Kopernikus 6
junges Mädchen kaufte sich am Zeitungsstand gerade eine Zeitschrift und stieg dann in einen Wagen, hinter dessen Steuer ein Mann gewartet hatte. Die beiden fuhren gleich davon.
Um einen Brunnen herum saß eine Gruppe von Jugendlichen in ausgelassener Stimmung. Weitere junge Leute auf Mopeds und Motorrädern stießen dazu. Eine ältere Dame führte ihr Hündchen an den romantischen Fassaden der Häuserzellen gegenüber entlang.
Dann quietschte eine altertümliche Straßenbahn um die Ecke und hielt genau vor dem Kino. Die Fahrgäste, die ausgestiegen waren, verschwanden in den Seitenstraßen.
Zwischen den mächtigen Kastanienbäumen tollten Kinder umher, deren Eltern ihnen offensichtlich trotz vorgerückter Abendstunde noch Ausgang gewährten.
Ein Liebespaar überquerte langsam den Platz und kam dicht an Franks Wagen vorüber. Die beiden bemerkten ihn gar nicht und gingen eng umschlungen weiter.
Jenseits des Platzes lagen Menschen in den Fenstern der Häuser und sahen dem abendlichen Treiben zu. In den Glaszylindern verschnörkelter Gaslaternen flammten die Lichter auf.
Frank hatte auf einmal das Bedürfnis, auszusteigen und sich unter die Leute zu mischen; zur Trinkhalle hinüberzugehen und mit den Pennern ein Bier zu trinken.
Er öffnete den Wagenschlag – und stand auf dem Marktplatz.
Zuerst kam ihm gar nicht das Unwirkliche dieser Situation zu Bewußtsein. Er machte ein paar Schritte auf die Trinkbude zu – dann erschrak er.
Er stand hier in einer Miniaturwelt zwischen winzigen Robotern. Und er war nicht größer als diese.
In der Ferne entdeckte er den riesigen schwarzen Schatten eines der Besucherwege auf Stelzen. Voller Panik stürzte er zu seinem Wagen zurück, startete den sofort und versuchte, zu dem Ausgangspunkt seiner Fahrt zurückzufinden, was ihm jedoch in seiner Aufregung nicht gelang.
Nachdem die eine Stunde Fahrtzeit schließlich nahezu abgelaufen war, rollte das Fahrzeug selbständig, ohne daß Frank regulierend hätte eingreifen können, dorthin zurück, von wo aus es gestartet war, einem riesigen Parkhaus inmitten einer Großstadt. Dort hielt es an.
Frank stieg aus und fand sich in der ausgedehnten Halle mit den Simulationsfahrzeugen wieder. Ein Familienvater mit drei Kindern wartete bereits darauf, seinen Wagen besteigen zu dürfen.
Zuerst zündete Frank sich eine Zigarette an und machte benommen ein paar Züge. Hinter den Scheiben der Simulationsfahrzeuge sah er die Gesichter der Menschen, die staunend nach draußen blickten.
Einige Minuten später steuerte er auf den Informationsstand zu. Die Dame in Grün lächelte ihm freundlich entgegen.
„Hatten Sie eine angenehme Fahrt?“
„Was geschieht eigentlich, wenn man unterwegs aussteigt?“ fragte er ziemlich heftig dagegen. „Sie können selbstverständlich jederzeit aussteigen!“
Die Dame musterte ihn erstaunt.
„Ihre Fahrtzeit läuft allerdings weiter. Hatten Sie irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Türmechanismus?“
Frank schüttelte den Kopf.
„Ich möchte wissen, wo man sich befindet, wenn man während der Fahrt aussteigt.“
Jetzt lächelte die Dame sehr spöttisch.
„Sie steigen natürlich in der Simulationshalle aus.“
Sie kicherte belustigt.
„Soweit sind wir bisher mit unserer Wundertechnik noch nicht, daß wir Sie in unsere Miniwelt verpflanzen könnten.“
Frank sah sie verwirrt an.
„Ich …“ setzte er an; doch er brach ab und verließ eilig das Gebäude.
Ein paar Tage später löste er erneut eine Karte für eines der selbst zu steuernden Fahrzeuge. Das Wetter war regnerisch, und er hatte das Gefühl, das es schwierig sei, den Wagen
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