Kopernikus 6
nicht, sie waren da, unbeweglich, als wären sie herbestellt worden. Stumm standen sie mit selbstsicheren Körpern da.
Als Jim Brennan, der zweite Rekrutierungsoffizier, den ersten der Mohawks vor sich stehen sah, wußte er, daß es Schwierigkeiten geben würde.
Im Büro standen Ordner auf einem grellgelben Plastikregal, Ordner mit Memo-Cassetten, auf denen Tausende von Gehaltsabrechnungen verzeichnet waren. Brennan trank aus seinem Kaffeebecher, den er aus dem Kaffeebereiter gezogen hatte, und sah zu dem Mohawk hoch:
„Was wollt ihr?“
Der Mohawk, ein Mann um die Vierzig, einer von den rundgesichtigen, mongolisch aussehenden Typen, sah ihn ausdruckslos an und murmelte, ohne die Lippen übermäßig zu bewegen:
„Wir wollen nach oben, wollen auf den Stationen arbeiten. Wir sind die besten Arbeiter am Himmel. Der Himmel ist unser aller Himmel. Seine Balken werden die Mohawks gut tragen. Wir haben es erfahren.“
Sein Englisch war stockend, er sprach, als übersetze er aus der Sprache seiner Vorfahren, mühsam den leeren Bedeutungen ihm fremder Wörter nachsinnend. Der Himmel war in seinem Kopf fest verankert.
Brennan erinnerte sich, von Berichten der Bundesanstalt gehört zu haben, in denen die Indianer als hervorragend geeignet für den Stahlhochbau erwähnt wurden. Man hatte ihre Schwindelfreiheit lobend erwähnt, ebenso wie ihre gut aufeinander eingespielten Arbeitskollektive. Darüber hinaus hatten sie sich auch als genügsam, das heißt, mäßig interessiert an Fragen ihres Lohnes, gezeigt, … aber, das alte Aber des weißen Amerikaners, der es nie verstanden hatte, die Indianer zu verstehen, aber, kam es Brennan in den Sinn, unzuverlässig, wenn es darum ging, Verträge termingerecht zu erfüllen und einzuhalten.
Ein nächtlicher Traum eines Häuptlings – und schon war ein Arbeitskollektiv über Nacht verschwunden. Unterwegs auf den Highways zu einer anderen Baustelle. Überzeugt davon, gebraucht zu werden.
Das Geld war denen doch kein wichtiger Antrieb. Nur wenn die Arbeit Spaß machte, wenn sie gefährlich war, wenn sie hinterher damit prahlen konnten, dann arbeiteten sie wie Besessene.
„Und wenn es euch oben nicht gefällt“, fragte Brennan. „Wohin – … wohin wollt ihr dann abhauen? – Da oben?“
Der Mohawk sah ihn starr an.
„Es gefällt uns überall da oben, sonst würden wir nicht hinfahren. Die Stationen sind wie die Moskitos über dem Feuer. Ihr habt uns die Erde, unsere Mutter, gestohlen und verunreinigt“ (er spuckte auf den Boden). „Grenzen sind eure Erfindung. Wir haben Brücken gebaut, um Ströme zu überqueren, wir stoßen in den Himmel vor, weil ihr uns die Erde zu eng gemacht habt. Wir werden die Himmel überbrücken, wie wir die Ströme überbrückt haben. Langsam geht die Schildkröte zum Wasser, das überall fließt. Ihr habt immer noch nicht gelernt, mit euren toten Händen umzugehen. Sie schlagen euch selbst ins Angesicht. In euren Händen stirbt eure Vergangenheit, erblindet die Zukunft. Gebt uns eure toten Hände, damit sie den Menschen endlich wieder Ruhm und Freude bringen.“
Nach dieser Rede, von der Brennan nur Bruchteile verstand und die ihn verwirrte, drehte der Mohawk sich um und verließ das Büro. Draußen schlossen sich einige Männer und Frauen ihm an, die ihn begleitet hatten. Eine junge Frau mit kurzen Haaren streckte Brennan frech die Zunge heraus.
Brennan fuhr sich über die Stirn. Er ging an seinen Schreibtisch zurück und trank aus seinem lauwarmen Kaffeebecher. Er wußte, der Mohawk würde wiederkommen. Sie, diese Indianer kannten kein Recht auf Eigentum und Besitz. Ihnen gehörte alles. Das Land, der Himmel, die Sterne und die Maschinen des weißen
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