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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Schreib­tisch her­um und be­trach­te­te die bei­den Sei­ten­un­ter­schrän­ke. Der ers­te war leer bis auf ei­ne um­ge­fal­le­ne Co­lafla­sche und ei­ni­ge Keks­krü­mel. Der zwei­te be­her­berg­te nichts au­ßer ei­nem be­stick­ten Kis­sen.
    „Aha“, be­merk­te d’Al­bert und be­gab sich wie­der auf sei­nen Platz.
    „Was mei­nen Sie mit ‚aha’?“ er­kun­dig­te sich Mul­ler-hin­ter-dem-Schreib­tisch.
    „Ich ha­be mich ver­ge­wis­sert, wo­her Ih­re Ge­hil­fen ka­men.“
    „Be­acht­lich“, er­wi­der­te Mul­ler. „Sie hät­ten ge­wis­se Qua­li­fi­ka­tio­nen für un­se­ren Be­ruf.“
    D’Al­bert be­ob­ach­te­te scharf das Ge­sicht sei­nes Ge­gen­übers, konn­te aber kei­ne An­zei­chen von Spott auf ihm ent­de­cken. Er wink­te ab und sag­te: „Um auf mein An­lie­gen zu­rück­zu­kom­men …“
    „Darf ich Ih­nen mei­ne Ab­le­ger vor­stel­len: Num­mer II und III des Mul­ler-Klons. Sie brau­chen je­doch Ih­re bis­he­ri­gen Aus­füh­run­gen nicht zu wie­der­ho­len, die bei­den ha­ben mit­ge­hört.“
    „Ich ha­be noch kei­ner­lei Er­klä­rung ab­ge­ge­ben.“
    „So? Dann wird es aber Zeit. Wir kom­men sonst in Ver­zug, Sie ver­ste­hen.“
    „Schal­te dei­nen Ver­stär­ker ein, du Dus­sel. Oder ist er schon wie­der ka­putt?“
    „Mul­ler II ist kein Dus­sel“, mel­de­te sich jetzt Mul­ler III. „Er ist viel­mehr mit der Lö­sung des Fal­les be­faßt.“
    „Aber der Fall ist doch noch gar nicht be­kannt!“
    „Mit dem Fall Gros­ve­nor. Vor drei Mo­na­ten.“
    „Es han­del­te sich um ein au­ßer­or­dent­lich kom­ple­xes Pro­blem“, wand­te sich Mul­ler II an d’Al­bert, in­dem er ent­schul­di­gend lä­chel­te. „Ich sag­te ab­sicht­lich ‚han­del­te’, weil ich es so­eben ge­löst ha­be.“
    „Be­läs­ti­ge den Herrn nicht mit ver­gan­ge­nen Fäl­len, du Dus­sel“, sag­te der als Mul­ler I si­gni­fi­kant ge­wor­de­ne Mul­ler hin­ter dem Schreib­tisch mit au­to­ri­tär­er Stim­me. „Mr. d’Al­bert, wür­den Sie bit­te end­lich Ih­ren Fall vor­tra­gen, wir ha­ben nicht ewig Ge­duld, wis­sen Sie.“
    D’Al­bert ver­zich­te­te auf ei­ne wü­ten­de Er­wi­de­rung und sag­te statt des­sen: „Ich bin, wie ich be­reits an­deu­te­te, be­raubt wor­den. Man hat mir ein Stück­chen Haut ent­nom­men.“
    „Dann kla­gen wir auf ‚Kör­per­ver­let­zung’.“
    „Da­zu ist die Wun­de nicht groß ge­nug. Mein Vor­stoß zielt in ei­ne an­de­re Rich­tung. – Ich ver­mu­te, daß man mich klo­nen will.“
    „Ka­stra­ti­ons­kom­plex“, be­merk­te Mul­ler II.
    „Höchs­te Zeit, daß die Ter­mi­no­lo­gie ge­än­dert wird“, über­leg­te Mul­ler III laut.
    „Ex­stir­pa­ti­ons­kom­plex“, rea­gier­te Mul­ler II.
    „Num­mer III meint nicht die Psy­cho­lo­gie, son­dern die Recht­spre­chung“, wies Mul­ler I sei­nen Ab­le­ger zu­recht. „Wis­sen Sie, Num­mer II hat sich der Psy­che ver­schrie­ben“, wand­te er sich an d’Al­bert. „Er denkt für mei­nen Ge­schmack ziem­lich ein­sei­tig, um nicht zu sa­gen: an­stö­ßig.“ Dann dreh­te er sich wie­der in Rich­tung von Mul­ler II und sag­te mit schnei­den­der Stim­me: „Wirst du end­lich dei­nen Ge­dan­ken­ver­stär­ker ein­schal­ten, du Dus­sel?“
    „Er ist in Re­pa­ra­tur.“
    „Ach so. Fah­ren Sie fort, Mr. d’Al­bert.“
    D’Al­bert, der das dia­lek­ti­sche Ge­fecht fas­zi­niert ver­folgt hat­te, schreck­te auf und er­wi­der­te ge­hor­sam: „Als In­diz be­sit­ze ich die­se Wun­de am lin­ken Ohr­läpp­chen.“
    Im glei­chen Mo­ment spran­gen Mul­ler II und III auf und beug­ten sich eif­rig über d’Al­berts Kopf. Der ei­ne strich die Haa­re zur Sei­te, und der an­de­re sag­te, nach­dem er ge­räusch­voll die Luft aus­ge­sto­ßen hat­te: „Groß ge­nug ist sie ja.“
    „Mehr als dop­pelt so groß“, stimm­te der an­de­re zu.
    „Aber kann man bei ei­ner Wun­de von ei­nem Be­sitz spre­chen?“
    „Kaum. Man kann höchs­tens fest­stel­len, daß ein Stück Ge­we­be ent­nom­men wur­de – zu ei­nem un­be­kann­ten Zweck.“
    „Zum Zweck des Klo­nens“, be­harr­te d’Al­bert.
    „Wir wol­len den Fall un­ter­su­chen, nicht den Zweck“, ver­such­te Mul­ler

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