Kopernikus 8
ein Leben ohne Individualität nicht lebenswert ist. Jeder Mensch muß ein hapax legomenon sein …“
Ruskinson springt aus seinem Stuhl auf und kreischt: „Diesen Satz kenne ich, Luscus! Dieses Mal habe ich Sie!“
Er ist so entzückt, daß er in Ohnmacht fällt, Symptom einer weitverbreiteten Erbkrankheit. Er hat sich erst wieder erholt, als die Sendung zu Ende ist. Er hechelt an den Rekorder, um anzusehen, was ihm entgangen ist, doch Luscus hat es sorgfältig vermieden, den Pellucidar-Durchbruch näher zu definieren. Das hat er sich für eine spätere Folge aufgehoben.
Großpapa pfeift am Skop. „Komme mir vor wie ein Astronom. Die Planeten befinden sich im Orbit um unser Haus, die Sonne. Da haben wir Accipiter als nächsten, Merkur, obwohl er nicht der Gott der Diebe ist, sondern ihre Nemesis. Als nächstes Benedictine, deine Venus von der traurigen Gestalt. Traurig, traurig, traurig! An der ihren versteinerten Eiern würden Spermien sich wahrscheinlich die Schädel einschlagen. Bist du ganz sicher, daß die schwanger ist? Deine Mama ist da draußen, für ein Blutbad gekleidet, und ich wünschte mir, jemand würde es anrichten. Mutter Erde strebt dem Perigäum des Saufladens zu, um deine Kohle auszugeben.“
Großpapa stemmt sich ab, als befände er sich auf den Planken eines schillernden Decks, die blauschwarzen Venen seiner Beine sind so dick wie die Weinreben an einem uralten Stock. „Kurzer Abschied von der Rolle des Herrn Doktor Sternscheißdreckschnuppe, dem großen Astronom, und hin zu der des Unterseebootkommandanten Kapitän Graf von und zu Schooten. Ach! Ich zehe tschon dien schtoarkn Schteamer, deine Mama, auf dem Meer des Alkohols schlingern und schippern. Kompaß verloren, rumms-dumms. Drei Segel vorm Wind. Ruderbalken ragen in die Luft. Die schwarze Bande schwitzt sich die Eier ab und schürt die Öfen der Frustration. Die Schrauben sind im Netz der Neurose gefangen. Und der Große Weiße Wal nur ein Schimmern in der Tiefe, das aber rasch näher kommt und beabsichtigt, ihren Bug zu rammen, der zu groß ist, um ihn zu verfehlen. Arme, abgetakelte Fregatte, ich weine um sie. Aber ich kotze auch voller Abscheu.
Eins, Feuer! Zwei, Feuer! Kawumm! Mama rollt und schlingert, ein gezacktes Loch in der Hülle, aber nicht das, an das du jetzt denkst! Hinab mit ihr, Maul zuerst, wie es einer hingebungsvollen Fellatrice zukommt, ihr riesiges Heck ragt in die Luft. Blubb, blubb! Volle fünf Faden tief!
Und nun wieder von Unterwasser nach Oberweltraum. Dein Waldgott Mars, Roter Falke, hat soeben die Taverne verlassen. Und Luscus, Jupiter, der Einäugige Allvater der Künste, wenn du mir das Verschmelzen von nordischer und lateinischer Mythologie hochhuldvollst vergeben möchtest, ist von seinem Satellitenschwarm umgeben.“
AUSSCHEIDUNG IST DER BITTERE TEIL
VOM HELDENTUM
Luscus sagt zu seinen Fido-Interviewern: „Damit meine ich, daß Winnegan, wie jeder Künstler, groß oder nicht, eine Kunst hervorbringt, die zuerst Absonderung und einzigartig für ihn ist und dann Ausscheidung. Ausscheidung heißt soviel wie ‚Wegschaffen’ im ursprünglichen Sinn. Kreative Ausscheidung oder diskrete Ausscheidung. Ich weiß, daß meine würdigen Kollegen mit diesem Vergleich wieder allerhand Schindluder treiben werden, daher möchte ich sie hier gleich zu einer Fido-Diskussion herausfordern, wenn sich dies einrichten läßt.
Heldentum erwächst aus dem Mut des Künstlers, seine innersten Produkte der Öffentlichkeit zu zeigen. Der bittere Teil besteht darin, daß der Künstler in seiner Zeit mißverstanden oder abgelehnt werden könnte. Gleichermaßen aus dem schrecklichen Krieg, der zwischen den losgelösten oder chaotischen Elementen im Innern des Künstlers stattfindet, die einander oftmals entgegengesetzt sind und die er einen und dann zu einer homogenen Einheit formen muß. Daher mein Ausspruch von der ‚diskreten Ausscheidung’.“
Fido-Interviewer: „Sollen wir das so verstehen, daß alles ein großer Scheißhaufen ist, die Kunst aber einen seltsamen Wechsel bewirkt und etwas Strahlendes und Goldenes daraus macht?“
„Nicht exakt. Aber Sie sind nahe dran. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt eingehender und ausführlicher darauf eingehen. Augenblicklich möchte ich gerne über Winnegan sprechen. Ähem. Die unbedeutenderen Künstler vermitteln nur die Oberfläche der Dinge, sie sind Fotografen. Aber die wirklich Großen vermitteln das Innere von Wesen und Objekten. Winnegan
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