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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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glitzerten auf seiner Oberfläche, während er in der Nachmittagshitze schmorte. Ein vergessenes Spielzeug, verloren im hohen Gras, das einsam auf seine Besitzer wartete, die niemals zurückkommen würden.
    Die Zeit verging.
    Die Vögel, die wir verjagt hatten, ließen sich nach und nach wieder auf den Hügeln nieder.
    Voller Unbehagen änderte ich meine Stellung und versuchte ohne große Zuversicht, es mir bequem zu machen, doch ein wütender Blick von Heynith ließ mich sogleich erstarren. Wir kauerten in einem zweieinhalb Meter langen und anderthalb Meter tiefen Graben unter einer Tarnplane, die zum Tal hin von kleinen Pflöcken hochgehalten wurde; die Plane hatten wir mit einer zentimeterdicken Schicht von Erde und Grünzeug bedeckt. In der Mitte hockte Heynith rittlings auf dem Steuersattel des Lasers. Goth saß links von ihm, ich rechts. Heynith würde den Laser bedienen, wenn es soweit war; dazu war nur ein Mann erforderlich. Für Goth und mich gab es nichts zu tun, und auch während des Überfalls würden wir nichts zu tun haben, es sei denn, wir müßten das Feuern übernehmen, falls der unwahrscheinliche Fall einträte, daß Heynith getötet wurde, ohne daß der Treffer uns alle erwischte, oder wir müßten den Laser tatsächlich herumwuchten. Beides stand kaum zu erwarten. Nein, die Show gehörte Heynith, und wir waren überflüssig und nutzlos.
    Das war schlecht.
    Wir hatten jede Menge Zeit zum Nachdenken.
    Das war noch schlechter.
    Ich empfand ein taubes Gefühl, das immer stärker wurde, als hätte sich eine unsichtbare Glasscheibe zwischen mich und die Welt geschoben, die jetzt immer dicker wurde, Schicht um Schicht. Zugleich fühlte ich mich unglaublich isoliert (isoliert, obwohl es in dem Loch eng und stickig war, obwohl ich dicht an Heyniths angespannten Schenkel gepreßt wurde – ich konnte ihn nicht berühren; er war meilenweit entfernt). Und mit dem Gefühl der Isolation kam eine ungesunde, würgende Panik. Es war das Gegenteil von Klaustrophobie. Mein Fleisch war zu durchsichtigem Plastik geworden, meine Knochen zu Glas, und ich war nackt, ganz und gar nackt, ohne daß es noch etwas gab, in das ich mich hätte einhüllen können. Eine ganze Armee hätte mich umgeben können, und ich wäre immer noch allein gewesen. Man hätte mich in Eisen gehüllt zehn Meter unter der Erde vergraben können, und ich wäre immer noch nackt gewesen. Ein Teil meines Verstandes fragte sich leidenschaftslos, ob es ein Schock war, in den ich versank, und der restliche Teil versuchte den Schrei niederzukämpfen, der sich zwischen meinen angespannten Muskeln aufstaute. Die Isolation wuchs. Ich war mir meiner Umgebung nicht mehr bewußt, ich empfand nur noch die Hitze und den Druck der Eingeschlossenheit.
    Ich sah D’kotta, eine geschmolzene Spinne, die auf dem Rücken lag und ihren obszönen, aufgedunsenen Bauch sehen ließ, und ihre feurigen Beine zuckten gegen den Himmel und hinterließen giftige Blasen, wo sie die Wolken berührten.
    Ich sah den Jungen, das Gesicht blutüberströmt, wie er mit den Fersen auf den Boden trommelte.
    Ich begann an großen, einfachen Ideen zu zweifeln.
    Im Tal bewegte sich nichts. Nur der Wind strich durch das Gras, und Geister in Gestalt von Vögeln kreisten am Himmel.
    Spinnenbeine.
    Krebstanz.
    Der kantige Schatten des Vactransporters kroch über das Tal.
    Plötzlich, so deutlich, als wäre es Wirklichkeit, sah ich Ren vor mir, wie er in der Kabine saß, den Rücken gegen die Tür gelehnt, die Beine auf dem Sitz ausgestreckt, die Füße ruhten übereinandergeschlagen auf der Instrumentenkonsole, die Pistole lag in seinem Schoß, und durch das Windfeld beobachteten seine Augen den Taleingang. Er würde eine Zigarette rauchen, und gelegentlich würde er sie aus dem Mund nehmen, die Asche mit dem Fingernagel auf die glänzenden Armaturen schnipsen, dabei immer dieses eigenartige Lächeln auf den Lippen, und er würde sorgfältig Löcher in den weichen Stoff der Polsterungen brennen. Der Stoff (echter Stoff, kein Plastik) würde anfangen zu glimmen, ein übelriechendes Rauchfädchen würde aufsteigen, und der Sitz hätte ein neues, verkohltes, schwarzes Loch. Ren würde lächeln, die Zigarette zwischen die Lippen nehmen, sich zurücklehnen und gemächlich paffen. Ren sollte das Radiosignal vom Orboter beantworten, ihnen versichern, daß alles in Ordnung sei, und sie in ihren Tod gehen lassen. Wenn sie Verdacht schöpften, daß etwas nicht stimmte, würde Ren der erste sein, der starb.

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