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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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siehst also, mein Sohn, mein Klöppel schwingt schlaff in der Glocke meines Geschlechts. Ding, dong, ding, dong. Viel Dong, aber nicht viel Ding.“
    Großpapa lacht tief, ein Löwenbrüllen mit der zierlichen Sanftheit eines Schwans.
    „Jedoch bin ich das Sprachrohr der Altvorderen, ein Winkeladvokat, der lange toten Klienten nachjammert. Gekommen, nicht zu begraben, sondern zu beten, und von meinem Gerechtigkeitssinn gezwungen, auch die Fehler der Vergangenheit einzugestehen. Ich bin ein verschrobener und wunderlicher alter Kauz, gleich Merlin in seinem Baumstumpf. Samolxis, der thrakische Bärengott, der in seiner Höhle überwintert. Der letzte der Sieben Schläfer.“
    Großpapa geht zu der schlanken Plastikröhre, die von der Decke herabragt, und blickt ins Okular.
    „Accipiter lungert vor unserem Haus herum. Er riecht was Verrottetes in Beverly Hills, Ebene 14. Könnte es sein, daß Win-again Winnegan gar nicht tot ist? Onkel Sam ist wie ein Diplodokus, dem man in den Arsch getreten hat. Es dauert fünfundzwanzig Jahre, bis die Botschaft sein Gehirn erreicht.“
    Chib treten Tränen in die Augen. Er sagt: „O Gott, Großpapa, ich möchte nicht, daß dir etwas zustößt.“
    „Was kann einem hundertzwanzig Jahre alten Mann schon passieren, abgesehen vom Versagen der Hirn- oder Nierenfunktion?“
    „Mit allem gebührlichen Respekt, Großpapa“, sagt Chib, „aber du schleppst dich ganz munter voran.“
    „Nenne mich Mühle des Ich“, sagt Großpapa. „Das Mehl, das sie mahlt, wird im seltsamen Ofen meines Ego gebacken – oder halb gebacken, wenn dir das lieber ist.“
    Chib grinst durch seine Tränen und sagt: „Man hat mir in der Schule beigebracht, daß Wortspiele billig und vulgär sind.“
    „Was für Homer, Aristophanes, Rabelais und Shakespeare gut genug war, das ist auch gut genug für mich. Und da wir gerade von billig und vulgär sprechen – letzte Nacht, bevor die Pokerpartie begann, habe ich deine Mutter im Flur getroffen. Ich hatte die Küche gerade mit einer Flasche Fusel verlassen. Sie kreischte fast. Aber sie erholte sich rasch wieder und gab vor, mich nicht zu sehen. Vielleicht glaubte sie, sie hätte einen Geist gesehen. Bezweifle ich aber. Vielleicht hat sie es schon überall in der Stadt rumgetratscht.“
    „Vielleicht hat sie es dem Doktor erzählt“, sagt Chib. „Sie hat dich vor einigen Wochen schon einmal gesehen, erinnerst du dich noch? Sie könnte es erwähnt haben, während sie von ihren sogenannten Zaubersprüchen und Halluzinationen laberte.“
    „Und die alten Knochenbrecher, die die Familiengeschichte kennen, haben sofort das IRB verständigt. Vielleicht.“
    Chib schaut durch das Okular des Periskops. Er dreht es rundum und betätigt die Griffe, um das Einauge am anderen Ende höher und tiefer zu stellen. Accipiter stolziert um das Aggregat der sieben Eier herum, jedes am Ende eines dünnen, zweigähnlichen Wegs, der vom zentralen Pfad abweicht. Accipiter entscheidet sich für den Weg, der zu Mrs. Applebaums Tür führt. Die Tür geht auf.
    „Er muß sie ja direkt von ihrem Fickomaten weggeholt haben“, sagt Chib. „Und sie muß ganz schön einsam sein, da sie sich nicht über Fido mit ihm unterhält. Mein Gott, sie ist ja noch fetter als Mama!“
    „Warum nicht?“ antwortet Großpapa. „Mr. und Mrs. Jedermann sitzen schließlich den ganzen Tag lang auf den Ärschen, trinken und essen und sehen Fido, und dabei werden ihre Gehirne zu Matsch und ihre Körper zu Fett. Cäsar hätte heute keine Schwierigkeiten mehr, sich mit dicken Männern zu umgeben. Hast du aufgegessen, Brutus?“
    Großpapas Kommentar sollte eigentlich nicht für Mrs. Applebaum gelten. Sie hat ein Loch im Kopf, und Menschen, die nach dem Fickomaten süchtig sind, werden selten fett. Sie liegen den ganzen Tag auf dem Bett und haben die Nadel im Lustzentrum des Gehirns, in das sie winzige elektrische Ströme abgibt. Unsagbare Ekstase durchflutet ihren Körper, ein Gefühl, das Essen, Trinken und Sex bei weitem übertrifft. Im Grunde genommen ist es illegal, aber die Regierung kümmert sich nur dann darum, wenn sie einen Süchtigen noch wegen etwas anderem kaschen möchte, da ein Süchtiger selten Kinder hat. Zwanzig Prozent der Bevölkerung von LA haben winzige Löcher mit Schäften im Kopf, um die Nadel einzuführen. Fünf Prozent sind süchtig, sie werfen ihr Leben weg, essen selten etwas, ihre verkümmerten Harnblasen schütten Gift in den Körper aus.
    Chib sagt: „Mein Bruder und meine

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