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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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drehte sich langsam wie auf einer Drehscheibe; zuerst sah Ginny ein freigelegtes Ohr mit Onyxgehänge, dann eine wippende Stirntolle, und schließlich erschien das lächelnde Gesicht ihrer Freundin Esther.
    „Gefalle ich dir?“ fragte Miß Goverts. „Ich war in einem neueröffneten Salon – sie machen dort tolle Nostalgie-Frisuren.“
    „Du siehst phantastisch aus“, erwiderte Ginny, „war es teuer?“
    „Gar nichts hat es gekostet – stell dir vor, sie haben mich als Modell engagiert und im Schaufenster frisiert! – Aber, weshalb ich dich anvid: Hättest du Lust, heute abend zu uns zu kommen? Es hat einen Todesfall in meiner Familie gegeben, und wir wollen ganz groß feiern – mindestens drei Tage und Nächte lang.“
    „Ich komme eben vom Dienst“, erwiderte Ginny, „es war heute viel zu tun. Vielleicht kann ich später kommen – sagen wir, ich versuche es spät abends, wenn ich nicht zu müde bin. Ansonsten komme ich bestimmt morgen im Laufe des Tages. – Wer ist denn der Erlöste?“
    „Oh, mein Bruder Mike. Du kanntest ihn ja.“
    „Dein Bruder – Mike ist tot? Ach …“
    „Was ist? Stell dir vor, der Mönch sagt, er hat vermutlich nur noch höchstens drei Wiedergeburten vor sich. Ist das nicht phantastisch ?“
    „Schon, aber …“
    „Ginny, was ist mir dir? Freust du dich nicht?“
    „Was? – Doch, doch. Nur, ich war in Mike ein bißchen verliebt, und er war doch erst vierundzwanzig. Woran ist er denn gestorben?“
    „Ein Fremder hat ihn eliminiert. Ganz privat, ohne die geschätzte Hilfe eures Büros.“
    „Wie hat er es gemacht?“
    „Mit Karateschlägen, richtig brutal und altmodisch. Es muß toll gewesen sein – leider war ich nicht dabei.“
    „Weißt du auch, weshalb er ihn eliminiert hat?“
    „Nicht sicher, aber es muß Eifersucht gewesen sein; romantische Liebe zu demselben Mädchen. Weißt du, was das bedeutet?“
    „Es bringt Mike mindestens eine geschenkte Wiedergeburt ein – und diesem Nebenbuhler halst es eine zusätzliche auf.“
    „Richtig. Aber jetzt will ich dich nicht länger aufhalten, also ruh dich aus, und komm zu uns, sobald du dich danach fühlst – komm aber bestimmt, hörst du, Ginny?“
    „Ich verspreche es. Also bis dann, Esther.“
    Ginny stellte das Vidi ab und ging an ihren multifunktionalen Hausaltar.
    Sie zog ihren Hausmantel aus, setzte sich mit gekreuzten Beinen vor dem Meditationscenter nieder und holte ihren Budd aus seiner Box. Andächtig betrachtete sie die armlange, liegende Figur. Der Budd lag auf der Seite, den Kopf in die Hand gestützt. Das geschlechtslosschöne Gesicht mit den geschlossenen Augen lächelte entrückt. Seine breite Brust hob und senkte sich in langsamem Rhythmus.
    „Steh auf“, sagte Ginny.
    Der Budd erhob sich traumwandlerisch, wandte ihr sein Antlitz zu und sah sie an. Sein Glied erigierte zusehends, bis es beinahe menschliche Größe erreicht hatte.
    Das pulsierende Symbol der Kraft des Lebendigen wirkte – obwohl unverhältnismäßig groß – keineswegs unharmonisch an dem athletischen Körper.
    Ginny atmete erregt; sie legte sich rücklings auf den gepolsterten Opferaltar und spreizte die Beine.
    Der Buddha trat lächelnd dazwischen.
     
6
     
    Ginny verließ ihr Apartment, ließ sich vom Lift ins Parterre fahren und winkte draußen einer Rikscha. Zehn Minuten später stand sie vor der Wohnung der Goverts. Sie klingelte.
    Esther öffnete ihr in einem knöchellangen, halbdurchsichtigen Gazekleid in Dunkelrot.
    „Komm schnell rein, mein Schatz“, sagte Esther und zog Ginny ins Hausinnere, „du mußt dir aber etwas Bequemeres anziehen – so kann ich dich meinen Freunden nicht vorstellen.“
    „Hast du denn etwas Passendes für mich?“
    „Klar, komm nur mit in mein Zimmer.“
    Der unterste Stock des Hauses bestand aus einem einzigen riesigen Raum, in dem sich die anwesenden Gäste zwanglos verteilten, obwohl es mehrere hundert sein mußten. Esther führte ihre Freundin mitten durchs Getümmel und zu einer geschwungenen Freitreppe zur ersten Etage.
    „Hier würde ich mich auch wohl fühlen“, sagte Ginny und sah sich anerkennend in dem in Pastellfarben gehaltenen Raum um.
    „Immerhin ist mein Alter ein Merite“, erwiderte die Tochter des Hauses und machte die Türen des Kleiderschrankes auf, „such dir selber etwas aus.“
    Ginny strich mit den Fingerspitzen über die Kleider, Anzüge und Dessous.
    „Weißt du, ich bin direkt aus meinem Nachmittagsschlaf hierhergekommen“, sagte sie, „eigentlich

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