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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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wie­der, und manch­mal ist die Va­ri­an­te, die man ge­wählt hat, nicht so gut, wie sie aus­ge­se­hen hat, ist über­haupt nicht brauch­bar. Aber das weiß man erst, wenn das Spiel vor­bei ist.“
    „Ich hof­fe, daß du das wie­der­holst, wenn ich aus der Wan­ne her­aus­ge­klet­tert bin“, sag­te Ka­thy. „Ich möch­te das al­les für die Nach­welt auf­schrei­ben.“
    „Ich weiß noch, da­mals im Col­le­ge – wie vie­le Mög­lich­kei­ten schi­en das Le­ben zu ha­ben. Va­ri­an­ten. Ich ha­be na­tür­lich ge­wußt, daß ich nur ei­nes mei­ner Phan­ta­sie­le­ben le­ben wür­de, aber da­mals hat­te ich sie für ein paar Jah­re al­le, al­le Ver­zwei­gun­gen, al­le Va­ri­an­ten. Einen Tag konn­te ich da­von träu­men, ein Ro­man­au­tor zu sein, am nächs­ten Tag da­von, ein Jour­na­list zu sein, der aus Wa­shing­ton be­rich­te­te, am nächs­ten – oh, ich weiß nicht, ein Po­li­ti­ker, ein Leh­rer, was auch im­mer. Mei­ne Traum­le­ben. Vol­ler Traum­reich­tum und Traum­frau­en. All die Sa­chen, die ich vor­hat­te, all die Or­te, an de­nen ich woh­nen wür­de. Na­tür­lich ha­ben sie sich ge­gen­sei­tig aus­ge­schlos­sen, aber da ich kei­nes von ih­nen wirk­lich leb­te, leb­te ich sie in ei­nem ge­wis­sen Sin­ne al­le. Als wür­de man sich an ein Schach­brett set­zen, um ein Spiel zu be­gin­nen, und man weiß nicht, wie die Er­öff­nung aus­sieht. Viel­leicht wird es ei­ne si­zi­lia­ni­sche oder ei­ne fran­zö­si­sche Ver­tei­di­gung oder ei­ne nach Ruy Lo­pez. Sie exis­tie­ren al­le ne­ben­ein­an­der, al­le Va­ri­an­ten, bis man an­fängt, die Zü­ge zu ma­chen. Man träumt im­mer da­von zu ge­win­nen, egal, wel­chen Weg man wählt, aber die Va­ri­an­ten sind nach wie vor … ver­schie­den.“ Er trank noch et­was Bier. „Wenn das Spiel erst ein­mal be­gon­nen hat, sind die Mög­lich­kei­ten en­ger und en­ger und en­ger, die an­de­ren Va­ri­an­ten ver­blas­sen, und es bleibt ei­nem das, was man hat – ei­ne Po­si­ti­on, halb selbst­ge­macht, halb Zu­fall, wie er von je­nem Frem­den auf der ge­gen­über­lie­gen­den Sei­te des Bret­tes ver­kör­pert wird. Viel­leicht hat man ein gu­tes Spiel, viel­leicht ge­rät man in Schwie­rig­kei­ten, aber auf je­den Fall gibt es ge­nau die ei­ne Po­si­ti­on, von der aus man ar­bei­tet. Die Hät­te-sein-kön­nen-Al­ter­na­ti­ven sind ver­schwun­den.“
    Ka­thy stieg aus der Wan­ne und be­gann sich ab­zu­trock­nen.
    Dampf stieg aus dem Was­ser auf und be­weg­te sich sanft um sie her­um. Pe­ter merk­te, daß er sie fast mit Zärt­lich­keit an­sah, et­was, das er seit lan­ger Zeit nicht mehr emp­fun­den hat­te. Dann sprach sie und zer­stör­te es. „Du hast dei­nen Be­ruf ver­fehlt“, sag­te sie, wo­bei sie mit dem Hand­tuch flott wei­ter­rub­bel­te. „Du hät­test Pla­ka­te­schrei­ber wer­den sol­len. Du hast ei­ne Ader für Pla­kat-Tief­sinn. Weißt du, so et­was wie: ‚Ich bin nicht auf die­ser Welt, um dei­nen Er­war­tun­gen ge…’“
    „Ge­nug“, sag­te Pe­ter. „Wie­viel Blut mußt du noch ab­zap­fen, ver­dammt?“
    Ka­thy un­ter­brach sich und sah ihn an. Sie run­zel­te die Stirn. „Du bist wirk­lich ka­putt, nicht wahr?“
    Pe­ter starr­te hin­aus auf die Ber­ge und mach­te sich nicht die Mü­he zu ant­wor­ten.
    Die Be­sorg­nis ver­ließ ih­re Stim­me so schnell, wie sie ge­kom­men war. „Ei­ne wei­te­re De­pres­si­on, was? Trink noch ein Bier, warum nicht? Ge­nie­ße dein Selbst­mit­leid noch ein biß­chen. Bis Mit­ter­nacht wirst du dich zu ei­nem gu­ten, heu­len­den Elend hoch­ge­ar­bei­tet ha­ben. Mach schon.“
    „Ich den­ke im­mer noch an die­ses Spiel“, sag­te Pe­ter.
    „Spiel?“
    „Bei den na­tio­na­len Meis­ter­schaf­ten. Ge­gen Chi­ca­go. Es ist son­der­bar, aber ich ha­be stän­dig die­ses ei­gen­ar­ti­ge Ge­fühl, als … als wä­re ge­nau das der Zeit­punkt ge­we­sen, an dem al­les an­ge­fan­gen hat, sich ne­ga­tiv zu ent­wi­ckeln. Wir hat­ten die Chan­ce, et­was Großes zu tun, et­was Be­son­de­res. Aber sie ist uns ent­glit­ten, und seit­dem ist nichts mehr rich­tig ge­we­sen. Ei­ne ver­lie­ren­de Va­ri­an­te, Ka­thy. Wir ha­ben ei­ne ver­lie­ren­de

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