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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Oder hat Sticher die Nerven verloren? Müßig jetzt die Frage, wie es ihm gelungen ist, die Sicherheitsblockade außer Kraft zu setzen.
    Es gibt viele Möglichkeiten. Herbstmann versucht, klar und logisch zu denken. Denn vielleicht, vielleicht gibt es noch etwas zu retten. Vielleicht läßt sich der große Weltenbrand noch aufhalten. Wenn es überhaupt noch jemand kann, dann er, Hubert Herbstmann.
    Er kaut sich die Nägel blutig vor Erregung. Doch er versucht es wieder: klar und logisch zu denken.
    Es gibt drei Grundmöglichkeiten:
    Möglichkeit eins: Es handelt sich um einen Irrtum und/oder menschliches Versagen. Ein Übertragungsfehler? Stichers Nerven?
    Möglichkeit zwei: Es ist ein Befehl der Regierung.
    Möglichkeit drei: Die andere Seite hat zuerst angegriffen. Die Regierung hat dem Kommandanten den Befehl übermittelt zurückzuschießen.
    Für die Möglichkeiten zwei und drei gilt, daß die Lawine der Vernichtung bereits angerollt ist und der Weltenbrand nicht mehr aufgehalten werden kann. Schlag und Gegenschlag.
    Für die Möglichkeit eins gilt, daß die andere Seite nur von einem eigenen atomaren Angriff abgehalten werden könnte, wenn sie sichergehen kann, daß es ein Irrtum war. Sie müßte in wenigen Minuten durch unübersehbare Tatsachen überzeugt werden. Dann bestünde der Hauch einer Chance, daß sie auf einen Gegenschlag verzichtet.
    Was also wäre zu tun, wenn die Möglichkeit eins zuträfe? Funksprüche und Beteuerungen der eigenen Seite, daß es ein Irrtum war, kann es nicht geben, weil die eigene Seite selbst nicht weiß, daß eine ihrer Raketen die andere Seite angreift.
    Wenn nun aber eine Rakete ebenfalls irrtümlich – oder besser: irrtümlich kalkuliert – den eigenen Regierungsbunker bombardieren würde? Müßte das nicht die andere Seite anhand von Daten ihrer Spionagesatelliten in extrem kurzer Zeit überzeugen, daß Verrückte am Werk sind und niemand diesen Krieg will? Und soll er, Herbstmann, die Rolle des Verrückten übernehmen? Gibt es eine Möglichkeit für ihn, den eigenen Regierungsbunker mit Hilfe der noch verbliebenen Mittelstreckenrakete des C HAMÄLEON ZU bombardieren? Könnte man diese Entscheidung auf sich nehmen, wo doch wenigstens im Falle der Möglichkeit eins der Regierungsbunker unbesetzt sein müßte? Ist so etwas zu verantworten?
    Und vor allem: Würde es etwas nützen?
    Selbst wenn die andere Seite akzeptieren könnte, daß es sich um einen Irrtum handelt, und auf die Einleitung des Gegenschlages verzichtet – wie soll die eigene Seite wissen, daß es sich bei einem durchgeführten „irrtümlich kalkulierten“ Angriff auf den Regierungsbunker lediglich um ein Signal für die andere Seite handelt, auf eben diesen Gegenschlag zu verzichten? Die eigene Seite müßte doch vielmehr glauben, die andere Seite habe mit einem Angriff begonnen, so daß automatisch der Countdown zu ihrem Gegenschlag anlaufen müßte.
    Verzichtet also die andere Seite drüben auf den Gegenschlag, weil die Seite hüben ebenfalls von einer „irrtümlichen“ Rakete getroffen wird, so müßte die Seite hüben dennoch auf den vermeintlichen Angriff mit einem Gegenschlag reagieren.
    In Herbstmanns Kopf purzeln die Gedanken wirr durcheinander. Schlag, Gegenschlag, Irrtum, kalkulierter Irrtum, Gegenschlag, Schlag. Ist Rettung möglich, gibt es einen Ausweg?
    Es gibt keinen. Die Uhr ist abgelaufen. Die Automatik der Vernichtung ist nicht mehr zu bremsen. Jedenfalls nicht von ihm, Herbstmann. Und irgendwelche roten Telefone? Wie soll – Möglichkeit eins – jemand jemandem mitteilen, es sei alles nicht so gemeint gewesen, wenn dieser jemand nicht weiß und nicht wissen kann, daß überhaupt etwas geschehen ist?
    Es gibt keinen Ausweg.
    Herbstmann humpelt zu Fischer. Für Fischer ist es schon vorbei. Herbstmann drückt dem Freund die Augen zu, streichelt sein Haar ein letztes Mal. Fast beneidet er ihn, ihn, der schon hinter sich hat, was ihm noch bevorsteht.
    Herbstmann geht langsam hinaus, klettert humpelnd auf das Dach der mobilen Festung. Wartet zwischen schwelenden Trümmern auf einen Piranha.
    Als er kommt, über ihm schwebt, mit den böse schimmernden Thermo-Tastern an der Bauchseite, denkt Herbstmann: Das also ist das Ende? Wie seltsam.

 
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