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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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allerdings ist der erste, der bei einem Kunstwerk mehr als nur ein Inneres vermitteln kann. Seine Erfindung der Alto-Relief-Multi-Ebenen-Technik ermöglicht es ihm, unterirdische Ebenen Schicht für Schicht zu enthüllen und verständlich zu machen.“
    Primalux Ruskinson lauthals: „Der große Zwiebelschäler der Malerei!“
    Luscus, ruhig, nachdem das Gelächter sich gelegt hat: „In einer Hinsicht ist das nicht schlecht ausgedrückt: Große Kunst bringt die Augen zum Tränen, wie eine Zwiebel. Aber das Licht auf Winnegans Bildern ist nicht nur eine Spiegelung, es wird eingesogen, absorbiert und dann gebrochen wieder abgegeben. Jeder gebrochene Strahl macht dabei nicht nur verschiedene Aspekte der darunter liegenden Skulptur deutlich, sondern ganze Skulpturen. Welten, möchte ich sagen.
    Das bezeichne ich als den Pellucidar-Durchbruch. Pellucidar ist das hohle Innere unseres Planeten, das in einem heute vergessenen Fantasy-Roman des Schriftstellers Edgar Rice Burroughs, der im zwanzigsten Jahrhundert lebte, geschildert wird. Er ist auch der Erfinder des unsterblichen Tarzan.“
    Ruskinson stöhnt und fühlt bereits wieder eine Ohnmacht nahen.
    „Pellucid! Pellucidar! Luscus, Sie wortspielender, leichenfleddernder Scheißkerl!“
    „Burroughs’ Held durchbrach die Erdoberfläche und entdeckte im Inneren eine andere Welt. Diese war in mancher Hinsicht das genaue Gegenteil der äußeren Welt, Kontinente, wo an der Oberfläche Meere sind, und vice versa. Ebenso hat Winnegan eine innere Welt entdeckt, das Gegenteil der öffentlichen Botschaft, die jedermann abstrahlt. Und wie Burroughs’ Held auch ist er mit einer erstaunlichen Erzählung von psychischen Gefahren und Erkundungen zurückgekehrt.
    Und ebenso wie der literarische Held sein Pellucidar von Steinzeitmenschen und Dinosauriern bevölkert fand, ist auch die Welt Winnegans, obwohl in einem Sinne völlig modern, im anderen doch auch wieder archaisch. Unergründlich und ursprünglich. Und doch existiert auch in der erleuchteten Welt Winnegans ein böser und unauslöschlicher schwarzer Fleck, und der hat in Pellucidar seine Entsprechung in dem winzigen, unveränderlichen Mond, der kalte und unbewegliche Schatten wirft.
    Nun hatte ich indessen die Absicht, daß das ursprüngliche ‚pellucid’ Teil von Pellucidar sein sollte. ‚Pellucid’ bedeutet gleichmäßige Lichtreflexion von allen Oberflächen’ oder ‚maximaler Lichtdurchlaß ohne Brechung oder Absorption’. Winnegans Bilder machen genau das Gegenteil. Doch der aufmerksame Beobachter kann in dem gebrochenen und diffusen Licht einen klaren und ungebrochenen Schein erkennen. Dies ist das Licht, das alle gebrochenen und vielfältigen Ebenen vereint, das Licht, an das ich in meiner früheren Diskussion vom ‚Zeitalter des eingestöpselten Menschen’ und dem Polarbären dachte.
    Bei ganz genauem Beobachten mag der Beschauer dies entdecken und es fühlen, als wäre es der Herzschlag von Winnegans Welt.“
    Ruskinson fällt beinahe in Ohnmacht. Luscus’ Lächeln und die schwarze Augenklappe erwecken den Eindruck, als sei er ein Pirat, der gerade eine spanische Galeere voller Gold geentert hat.
     
    Großpapa, immer noch am Skop, sagt: „Und dort ist Mary am bint Jussuf, die ägyptische Hinterwäldlerin, von der du mir erzählt hast. Dein Saturn – fern, königlich, kalt und trägt einen dieser freischwebenden, wirbelnden und vielfarbigen Hüte, die derzeit der letzte Schrei sind. Die Ringe des Saturn? Oder ein Heiligenschein?“
    „Sie ist wunderschön, und sie gäbe eine herrliche Mutter für meine Kinder ab“, sagt Chib.
    „Der Schock für Arabien. Dein Saturn hat zwei Monde, Mutter und Tante. Anstandsdamen! Du sagst, sie würde eine gute Mutter abgeben. Was für eine prächtige Frau. Ist sie intelligent?“
    „Sie ist so schlau wie Benedictine.“
    „Also eine blöde Kuh. Du hast echt Auswahltalente. Woher weißt du, daß du sie liebst? In den vergangenen sechs Monaten hast du zwanzig Frauen geliebt.“
    „Ich liebe sie. So ist das.“
    „Bis zur nächsten. Kannst du denn wirklich außer deinen Bildern noch etwas anderes lieben? Benedictine wird sich einer Abtreibung unterziehen, richtig?“
    „Nur dann, wenn ich es ihr nicht ausreden kann“, sagt Chib. „Um die Wahrheit zu sagen, ich kann sie nicht mehr sehen. Aber sie trägt mein Kind in sich.“
    „Laß mal deine Lenden sehen. Nein, du bist ein Mann. Einen Augenblick lang war ich nicht sicher, wie du so verrückt sein und ein Kind

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