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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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habe der Leichenbeschauer auch schon herausgefunden. Na ja, ich habe Ihnen ja gleich gesagt, daß es nichts Großartiges ist. Damit ist meine Karriere als Detektivin wohl gestorben.«
    »Man kann nie wissen. Ach, eines noch, solange ich Sie an der Strippe habe. Haben Sie je Gerüchte über Tom und eine andere Frau gehört?«
    Sie stieß ein bellendes Lachen aus. »Tom? Sie machen wohl Witze! Er war total verklemmt in puncto Sex. Bei vielen Männern sieht man gleich auf einen Blick, daß sie ein Dominanzproblem haben. Pograpscher und Zwicker, Typen, die schmutzige Witze erzählen und einem auf den Busen glotzen. Sie hätten zwar nichts gegen eine schnelle Nummer auf dem Vordersitz ihres Pickups, aber glauben Sie mir, eine Liebesgeschichte ist das letzte, was sie im Sinn haben. Tom war immer nett. Ich habe ihn nie flirten sehen oder eine schlüpfrige Bemerkung machen hören. Wie kommen Sie auf die Frage?«
    »Ich habe mir überlegt, ob er vielleicht zu einem Rendezvous ins Rainbow gekommen ist.«
    »Oh, ein Rohndez-vuus ! Das ist stark. Hören Sie, wenn Sie in dieser Stadt fremdgehen, sollten Sie sich lieber woanders treffen, wenn Sie nicht wollen, daß es jeder mitkriegt. Warum sollte er dieses Risiko eingehen? Wenn seine Schwester aufgetaucht wäre, hätte sie ihn sofort entdeckt. Cecilia mag zwar Selma nicht besonders, aber sie hätte ihn trotzdem verpfiffen. So funktionieren die Leute hier nämlich. Alles, was man erfährt, ist ein gefundenes Fressen.«
    »Anscheinend wird über mich auch geredet.«
    »Allerdings.«
    »Was ist denn so der Tenor? Tut irgend jemand aufgeregt?«
    »Ach, Gemecker hier und da. Sie erregen eben Aufmerksamkeit, aber soweit ich gehört habe, ist es nichts Ernstes. In einem Ort dieser Größe haben alle über alles eine Meinung — vor allem über frisches Blut wie Sie. Ein paar Typen haben sich gefragt, ob Sie verheiratet sind. Denen ist wohl aufgefallen, daß Sie keinen Ehering tragen.«
    »Offen gestanden habe ich meinen Ring abgenommen, um den Brillanten neu fassen zu lassen.«
    »Schwachsinn.«
    »Nein, ehrlich. Mein Mann ist ein Riese. Schluckt ständig Anabolika, daher ist er wahnsinnig reizbar. Er würde jedem den Kopf abreißen, der mich nur anrührt.«
    Sie lachte. »Ich wette, Sie sind in Ihrem ganzen Leben noch keinen einzigen Tag verheiratet gewesen.«
    »Alice, Sie würden sich wundern.«

    Wie vorhergesagt, wurde das Wetter schlecht, als die Front heranrückte. Der Morgen war klar gewesen, mit Temperaturen um die zehn Grad, doch bis zum frühen Nachmittag hatte sich im Norden ein wuchtiges Wolkengebirge aufgetürmt. Der Himmel ging von Blau zu einem gleichförmigen Weiß über, dann zu einem nebligen Dunkelgrau, das den Tag so düster wirken ließ wie bei einer Sonnenfinsternis. Sämtliche Berggipfel waren verschwunden, und in der Luft hing ein dünner, schneidender Sprühregen.
    Meinen Nachmittag verbrachte ich folgendermaßen: Ich fuhr in die Stadt und ging in den Copy-Shop, wo ich Kopien meines getippten Berichts und mehrere kopierte Ausschnittsvergrößerungen der Porträtaufnahme von Tom Newquist im Format 13 mal 18 anfertigte. Ich warf das Originalfoto und das Original meines Berichts in Selmas Briefkasten, fuhr sechs Blocks weiter und stellte die Taschenlampe hinter die Sturmtür auf James Tennysons Veranda. Trotzdem mußte ich noch mehrere Stunden totschlagen, bevor ich mich mit Anstand zurückziehen konnte.
    Mit der Zeit wurde mir langweilig, außerdem wollte ich mich aufwärmen. Nota Lake hatte kein Kino; Nota Lake hatte meines Wissens keine Stadtbibliothek und keine Kegelbahn. Ich ging in die einzige Buchhandlung und spazierte an den Regalen entlang. Der Laden war klein, aber ansprechend, und die Auswahl mehr als zufriedenstellend. Ich erstand zwei Taschenbücher, kehrte in meine Hütte zurück, kroch unter einen Stapel Decken und las nach Herzenslust.
    Um sechs schlüpfte ich in meine Jacke und ging durch eine merkwürdige Mischung aus wehendem Graupel und stürmischen Regen zum Rainbow Café hinüber. Ich aß ein Weizentoast-Sandwich mit Speck, Salat und Tomate und plauderte beiläufig mit Nancy, während sie meine Rechnung eintippte. Ich wußte bereits, was sie zu sagen hatte, befragte sie aber trotzdem, um sicherzugehen, daß Alice alles wahrheitsgetreu wiedergegeben hatte. Um fünf nach halb sieben kehrte ich in die Hütte zurück, las das erste Buch aus, legte es beiseite und griff nach dem zweiten. Erschöpft von meinem harten Tagwerk erhob ich mich um zehn,

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