinaus. Die übrigen sechs trafen am vorausbestimmten Punkt zusammen und wurden von den Schwingungsknoten des Beckmann-Antriebs erfaßt. Ihre Materie wurde in reine Energie verwandelt.
Das Ganze stürzte von einer Seite teilweise gegen den Kraterboden und beschleunigte den Asteroiden etwas.
Als das Rütteln abnahm, ließ Turco die Brechstange los und befragte die Computer. Sie erhielt keine Antworten. Alle außer den unbedingt lebensnotwendigen Einrichtungen waren außer Betrieb. Sie dachte kurz daran, zu ihrem Fährboot zurückzukehren, sofern es noch immer an seinem Platz war, aber es gab keinen Ort, wohin sie sich wenden konnte. Aus diesem Grunde begab sie sich kriechend und schwebend zu einem breiten Aussichtsfenster im Speisesaal der Blase. Die Erde ging wieder über dem Vlasseg-Pol auf, füllte die halbe Sicht aus, Sturmwirbel und Streifen brauner Kontinente drehten sich langsam vor ihr. Sie fragte sich, ob es gereicht hatte. Sie hatte ein schlechtes Gefühl gehabt. Es gab eine Methode, wie sie sich Gewißheit verschaffen konnte, aber die Erde sah viel zu nah aus.
„Meiner Meinung nach ist Psyche zu nahe“, meinte der Präsident und stand absichtlich mit dem Rücken zu Kollert. „Sie wird über Grönland hinwegziehen, hoffentlich nur die Ausläufer der Atmosphäre streifen, vielleicht Teile von sich verlieren.“
Die Offiziere der Antiterrortruppe packten die Koffer und flüsterten dabei miteinander. Drei der Leibwächter des Präsidenten schauten mit glasigen Augen auf den Schirm. Dieser war leer, vom sekundenlangen Aufblitzen vor dem Erscheinen eines Bildes abgesehen. Gestina schlief mit friedlichem Gesicht im Stuhl neben Kollert, die Hände hatte sie im Schoß verschränkt.
„In ein paar Minuten treffen über eine Relaisstaion Bilder aus Grönland ein“, sagte der Präsident. „Das wird ein Anblick.“ Kollert runzelte die Stirn. Der Mann wirkte beinahe gelöst, denn er wußte, daß ihm nichts passieren würde. Selbst wenn das Überleben ungewiß war, würde seine Regierung Erklärungen vorbereiten. Kollert konnte die Geschichte voraussagen: Eine Bande von lose mit Giani Turcos Vater und seinen rabiaten Weltraumfahrern verbündeten Terroristen war für alles verantwortlich. Das würde auf dem Mond einige Monate lang böses Blut machen, aber der Nexus hätte zumindest seine Sündenböcke.
Ein Kommunikator im Raum fing zu pfeifen an, und Kollert blickte sich nach der Quelle um. Einer der Sicherheitsbeamten griff in die Tasche und holte einen kleinen Pfropfen heraus, den er sich ins Ohr steckte. Er hörte ein paar Sekunden lang zu, runzelte die Stirn und nickte dann. Die anderen zwei scharten sich eng um ihn und flüsterten miteinander.
Dann verließen sie ruhig den Raum. Der Präsident bemerkte nicht, daß sie weg waren, aber für Kollert sprach ihre Abwesenheit Bände.
Eine Minute später kamen sechs Nexus-Polizisten herein. Einer stellte sich neben Kollerts Sessel, ohne ihn anzusehen. Vier warteten bei der Tür. Ein anderer näherte sich dem Präsidenten und berührte ihn an der Schulter. Der Präsident wandte sich um.
„Sir, vierzehn Pulte haben verlangt, daß Sie unter Anklage gestellt werden. Wir haben Anweisung, Sie in Schutzhaft zu nehmen.“
Kollert wollte sich erheben, aber der Offizier neben ihm legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Dürfen wir bleiben, um zuzusehen?“
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