Kopernikus 8
Krischnagurti usw. Zehn Felder sind gesichtslos, so daß zukünftige Generationen ihre eigenen Anwärter für die Unsterblichkeit hinzufügen können.
Der untere Teil der Wand ist mit Fresken bemalt, die bedeutende Ereignisse im Leben der Künstler darstellen. Neun Bühnen befinden sich an der gekrümmten Wand, für jede der Musen eine. Über jeder Bühne residiert die Statue einer Gottheit. Sie alle sind nackt und haben überreife Figuren: große Brüste, breite Hüften, kräftige Beine, als hätte der Künstler sie für erdverbundene Göttinnen gehalten und nicht für abgeklärte Intellektuelle.
Die Gesichter sind im wesentlichen geformt wie die glatten und anmutigen Gesichter griechischer Göttinnen, aber um Mund und Augen herum haben alle einen rastlosen Ausdruck. Die Lippen lächeln zwar, scheinen aber jederzeit bereit, sich zu höhnischen Fratzen zu verziehen. Die Augen sind tief und drohend.
TREIBT KEINEN AUSVERKAUF MIT UNS, scheinen sie zu sagen. DENN SONST …
Über jeder Bühne befindet sich eine transparente Plastikkuppel, die verhindert, daß alle, die sich nicht unter dieser befinden, einen Laut hören können, was auch umgekehrt gilt.
Chib bahnt sich durch die lärmende Menge einen Weg zur Bühne der Polyhymnia, jener Muse, in deren Einflußbereich auch das Malen fällt. Er geht an der Bühne vorüber, auf der Benedictine steht und ihr bleiernes Herz in einem Strom goldener Noten überfließen läßt. Sie sieht Chib und schafft es irgendwie, ihn zornig anzufunkeln, gleichzeitig aber ihrem Publikum ein freundliches Gesicht zu wahren. Chib achtet nicht weiter auf sie, bemerkt aber, daß sie das in der Taverne zerrissene Kleid gewechselt hat. Er sieht aber auch, daß viele Polizisten in dem Gebäude stationiert sind. Die Menge ist aber kaum explosiver Stimmung. Alle scheinen glücklich bis ausgelassen zu sein. Aber die Polizisten wissen, wie trügerisch das sein kann. Ein Funke …
Chib geht an der Bühne von Calliope vorbei, wo Omar Runic rezitiert. Er steht vor der Polyhymnias, nickt Luscus zu, der ihm winkt, und befördert das Bild auf die Bühne. Es trägt den Titel Das Massaker des Unschuldigen (Untertitel: Der Hund in der Mangel).
Das Bild beschreibt einen Stall.
Der Stall ist eine Grotte mit seltsam geformten Stalaktiten. Das gebrochene Licht in der Höhle ist Chibs Rot. Es dringt in alle Objekte ein, verdoppelt seine Intensität und wird verstärkt wieder abgestrahlt. Der Besucher, der von einer Seite zur anderen geht, um sich ein vollständiges Bild zu machen, kann tatsächlich die vielen Lichtebenen erkennen, während er sich bewegt, und so kann er auch Gestalten unter der externen Gestalt ausmachen.
Die Kühe, Schafe und Pferde befinden sich in Ställen am Ende der Höhle. Einige sehen entsetzt zu Maria und dem Kind. Andere haben den Mund aufgerissen, offensichtlich, um Maria zu warnen. Chib hat sich die Legende zunutze gemacht, der zufolge die Tiere in jener Nacht sprechen konnten, als Christus geboren wurde.
Josef, ein müder alter Mann, der so zusammengekauert ist, daß er kein Rückgrat mehr zu besitzen scheint, sitzt in einer Ecke. Er hat zwei Hörner aufgesetzt bekommen, aber jedes hat einen Heiligenschein, also geht es in Ordnung.
Mary hat dem Strohbündel den Rücken gekehrt, wo eigentlich das Kind liegen müßte, während ein Mann durch eine Falltür von unten emporsteigt und ein großes Ei auf das Stroh legt. Er befindet sich in einer Höhle unter der Höhle und trägt moderne Kleidung, seine Miene ist bösartig, und er ist, wie Josef, so zusammengekauert, als hätte er kein Rückgrat. Hinter ihm hält eine dicke Frau, die Chibs Mutter seltsam ähnelt, das Kind in Händen,
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