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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Wand hoch­zu­klet­tern. Wie­der war ein dump­fes Plump­sen zu ver­neh­men.
    Er spür­te mit den Fin­gern die Wand, tas­te­te mit den Hän­den an ihr ent­lang. Mör­tel rie­sel­te zu Bo­den. Die Zie­gel fühl­ten sich rauh und san­dig an. Dann hat­ten sei­ne Hän­de die obe­re Kan­te der Mau­er er­reicht. Er muß­te es schaf­fen, sich an die­ser Mau­er hoch­zu­zie­hen. Ich bin doch gar nicht so schwer, dach­te er. Und oben? Wenn da oben was ist, wenn ich mich hoch­wuch­te, und ich sto­ße da­ge­gen? Dann zog er sei­nen Kör­per hoch, spreiz­te ein Bein ab, schwang es über die Mau­er­kan­te und zog den Rest des Kör­pers nach, bis er ritt­lings auf der Mau­er saß. Auf der an­de­ren Sei­te ließ er sich hin­un­ter, bis sein Kör­per nur noch von den Hän­den ge­hal­ten wur­de. Er bau­mel­te über der Tie­fe.
    „Na los, laß schon los“, hör­te er De­te sa­gen.
    Er fiel nach un­ten und kam schwer auf. Sei­ne Hän­de gru­ben sich in wei­chen, feuch­ten Sand.
    „Hier ist es ja feucht“, sag­te er.
    „Na und, hier sind ja auch über­all Ab­wäs­ser­grä­ben.“
    Chick schwieg. In sei­ner Vor­stel­lung sah er sich schon in ei­nem rand­voll mit Schei­ße ge­füll­ten Ab­was­ser­gra­ben ver­sin­ken. Bloß das nicht!
    „Nun mach doch end­lich die Ker­ze an“, hör­te er West­phal mit ho­her, un­ge­dul­di­ger Stim­me schrei­en.
    De­te, der die Si­tua­ti­on ge­noß, ließ sich Zeit mit dem An­zün­den der Ker­ze. Zwei Streich­höl­zer bra­chen ab oder gin­gen gleich wie­der aus, be­vor es ihm ge­lang, den Docht in Brand zu set­zen. Sie sa­hen sich um.
    Sie fan­den sich zwi­schen Mau­ern, die an die drei Me­ter aus­ein­an­der­stan­den, in ei­nem Gang. Oben, über ih­ren Köp­fen, wur­de es sehr dun­kel. Sie ver­mu­te­ten dort ei­ne Be­ton­de­cke, viel­leicht den Fuß­bo­den der Au­la, die et­wa über dem Fahr­rad­kel­ler lie­gen moch­te.
    Der Ge­dan­ke an die Au­la, ei­ne dump­fe Er­in­ne­rung, trieb so­fort ab ins Dun­kel. Nur Bil­der­fet­zen, Bruch­stücke ei­ner Schul­fei­er, wo Jun­gen auf der Büh­ne stan­den und, die Mün­der auf­ge­ris­sen, zu sin­gen ver­such­ten, wäh­rend vor ih­nen ein all­sei­tig ge­haß­ter Mu­sik­leh­rer sich in der Po­se ei­nes Di­ri­gen­ten ver­such­te, wo­bei sei­ne Rück­an­sicht die Schü­ler zu hä­mi­schen Be­mer­kun­gen ver­an­laß­te, weil die Ho­se und das Jackett, in de­nen er steck­te, gar zu lus­ti­ge Fal­ten war­fen. Die Schu­le trug den Na­men ei­nes Phi­lo­so­phen, von dem kei­ner der Schü­ler et­was an­de­res au­ßer dem Na­men wuß­te. Ein Leh­rer er­wähn­te un­ver­ständ­li­che Sa­chen von dem in ei­ner An­spra­che. Und dann brei­te­te sich das Dun­kel wie­der aus, und die Er­in­ne­run­gen ver­schwan­den.
    Die Ker­ze fla­cker­te, und je­des Fla­ckern ließ die Dun­kel­heit nach ih­nen schnap­pen – hohn­la­chend. So als woll­te sie sa­gen:
    „Was, ihr Kinds­köp­fe wagt es mit eu­rer küm­mer­li­chen Ker­ze, hier her­um­zutap­pen?“
    Das LA­CHEN der Dun­kel­heit, grau­se, aber un­über­hör­ba­re Rea­li­tät, um­kroch sie. Der Druck des Au­la­ge­bäu­des las­te­te auf ih­nen. Die Wän­de der Tun­nel ver­lo­ren sich un­ten im feuch­ten Sand, Sand, den ih­re Halb­schu­he auf­wühl­ten und wo sich klei­ne Was­ser­pfüt­zen bil­de­ten.
    Sie gin­gen nach links in den Gang hin­ein, dicht an der Wand ent­lang. De­te ging vor­ne mit der flat­tern­den Ker­ze. Luft­zü­ge, von de­nen nie­mand wuß­te, wo­her sie ka­men, bis­sen nach der mick­rig fla­ckern­den Ker­zen­flam­me. Ih­re Schat­ten um­tanz­ten sie nach ei­nem un­hör­ba­ren ge­quäl­ten Rhyth­mus. Der Bauch der Dun­kel­heit quoll und schmerz­te, so sehr fiel La­chen aus ihm her­aus.
    Chick hat­te Angst, die an­de­ren zu ver­lie­ren. Er lief als letz­ter. Er wuß­te ir­gend­wie ge­nau, und es schau­er­te ihm bei dem Ge­dan­ken, er wür­de sie ver­lie­ren.
    „Hier!“ De­tes Stim­me klang ver­zerrt. „Hier muß es sein, da muß es ei­ne Lei­ter­ge­ben“.
    Die Stim­me schi­en lei­ser zu wer­den.
    „Die Lei­ter en­det an ei­nem Gul­ly, der liegt ge­nau auf hal­b­em Weg zwi­schen den Schul­hö­fen, da, wo es zur Nach­bar­schu­le

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