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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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pur­pur­ne Rö­te stieg über ih­ren Nacken auf –, schäum­te die Fle­der­maus, und aus dem Schaum trat ein statt­li­cher jun­ger Mann her­aus, der sich ne­ben Ire­ne auf das Moos­pols­ter sin­ken ließ.
    Wie das so mit Träu­men geht – sie lieb­ten sich in die­ser Früh­lings­nacht, und als der Tag an­brach, reg­ne­te es große Tau­per­len her­ab, von de­nen ei­ne sie in ih­rer Mem­bra­ne ein­schloß. So san­ken sie auf den Grund ei­nes vor­sint­flut­li­chen Mee­res in ei­ne ewi­ge wei­ße Nacht hin­ab.
     
    In ih­rem Ba­de­zim­mer an Bord der Ur­miel wach­te Ire­ne Wa­gen­seil auf. Nackt, ge­la­ti­niert, lag sie auf dem Bo­den aus­ge­streckt. Eis­kris­tal­le türm­ten sich über ihr. Es war un­end­lich kalt. Als sie sich reg­te, stürz­ten die Eis­kris­tal­le von ih­rem Kör­per her­ab. Ne­ben ihr lag ei­ne blei­che Haut – sie war ge­schwärzt und von der Käl­te zu­sam­men­ge­rafft, über ih­ren Rück­en­teil lie­fen ein Dut­zend ro­ter Strie­men hin­ab. Un­ter ih­ren ab­ge­bro­che­nen Fin­ger­nä­geln, die Frau Wa­gen­seil im Ba­de­zim­mer in die Hö­he hielt, zeich­ne­ten sich Blut­spu­ren und Haut­fet­zen ab.
    Sie wein­te jetzt. Der Ba­de­man­tel, nach dem sie griff, lös­te sich in wei­ßes Pul­ver auf. Als sie zur Tür ging, fiel ein blin­der Spie­gel in tau­send Scher­ben auf sie her­ab. Die Tür war fest ver­klemmt. Er­schöpft sank Frau Wa­gen­seil mit dem Rücken an der Tür her­ab. Jetzt erst er­kann­te sie, sie war in ei­nem Spie­gel­ka­bi­nett. Mit grau­sa­mer Schär­fe warf das Ba­de­zim­mer ih­re Er­schei­nung in al­len Win­keln, in al­len Bre­chun­gen zu ihr zu­rück.
    In den Ecken reg­te es sich. Ei­ne al­te Frau hat­te scharf von der Sei­te auf sie ge­blickt. Ein Sa­la­man­der husch­te durch das Bad, und ein Kind wein­te in der Nacht. Über ihr stand ein Mann wie ein Berg und blick­te auf sie her­ab. Ei­ne Rei­he gol­de­ner Zäh­ne blitz­te in sei­nem Mun­de auf. Sie wich zu­rück, als er sprach.
    Ei­ne der Bir­nen in der De­cke war ex­plo­diert. Wie un­ter ei­nem Schuß fiel ei­ne zwei­te Bir­ne aus. Im Ba­de­zim­mer wur­de es Nacht. Ein blau­wei­ßes Licht glüh­te in der Ecke auf. Jetzt sah Ire­ne, wie ihr mü­der Kopf durch den Tür­rah­men glitt. Ihr Haar be­weg­te sich. Sie schrie auf, als sich ein Schlan­gen­leib ge­gen den an­de­ren rieb. Dann wur­de es wie­der Nacht, und aus ih­rem Kopf stürz­ten die Er­in­ne­run­gen als klei­ne graue Stäub­chen her­ab, wäh­rend das Was­ser aus dem lau­fen­den Hahn sach­te in die Hö­he stieg.
     
    Hat­te Wer­ner Wa­gen­seil frü­her im­mer nur gu­te Träu­me er­lebt, so stimm­te et­was nicht, als er durch den di­cken Bo­den des Gla­ses sah. Die Welt, die ge­ra­de him­mel­blau ge­we­sen war, ver­färb­te sich und schwank­te un­ter der Flüs­sig­keit. Wo eben noch die brau­ne Wand­tä­fe­lung der Knei­pe war, platz­te das Holz auf, und aus dem schwit­zen­den Me­tall, das dar­un­ter lag, ström­te ein Dut­zend ro­si­ger, klei­ner Mäd­chen her­aus.
    Einen Au­gen­blick hat­te Herr Wa­gen­seil in An­be­tracht der lieb­lich-ro­si­gen Flut ge­lacht. Aber schon im nächs­ten Mo­ment er­zit­ter­te das Bild und lös­te sich auf – was ei­ne Schar ro­si­ger, ver­füh­re­ri­scher Lei­ber ge­we­sen war, schwamm mit ra­schen, ge­schmei­di­gen Be­we­gun­gen her­auf, und ei­ne Dop­pel­rei­he wei­ßer Zäh­ne blitz­te in je­dem der ver­schwim­men­den Ge­sich­ter auf.
    Trotz des Al­ko­hols traf der An­blick Herrn Wa­gen­seil wie ein Schock. Er war von dem Bar­ho­cker nach hin­ten her­ab­ge­stürzt. Einen Au­gen­blick lös­ten sich sei­ne Ge­dan­ken auf. Es war, als su­che er einen An­halt, ei­ne Zu­flucht, einen Ru­he­punkt. Se­kun­den­lang blitz­ten in sei­nen Ge­dan­ken ei­ne Wie­se, ein Baum, ein blau­er Licht­schein auf, sah er ein über ei­ne Wie­se schrei­ten­des Kind, das in sei­nen Hän­den ei­ne Ker­ze hielt.
    Schon im nächs­ten Mo­ment hol­ten ihn die sich durch die Luft schwin­gen­den Ge­stal­ten in die Wirk­lich­keit zu­rück. Er warf das Glas, das er fest um­klam­mert hat­te, nach der ers­ten Ge­stalt. Das Glas riß ein Loch in den braun­ro­ten Leib, Rauch um­hüll­te die Ge­stalt,

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