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Kopf frei

Kopf frei

Titel: Kopf frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Lauterbach
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nur oberflächlich
und vermeintlich, weil das eigentlich Nährende im Kontakt bei den Selbstbestätigungs-Laberstorys keine Chance hat.
     
    Ich habe den Trick »Ich lasse jetzt eine unergiebige Geschichte weg« ausprobiert und dann erlebt, dass mich mein Gegenüber penetrant bittet, die Geschichte doch zu erzählen. Es ist so schwer, an dieser Stelle konsequent zu bleiben, wenn ich das wirkliche Interesse des anderen spüre. Vielleicht glauben Sie nur, der andere wolle wirklich Ihre Geschichte hören. Vielleicht glaubt Ihr Gegenüber das sogar selbst, denn bevor etwas erzählt ist, kann niemand sicher wissen, wie geisttötend eine Story sein kann. Und das heißt einfach, Sie sind noch stärker herausgefordert, bei sich selbst zu spüren, ob es wirklich befriedigend war, die Story erzählt zu haben oder nicht. Wir brauchen genug attraktive Alternativen zum Geschichten-Erzählen.
     
    Das bedeutet, dass man an dieser Stelle auf die anderen Trainingspunkte zurückgreifen kann?
    Genau.

4
Trainingspunkt
    Hintergrund der Kommentare zum Offensichtlichen erspüren
    KOMMENTIERE NICHT OFFENSICHTLICHES, SPRICH WORTE ERSTER WAHL!
    Auch Müll im Kopf ist Umweltverschmutzung.
    Ulrich Wickert
     
     
    Wenn wir Kommentare zum Offensichtlichen vom Stapel lassen, können wir sicher sein, dass persönlicher Kontakt und echte Kommunikation verhindert und Langeweile stabilisiert werden. Das schlichte Fazit lautet somit, dass wir solche Kommentare – auch die zur schönen Natur – einfach streichen dürfen.
    Sascha und Nicole
    (Nicole und Sascha sind im Urlaub auf Kreta und spazieren in der Abenddämmerung durch eine Küstenstadt, wo viel gebaut wird. Sascha kommentiert die Lage.)
    SASCHA:
Hier wird aber viel gebaut. Und da vorne ein Hochhaus. Ein gewaltiger Kran. Da hinten bauen sie wohl eine ganze Siedlung. Wahrscheinlich für die Touristen. Die Rohbauten sehen alle gleich aus, alle grau und wie Skelette. Ja, der Zement! Der muss ja auch irgendwie rangeschafft werden. Überhaupt alle Baustoffe!

    (Nicoles Kommentar zum Offensichtlichen ist ähnlich nichtssagend.)
    NICOLE:
Guck mal, der Sonnenuntergang, dieser Himmel, diese Farbe. Da vorne, siehst du (Sascha ist nicht blind) das Gelb und wie es übergeht in das Dunkelorange. Und dann dieser leichte Wolkenschleier ganz rechts. Oh, wie herrlich!
    Kommentar: Blubbern beide nur vor sich hin? Verbirgt sich hinter Saschas Worten, dass er einfach nicht ins Gefühl und in die Entspannung kommen kann? Und hinter Nicoles Worten, dass sie sich wünscht, Sascha möge auf die romantischeren Aspekte des Urlaubs umschwenken? Wir wissen es nicht. So ist’s ihnen jedenfalls gelungen, keinen tiefen Kontakt herzustellen.
    Wären die beiden der Spur dieses Trainingspunktes gefolgt, hätten sie zunächst einmal wahrgenommen und gefühlt, was sich hinter der Versuchung, reflexhafte Kommentare zu machen, verbirgt. Sascha spürt, dass er es toll findet, auf einer Insel zu sein, ein bisschen ausgesetzt und abenteuerlich, obwohl – zu seiner Beruhigung – die Versorgung, siehe Baustoffe, gut klappt. Nicole spürt ebenfalls, wie wohl sie sich fühlt und wie sehr der herrliche Abendhimmel eine äußere Abbildung ihres inneren Glücksgefühls ist. Hätten die beiden ihre Empfindungen, die sich hinter ihren Kommentaren zum Offensichtlichen verbergen, ausgedrückt, hätten sie ihre gegenwärtige Situation verbal bejaht, sich ihre Urlaubsfreude bestätigt und mehr Kontakt zu sich selbst und zum anderen gehabt.
    Bei diesem Punkt sind die folgenden, schon bekannten Trainingshinweise wieder gefragt:
► Je mehr wir uns auf das einlassen, was wir hinter oberflächlichen Kommentaren spüren, umso inniger ist unser Kontakt und umso verbundener sind wir mit der Gegenwart. Und das ist die einzige Zeit, die wir haben.
► Wenn wir sagen, was wir wirklich spüren und meinen, benutzen wir Worte erster Wahl, anstatt uns im Kommentar zum sowieso Offensichtlichen mit der zweiten Wahl zu begnügen.
    Es ist erstaunlich, wie viel Raum Kommentare dieser Art einnehmen. Und es ist eine echte Herausforderung, die eigentliche Befindlichkeit hinter einem Kommentar zu erspüren. Ob wir diese zum Ausdruck bringen möchten oder nur den Kommentar ersatzlos streichen, ist unsere Entscheidung.
    Wenn wir am Empfängerende nichtssagender Kommentare sind, können wir zur Frustprophylaxe Kontakt herstellen, indem wir vertiefende Fragen stellen:
    NICOLE:
Was beeindruckt dich persönlich an der Bauerei auf Kreta?
SASCHA:
Was löst der Abendhimmel

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