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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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System, während im elektronischen Maßstab Äonen verstrichen. Dann war der Dritte Weltkrieg abgewendet. Beide Intelligenzen kamen zu dem Schluß, daß sie nicht begriffen, was da vor sich ging, eine Folgerung, zu der die Menschen erst viele Stunden später gelangen und die sie überhaupt nie zugeben würden.
    Die einzige greifbare Aktion fand in dem Zeitraum der drei Minuten statt, die zwischen der Landung der Schiffe und dem Augenblick, da AI den Befehl über das Verteidigungs-Network übernahm, lagen, und sie involvierte einen in Panik geratenen General und eine Fehlfunktion im – bis dahin eigentlich nie benutzten – Sicherungssystem, die es diesem ermöglichte, ein kleines, taktisches Nukleargeschoß auf den Landeplatz in Colorado zu schießen. Das Geschoß traf ins Schwarze, es detonierte direkt neben dem fremden Raumschiff, aber ein Feuerball zeigte sich nicht. Es schien überhaupt keine Explosion zu geben. Statt dessen erglühte die Außenhaut des Schiffes an der Detonationsstelle in blendendem, unglaublich grellem Weiß, verblaßte dann zu einem bläulichen Weiß, zu einem höllischen Rot und schließlich zu stumpfen Violettschattierungen, die flackernd durch das Spektrum verschwanden. Das gleiche Muster aufeinanderfolgender Farben jagte einmal rund um das Schiff, bis es den Aufschlagspunkt wieder erreichte, und danach nahm die Außenhaut ihre frühere mattschwarze Färbung wieder an. Das Schiff war unbeschädigt. Kein Laut war zu hören gewesen, nicht einmal ein Wispern. Das taktische Geschoß war eine regelrechte Bombe gewesen, aber die Instrumente zeigten, daß keine Energie und keine Strahlung freigesetzt worden war.
    Jetzt wurde USADCOM sehr nachdenklich.
     
    Tommy Nolan kam schon jetzt eine halbe Stunde zu spät zur Schule, aber er beeilte sich nicht. Er trödelte die Nebenstraße entlang, die hinter der alten Sägemühle den Hügel hinaufführte, und sah zu, wie der Rauch in dicken, schwarzen Streifen aus den Kaminen der Häuser unter ihm aufstieg, in geraden, ruhigen Säulen, wie Pinselstriche auf dem hellen, klaren Morgenhimmel. Die Dächer waren mit kalten roten und grauen Pfannen gedeckt, die ihm in der Sonne zuzwinkerten, und sie erstreckten sich bis hinunter zu den Docks, wo Wolken von Möwen tanzten und kreisten, hinabtauchten und wieder aufwärts segelten, und ihre Schreie drangen schwach und schrill über Meilen von Dächern und Kaminen und Antennen und windgepeitschten Baumwipfeln an sein Ohr. Hinter dem Dock sah man einen gebogenen Streifen des Ozeans; es sah aus wie ein blaues Auge, das zusammengekniffen über den Rand der Welt spähte. Tommy trat gegen einen Stein, einmal, zweimal, und dann fand er eine Blechbüchse, gegen die er treten konnte, und klappernd trieb er sie vor sich her. Der Wind fuhr durch den Pelz an seinem Parka, puff, und einen Augenblick lang klangen die Schreie der Möwen laut und deutlich, aber dann wehten sie wieder davon, über die Dächer hinweg auf die See. Er stieß die Blechbüchse über den Rand eines Abhangs und lauschte ihr, wie sie unsichtbar durch das Unterholz segelte. Er pfiff lautlos, und er hatte seine Handschuhe ausgezogen und in die Taschen seines Parkas gestopft, obwohl seine Mutter es ihm ausdrücklich verboten hatte, denn für November war es sehr kalt. Tommy fragte sich einen Moment lang, wie die Büchse sich wohl fühlen mochte, während sie durch dichtes Farngestrüpp und Gras bergab purzelte und schließlich an einem sicheren Ort unter den dunklen, versteckten Wurzeln der Bäume zur Ruhe kam. Er ging weiter, lautstark durch den Kies schlürfend. Als er auf halber Höhe des Hügels angelangt war, setzte die Kreissäge in der Mühle auf der anderen Seite ein. Stöhnend und metallisch schrillend durchbrach ihr Heulen die Stille des Morgens, es wurde zu einem durchdringenden Kreischen, das seine Zähne schmerzen ließ, und sank dann wieder ab, wurde tiefer und war schließlich ein summendes, grollendes Rollen, das klang, wie wenn ein zorniger Riese tief unten in seiner Kehle murmelte.
    Ein Tier, dachte Tommy, obwohl er wußte, daß es eine Säge war. Vielleicht ist es ein Dinosaurier. Ein wohliger Schauer überlief ihn. Ein Dinosaurier!
    Heute morgen war Tommy ein Pfützenspringer. Deswegen war er auch so spät dran. In der Nacht hatte es leicht geregnet, so daß sich überall auf der Straße Pfützen gesammelt hatten, und von der Haustür bis hierher war Tommy sorgfältig über jede einzelne hinweggesprungen. Es dauerte ziemlich lange, wenn

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