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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Fens­tern des Hau­ses, das die Of­fi­zie­re, die er be­glei­te­te, kon­fis­ziert hat­ten, und wan­der­ten, oh­ne ihn ei­gent­lich zu se­hen, zum Jeep, der drau­ßen an der Stra­ße park­te. Die Ru­he war trü­ge­risch.
    Die Frau saß völ­lig still in ei­nem kunst­voll ge­ar­bei­te­ten Ses­sel und be­trach­te­te sei­nen Hin­ter­kopf. Ge­le­gent­lich ver­la­ger­te sich ih­re Auf­merk­sam­keit zu den Of­fi­zie­ren am Tisch, die dem Funk­ge­rät sinn­lo­se Ge­räusche ent­lock­ten. Sie sah Ar­meen kom­men und wie­der aus dem Tal ver­schwin­den, sah die Flücht­lin­ge und war ge­blie­ben.
    „Sie war ver­hei­ra­tet, als wir uns das ers­te Mal be­geg­ne­ten, und ein we­nig äl­ter als ich. Hat­te zwei Kin­der. Aber sie wur­den von der Träu­mer-Seu­che be­fal­len, und sie ver­lor den Be­zug zur Rea­li­tät. Sie re­de­te stän­dig da­von, nach Nor­den zu fah­ren und sie zu su­chen. Die Stra­ßen wa­ren noch zu be­fah­ren, wenn man Ben­zin und die nö­ti­gen Pa­pie­re be­saß. Ein- oder zwei­mal tra­fen wir so­gar Vor­be­rei­tun­gen für die Rei­se, und ich fuhr sie ein we­nig her­um – die Stadt öde und ver­las­sen, über­wu­chert und zer­fal­len –, be­trach­te­te da­bei das Pro­fil ih­res Ge­sich­tes und ih­re Au­gen, wenn sie sich ei­ne Zi­ga­ret­te an­zün­de­te. Sie hat­te ei­ne ra­sche, ner­vö­se und doch zärt­li­che Art, den Rauch zu in­ha­lie­ren. In ih­ren Au­gen, die mei­ne nur­mehr für kur­ze Au­gen­bli­cke streif­ten, lag Schuld – und da­hin­ter viel­leicht Angst. Aber es war ei­ne gu­te Zeit für uns – trotz al­lem.“
    White­head lang­te zum Si­de­board und nahm sei­ne Au­gen für einen Mo­ment von der Stra­ße. Ame­ri­ka­ni­scher Kaf­fee. Es war Jah­re her, seit er zu­letzt wel­chen ge­kos­tet hat­te. Er frag­te sich, wie vie­le von den Fa­mi­li­en wohl in ent­le­ge­ne Ge­bie­te weg­ge­schafft, aus den Städ­ten ge­ret­tet, für die Zu­kunft ge­hor­tet wor­den wa­ren.
    Cap­tain Grea­ves sprach ins Funk­ge­rät. Be­rich­te­te vom Schei­tern der Ver­hand­lun­gen mit den meu­tern­den Trup­pen, der dar­aus fol­gen­den Un­mög­lich­keit, die mi­li­tä­ri­schen Zie­le in­ner­halb der kri­ti­schen Zeit­span­ne zu er­rei­chen. Die Trup­pen wür­den ih­re der­zei­ti­gen Po­si­tio­nen bei ei­nem An­griff ver­tei­di­gen, je­doch kei­nen Ge­gen­an­griff un­ter­neh­men, so­lan­ge ih­re For­de­run­gen nicht er­füllt wür­den. Wie lan­ge wür­de es noch dau­ern, bis sie häu­fi­ger und in grö­ße­rer Zahl de­ser­tier­ten und die letz­ten Res­te von Dis­zi­plin über Bord war­fen? Die Mög­lich­keit of­fe­ner Ge­walt­tä­tig­keit ge­gen­über Of­fi­zie­ren konn­te nicht län­ger aus­ge­schlos­sen wer­den.
    Die Al­ter­na­ti­ve war klar. Wenn das Ziel nicht ein­ge­nom­men wer­den konn­te, muß­te es zer­stört und für den Feind un­brauch­bar ge­macht wer­den. Lang­stre­cken­ge­schüt­ze wa­ren in der La­ge, die­se Auf­ga­be zu über­neh­men, wäh­rend zu­sätz­li­che Gra­na­ten auf die Re­bel­len in den Schüt­zen­grä­ben ge­rich­tet wer­den konn­ten.
    „Dann ging sie ein­fach weg. Die Woh­nung er­schi­en mir plötz­lich rie­sig und leer. In der Pfan­ne schwamm noch er­kal­te­tes Fett, aber nicht ein­mal ein Brief lag für mich da. Es war ver­rückt und sinn­los. Ir­gend­wie, den­ke ich mir, ist al­les sinn­los.“
    Drau­ßen vor dem Fens­ter be­weg­te sich et­was. In sei­ner Hast stieß White­head den Kaf­fee um, der sich über den Bo­den er­goß. Hei­ße Flüs­sig­keit si­cker­te in den Tep­pich, der Dampf tanz­te über der feuch­ten Stel­le, wäh­rend der Sol­dat sein Ge­wehr auf die Schat­ten rich­te­te.
    „Dann exis­tie­ren da noch die­se bi­zar­ren, apo­ka­lyp­ti­schen Vor­stel­lun­gen, die Träu­mer sei­en all­wis­send. Viel­leicht konn­ten die Me­cha­nis­men des Un­ter­be­wußt­seins wäh­rend die­ses Zwan­zig-Jah­re-Schla­fes mit ziem­lich merk­wür­di­gen Re­sul­ta­ten auf­war­ten, und doch sind deut­lich er­kenn­ba­re Ge­mein­sam­kei­ten zu­ta­ge ge­tre­ten. Als ob es sich ir­gend­wie um ei­ne War­nung han­del­te. Ei­ne Vi­si­on der Um­for­mung der

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