Kopf frei
Neandertaler.
MANN:
Meine Frau hat mal wieder ihre Migräne.
FRAU:
Wenn ich morgens nicht meine Zitrone mit Honig trinke, ist der ganze Tag hin.
MANN:
Ich war noch nie ein Rechengenie, habe einfach keine Zeiteinteilung, bin nicht kreativ und habe einen ganz unsicheren Geschmack
Kommentar: Durch derart festschreibende Aussagen können wir Veränderungen, Überraschungen, neue Rillen im Hirn, Wachstum, Ermutigungen und Lebensfreude erfolgreich verhindern. Auf den Müll damit!
Rein sachliche Informationen hingegen sind praktisch. Zu diesen Ausnahmen einige Beispiele:
FRAU:
Wenn ich menstruiere, bin ich besonders kreativ.
MANN:
Ich kann locker vier Getränkekästen auf einmal tragen.
FRAU:
Ich trinke Kaffee blond und süß.
Natürlich ließe sich gegen diese festlegenden Äußerungen einwenden, dass die Frau ihre Kreativität an den menstruationsfreien Tagen beschneidet, der Mann vielleicht auch sechs Kästen tragen könnte und die Frau ihre noch größere Vorliebe für süß und schwarz verpasst. Das könnte alles tatsächlich so sein. In strengster Ausübung dieses Trainingspunkts hätten wir sogar auf festlegende Äußerungen zu verzichten, die zunächst rein informativ und eher konstruktiv scheinen. Schärfen wir einfach die Wahrnehmung für einengende Aussagen, um sie im Bedarfsfall leichter fallen lassen zu können.
Abträgliche Festlegungen haben eine ungünstige Suggestivkraft. Deshalb schnell innerlich dichtmachen, wenn so ein Text angerollt kommt. Zur Veranschaulichung erzähle ich Ihnen eine Geschichte (vgl. Ausnahme Seite 48). Vor vielen Jahren hatte ich eine erhebliche Fußverletzung, über die von vielen Seiten der festlegende Kommentar erging: »Das wird jetzt immer eine Schwachstelle von Ihnen sein.« Alles in mir hat diese destruktive Festlegung abgelehnt. Inzwischen ist mein Fuß bereits seit etlichen Jahren völlig fit und nicht der Hauch einer Schwachstelle ist übrig geblieben.
Hugo im Mentalknast
HUGO:
Mit dem Punkt brauchst du mir auch nicht zu kommen, Lotti. Ich bin Spezialist bezüglich festlegender Äußerungen.
LOTTI:
Wie gut du dich inzwischen kennst. Deine Verflossenen würden in Glückstränen ausbrechen. Mach doch Folgendes: Verkehre die Klassiker deiner Festlegungen ins Gegenteil und zähl mal ein paar auf.
HUGO:
Was für entzückende Ideen du hast. Hier ein paar Umkehrungen: Ich rede so mitreißend, dass alle Frauen gebannt zuhören. Ich bin ein Erfolgstyp. Ich sage immer, ohne mich läuft’s noch besser. Lotti, wenn du mal einen einkehrlichen, stillen Genießer suchst – hier steht er vor dir. Und das Gute an mir ist, dass ich nie abgestandene Geschichten erzähle oder mit festlegenden Äußerungen langweile. Und fit bin! Morgens springe ich vom Bett in die Turnschuhe und jogge los, während andere sich noch verschlafen einen Kaffee machen. Ich bin Kraftprotz, Entertainer und Buddha in einer Person.
LOTTI:
Und wie fühlt sich das an, wenn du deine Festlegungen ins Gegenteil verkehrst?
HUGO:
Leicht und lustig.
LOTTI:
Das glaube ich gern, denn sie sind frischer Wind im hermetisch verschlossenen Gedankengefängnis.
??? FRAGEN UND ANTWORTEN
Inwiefern ändert sich mein Denken, wenn ich aufhöre, einengende, festlegende Äußerungen zu machen?
Durch das Weglassen von Festlegungen praktizieren Sie Wachheit Ihrem eigenen Denken gegenüber, und das ist bereits die Veränderung. Und Sie halten sich die Möglichkeit offen, dass Ihr Leben vielleicht doch ganz anders sein könnte, als Sie bisher festschrieben.
Wenn sich mein Denken durch Wachheit verändert, kann sich dann mein Denken schon ab dem ersten Übungstag ändern?
Ja! Sofort. Weil einfach stimmt: entweder Gedankenzwangsverlauf oder Wachheit.
Wie schütze ich mich vor festlegenden Aussagen anderer? Reicht es, wenn ich mir bewusst bin, dass der andere eine festlegende Äußerung gemacht hat?
Nein, das reicht an dieser Stelle leider nicht immer. Wenn ich von außen auf eine ungute Art festgelegt werde, muss ich sofort in mir spüren: Perlt das an mir ab oder muss ich das aktiv zurechtrücken?
Was meinen Sie mit »aktiv zurechtrücken«?
Ganz klar äußern: Nimm das zurück, das lasse ich nicht stehen! Wenn es mich aber innerlich nicht anficht, dann ist es egal. Eine Aussage wie »eine Frau ohne Mann ist wie ein Auto ohne Motor« kann manche anfechten und andere tangiert sie gar nicht.
Wie ist es, wenn ich die Aussage nicht zurückweisen kann, zum Beispiel bei meinem Chef?
Ich unterscheide zwischen einer
Weitere Kostenlose Bücher