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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Leuten zusammen in einem Raum sein, und ich wußte immer, wo er war. Es war, als erstreckten sich Fangarme quer durch den Saal. Ich mußte nicht einmal nach ihm Ausschau halten, so stark war die Verbundenheit. Es gab nichts, das ich nicht zu ihm sagen konnte. Und lachen? Mein Gott, was haben wir gelacht!«
    »Sind Sie mit ihm ins Bett gegangen?« fragte ich beiläufig.
    Colleens Wangen röteten sich. »Nein, aber ich hätte es getan. Herrgott, ich war so verrückt nach ihm, daß ich das Thema selbst angeschnitten habe. Ich war schamlos. Ich war scharf auf ihn. Ich hätte ihn unter jeder Bedingung genommen — nur um einmal mit ihm zusammenzusein.« Sie schüttelte den Kopf. »Er war nicht dazu bereit. Und wissen Sie, warum? Er war redlich. Anständig. Können Sie sich vorstellen, wie bitter so etwas heutzutage wirkt? Tom war ein ehrenwerter Mann. Er hat ein Treueversprechen abgelegt, und das hat er ernst genommen. Das war eine der Eigenschaften, die ich an ihm am meisten bewundert habe.«
    »Vielleicht ist es besser so. Er hätte kein Talent fürs Betrügen gehabt, selbst wenn er bereit gewesen wäre, es zu versuchen.«
    »Das habe ich mir auch gesagt.«
    »Er fehlt Ihnen also«, sagte ich.
    »Ich habe jeden Tag geweint, seit ich von seinem Tod erfahren habe. Ich hatte nicht einmal Gelegenheit, mich von ihm zu verabschieden.«
    »Das muß hart sein.«
    »Schrecklich. Es ist einfach schrecklich. Er fehlt mir mehr, als mir meine eigene Mutter nach ihrem Tod gefehlt hat. Wenn ich mit ihm geschlafen hätte, hätte ich mich wohl umbringen müssen oder so was. Womöglich wären Verlust und Schmerz dann absolut unerträglich gewesen.«
    »Vielleicht hätten Sie ihn weniger geachtet, wenn er nachgegeben hätte.«
    »Das Risiko wäre ich eingegangen, wenn ich nur die geringste Chance gehabt hätte.«
    »Jedenfalls tut es mir sehr leid für Sie.«
    »Und mir erst. Ich werde nie mehr einen Mann wie ihn finden. Was macht man also? Man kämpft sich weiter durch. Wenigstens ist seiner Frau der Luxus gegönnt, in aller Offenheit zu trauern. Macht es ihr sehr zu schaffen?«
    »Deshalb hat sie mich ja engagiert — um Trost zu finden.«
    Colleen wandte wie beiläufig den Blick von mir ab und versuchte, ihr Interesse zu verbergen. »Wie ist sie?«
    Ich überlegte einen Augenblick und bemühte mich um Fairneß. »Freigebig mit ihrer Zeit. Entsetzlich unsicher. Tüchtig. Sieht ein bißchen hart aus, platinblondes Haar, gigantisch auftoupiert. Sie hat einen etwas grellen Geschmack und hängt hingebungsvoll an ihrem Sohn Brant. Er war Toms Stiefsohn.«
    »Mögen Sie sie? Ist sie nett?«
    »Die Leute bezeichnen sie als neurotisch, aber ich mag die Frau. Manche können sie nicht leiden, aber das trifft ja auf jeden von uns zu. Es gibt immer jemanden, der einen für das Allerletzte hält.«
    »Hat sie ihn geliebt?«
    »Sehr, würde ich sagen. Vermutlich war es eine gute Ehe, vielleicht nicht perfekt, aber sie hat funktioniert. Es behagt ihr nicht, daß er mit ungeklärten Fragen gestorben ist.«
    »Kommen wir wieder darauf zurück«, schlug sie vor.
    »Ich würde das gleiche für Sie tun, wenn Sie mich engagieren würden, um Antworten zu finden.«
    Colleen richtete den Blick wieder auf mich. »Sie dachten, es sei meinetwegen gewesen. Daß wir eine Affäre hatten.«
    »Es kam mir in den Sinn.«
    »Wenn ich eine Affäre mit ihm gehabt hätte, hätten Sie seiner Frau dann die Wahrheit gesagt?«
    »Nein. Was sollte das bringen?«
    »Gut.« Sie schwieg einen Moment lang.
    »Wissen Sie, warum Tom so zermürbt war?« fragte ich.
    »Vielleicht.«
    »Warum so beschützerisch?«
    »Es ist nicht meine Aufgabe, seine Frau zu beruhigen«, sagte sie. »Wer beruhigt denn mich?«
    Ich hielt kapitulierend die Hände in die Höhe. »Ich frage nur. Sie müssen entscheiden, was Sie für richtig halten.«
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte sie unvermittelt und nahm ihren Mantel. »Ich rufe Sie später an und gebe Ihnen die Telefonnummer von Ritters Tochter.«
    Ich hob einen Finger. »Moment noch! Gerade ist es mir wieder eingefallen. Ich habe etwas für Sie, falls Sie interessiert sind.« Ich griff ins äußere Reißverschlußfach meiner Schultertasche und zog eines der Schwarzweißfotos heraus, die Tom bei dem Festessen im April zeigten. »Ich habe die Bilder nachmachen lassen für den Fall, daß ich sie brauche. Vielleicht möchten Sie gern eine Erinnerung an ihn haben.«
    Kommentarlos nahm sie das Foto entgegen, und ein zartes Lächeln umspielte ihre

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