Kopernikus 6
ich! Ich hab keinen verpfiffen! Nicht mal, als die Säue mich haben hängen lassen.“
Frank zündete sich erneut eine Zigarette an. Er rauchte nicht aus Nervosität, sondern weil er es genoß, es sich zum ersten Mal wieder richtig leisten zu können.
Leo beobachtete ihn aufmerksam.
„Du hast von denen noch was zu kriegen?!“
„Klar!“ Frank inhalierte den Rauch tief. „Dreißig Mille mindestens.“
„Wann holst du dir’s?“
„Im Augenblick weiß ich noch nicht, wie ich drankommen kann. Der eine ist ja nicht mehr. Und der andere sitzt jetzt wegen ’ner Sache, die später gelaufen ist. Fünf Jahre hat er, glaube ich, noch.“
„Schöne Scheiße, was?!“
Leo brachte es fertig, richtig teilnahmsvoll auszusehen. Frank überging seinen Kommentar.
Das Mädchen, das Jo hieß, trat ins Zimmer. Sie trug noch immer den Morgenmantel, war jetzt aber frisch geschminkt und hatte ihr Haar frisiert. Sie brachte eine Flasche Whisky und drei Gläser mit.
„Du hast recht, Baby!“ stimmte Leo zu, „laß uns Frank helfen, seinen Schicksalsschlag zu verdauen!“
„Steigt er bei uns ein?“ fragte Jo.
„Ich hab mich noch nicht erkundigt. Aber so wie es aussieht, bleibt ihm wohl gar keine andere Wahl.“
Leo schenkte in jedes Glas zwei Finger breit Whisky ein.
„Ja, mein Junge, wir bieten dir die Chance deines Lebens. Dein Name ist immer noch gut, das weiß ich bereits. Deine Talente sollen nicht ungenutzt verkümmern.“
Damit hob er sein Glas und prostete den beiden anderen zu.
Zwei Stunden später war Frank in den vollständigen Plan eingeweiht. Der klang wirklich sehr vielversprechend. Und es sollte eine glatte Million dabei herausspringen, die durch fünf zu teilen war.
Der Form halber bat er sich Bedenkzeit aus. Im Grunde war er längst dazu entschlossen, sich an der Sache zu beteiligen. Und er hatte auch durchaus die Absicht, ein ehrliches Spiel zu spielen – wie man es in seinen Kreisen von ihm gewohnt war.
Zu diesem Zeitpunkt allerdings ahnte er noch nicht, daß ihm noch am selben Tag eine Möglichkeit vor Augen geführt werden würde, die sehr schnell seine lauteren Absichten in Frage stellte.
Leo hatte ihm einen Wagen besorgt, mit dem er sich am späten Nachmittag im Feierabendverkehr aus der Stadt heraustreiben ließ. Vieles hatte sich verändert und war neu für ihn. Langweilige Hochhaussiedlungen waren in den Außenbezirken emporgewachsen, in die deren Bewohner jetzt zum Schlafen zurückkehrten.
Als der Verkehr dünner wurde, beschleunigte Frank den Wagen. Erst jetzt überkam ihn eigentlich so richtig das Gefühl, wieder in Freiheit zu sein.
Er hatte inzwischen mehrere Dörfer und kleine Städte durchfahren, und immer wieder waren ihm große Reklametafeln aufgefallen mit der Aufschrift:
„Besuchen Sie PLAYLAND – Dr. Biegers Miniwelt!“
Die grellbunten Tafeln waren ziemlich störend in die sie umgebende Natur gepflanzt. Die zwölf Jahre hinter Zuchthausmauern hatten ihn, Frank Melrose, zum Träumer werden lassen. Er, der bedenkenlos einen Menschen niedergeknallt hatte, träumte von einer heilen Welt, von einem Häuschen am Wald, allein und unbehelligt. Die bunten Schilder forderten ihn heraus, störten ihn, weil sie so aufdringlich an die Bäume genagelt waren, die zu dem Wald gehörten, der dem Flußufer folgte, an dem er gerade entlangfuhr.
Aber unbewußt ließ er sich von ihnen beeinflussen und folgte ihren Wegweisern, die ihn schließlich auf den Parkplatz vor jenem PLAYLAND einbiegen ließen.
Von einer riesigen Schilderbrücke strahlte eine monumentale Leuchtreklame in die hereinbrechende Dämmerung:
„PLAYLAND – MINIWELT“
Und darunter in kleineren Buchstaben:
„24 Stunden geöffnet.“
Frank steuerte zwischen den geparkten
Weitere Kostenlose Bücher