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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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bäckt er immer noch gern. Er ist braungebrannt, hat ein hageres Gesicht und lange Beine — ein Gentleman mit schneeweißem Haar, blauen Augen, einer Hakennase und noch allen seinen eigenen Zähnen. Er ist sechsundachtzig Jahre alt und mit Intelligenz, guter Laune und einer erstaunlichen Energie gesegnet. Er trat vom Flur in die Küche, in der Hand einen Stapel kleiner weißer Frotteehandtücher, die er beim Kochen benutzt. Meist klemmt er sich eines in den Hosenbund, hat eines auf der Schulter liegen, und ein drittes dient gelegentlich als Topflappen. Bekleidet war er mit einem marineblauen T-Shirt und weißen Shorts, bedeckt von einer langen Bäckerschürze, die ihm bis über die Knie reichte Er legte die Handtücher auf die Arbeitsfläche und kam eilig herbei, um die Tür aufzuschließen, sein Gesicht ein einziges Lächeln.
    »Hey, Kinsey. Ich habe dich heute noch gar nicht zurückerwartet. Komm doch rein. Was ist denn mit deiner Hand passiert?«
    »Lange Geschichte. Ich erzähle dir gleich die Kurzfassung.«
    Er trat zur Seite, und ich ging hinein, wobei ich ihn im Vorübergehen umarmte. Auf der Arbeitsfläche sah ich ein hohes Schraubdeckelglas mit Mehl, ein kleineres Glas mit Zucker, zwei Päckchen Butter, eine Dose Backpulver, eine Schachtel Eier und eine Schale Granny-Smith-Äpfel; daneben Kuchenform, Nudelholz und Reibeisen.
    »Irgend etwas riecht hier ganz wunderbar. Was kochst du?«
    Henry lächelte. »Eine Überraschung zu Rosies Geburtstag. Ich habe eine Fleischpastete mit Nudeln im Ofen. Es ist ein ungarisches Gericht, dessen Namen ich jetzt hoffentlich nicht aussprechen muß. Außerdem mache ich ihr einen ungarischen Apfelkuchen.«
    »Wie alt wird sie denn?«
    »Das verrät sie nicht. Neulich hat sie behauptet, sie würde Sechsundsechzig, aber ich vermute, daß sie schon seit Jahren einiges unterschlägt. Sie muß mindestens siebzig sein. Du kommst doch hoffentlich mit, oder?«
    »Das würde ich mir nie entgehen lassen«, sagte ich. »Dann muß ich noch losgehen und ein Geschenk besorgen, Um wieviel Uhr?«
    »Ich gehe nicht vor sechs rüber. Setz dich doch, dann mache ich eine Kanne Tee.«
    Er dirigierte mich in seinen Schaukelstuhl und stellte den Wasserkessel auf, während wir uns gegenseitig berichteten, was in den Wochen geschehen war, die ich weg gewesen war. Ohne eine spezielle Reihenfolge einzuhalten, tauschten wir wie gewohnt Nachrichten aus: meine Reise, Dietz’ Operation, das Neueste von der Heimatfront. Ich schilderte meinen Auftrag so knapp wie möglich und beschrieb die Art meiner Ermittlungen, die Beteiligten und den Überfall in der vergangenen Nacht. »Ich muß noch ein paar Anhaltspunkten nachgehen. Offenbar hatte Tom Kontakt zu einer Fahnderin aus dem hiesigen Sheriffbüro, obwohl ich im Moment nicht weiß, ob der Kontakt privater oder beruflicher Natur war. Soweit ich gehört habe, hatten sie die Köpfe zusammengesteckt, und die Frau hat offen mit ihm geflirtet. Das ist natürlich nur ein Gerücht, aber die Sache ist es wert, ihr nachzugehen.«
    »Und wenn nichts dabei herauskommt?«
    »Dann bin ich mit meiner Weisheit am Ende.«
    Während ich meinen Tee austrank, bereitete Henry den Kuchenteig zu und begann, die Apfel für die Füllung zu schälen und zu reiben. Ich spülte meine Tasse und meine Untertasse ab und stellte beides zum Abtropfen. »Dann sause ich jetzt mal los und kaufe ein Geschenk. Machst du dich schick für die Party?«
    »Ich ziehe eine lange Hose an«, antwortete er. »Und vielleicht ein Jackett. Du kannst bleiben, wie du bist.«

    Rosies ganzes Restaurant war für die Geburtstagsfeier umfunktioniert worden. Diese heruntergekommene Nachbarschaftskneipe ist seit jeher mein Lieblingslokal gewesen. In der guten alten Zeit (vor fünf Jahren) war sie oft leer — abgesehen von ein paar Säufern, die jeden Tag kamen, wenn auf gemacht wurde, und meistens nach Hause getragen werden mußten. Doch in den letzten Jahren wurde das Lokal aus unerfindlichen Gründen zu einem Treffpunkt für verschiedene Sportvereine, deren Trophäen mittlerweile jede freie Fläche zieren. Rosie, die noch nie für ihre gute Laune bekannt war, hat diesen Haufen testosteronverseuchter Rabauken trotzdem mit ungewohnter Zurückhaltung ertragen. Heute abend waren die Rauhbeine in voller Zahl erschienen und hatten das Lokal — dem Anlaß entsprechend — mit Girlanden aus Kreppapier, heliumgefüllten Ballons und handgeschriebenen Transparenten mit der Aufschrift Weiter so, Rosie! geschmückt. Dazu

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