Kopf in der Schlinge
Leichnam im März vergangenen Jahres entdeckt worden war. Als ein Wanderer auf Toth stieß, meldete er es im Sheriffbüro, und von dort aus wurde wegen des ähnlichen Tathergangs Nota Lake verständigt.«
»Wäre es denkbar, daß Toth seinen Freund Ritter ermordet hat, es wie Selbstmord statt Mord aussehen lassen wollte und sich schließlich selbst auf die gleiche Weise umgebracht hat? Darin läge doch eine gewisse Ironie.«
»Möglich«, sagte er zweifelnd. »Aber worauf wollen Sie hinaus? Toth begeht einen Mord, und es vergehen fünf Jahre, bevor ihn plötzlich die Schuldgefühle übermannen?«
»Klingt nicht besonders einleuchtend, oder?« sagte ich als Reaktion auf seinen Tonfall. »Ich habe mit seiner Exfrau gesprochen, und ihren Aussagen zufolge hat er sich nicht wie ein Mann mit massiven Depressionen benommen.« Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor Dreiviertel fünf. »Aber jetzt will ich Sie nicht länger stören. Vielen Dank für die Informationen. Sie waren mir eine große Hilfe.«
»Gern geschehen.«
Als ich um fünf nach Hause kam, brannte in Henrys Küche Licht, und er saß mit einem Karteikasten vor sich am Küchentisch. Ich klopfte an die Scheibe, und er winkte mich herein. »Schenk dir eine Tasse Tee ein. Ich habe gerade eine Kanne gekocht.«
»Danke.« Ich nahm mir einen sauberen Becher vom Abtropfbrett und goß mir Tee ein. Dann setzte ich mich an den Küchentisch und sah Henry bei der Arbeit zu.
»Das sind Rabattscheine. Eine neue Leidenschaft von mir, für den Fall, daß du dich wunderst«, sagte er. Henry war seit jeher ein begeisterter Sparer und setzte sich Tag für Tag mit der Lokalzeitung hin, um in Vorbereitung auf seine Einkäufe Gutscheine auszuschneiden und zu sortieren.
»Kann ich dir helfen?«
»Du kannst sie einordnen, während ich sie ausschneide«, sagte er. Er reichte mir mehrere Abschnitte, die den Kauf bestimmter Produkte nachwiesen und nach den Firmen sortiert waren, welche einen Preisnachlaß gewährten. »Short’s Drugs hat einen Rabattclub ins Leben gerufen, bei dem man seine Kassenzettel sammeln und dann alle auf einmal einsenden kann. Es hat ja keinen Sinn, sich darum zu bemühen, fünfzig Cent zurückzubekommen, wenn man schon fast fünfunddreißig fürs Porto investieren muß.«
»Nicht zu fassen, wieviel Zeit du da hineinsteckst«, sagte ich, während ich sortierte. Rezeptfreie Schlankheitsmittel, Waschpulver, Seife, Mundwasser.
»Manches davon benutze ich ohnehin, also wie könnte ich da widerstehen? Sieh dir das an. Gratis-Zahnpasta. Macht das Lächeln extraweiß, heißt es.«
»Dein Lächeln ist schon weiß.«
»Aber womöglich schmeckt mir diese Marke besser. Es kann nichts schaden, etwas Neues auszuprobieren«, meinte er. »Hier ist einer für Shampoo. Man bekommt eine Flasche umsonst, wenn man es vor dem ersten April kauft. Es gibt pro Kunde nur eines, und ich habe meines schon, daher habe ich es für dich aufgehoben, falls du interessiert bist.«
»Danke. Sammelst du die hier zusätzlich zu den Gutscheinen der Geschäfte?«
»Schon, ja, aber dafür braucht man wesentlich mehr Geduld. Manchmal dauert es zwei oder drei Monate, aber dann bekommt man einen schönen, dicken Scheck. Einmal waren es schon fünfzehn Dollar. Wie gefundenes Geld. Du würdest staunen, wie schnell es sich summiert.«
»Kann ich mir denken.« Ich trank einen Schluck Tee.
Henry schob mir den nächsten Stapel zerfledderter Ausschnitte hin. »Wenn du mit dem ersten Haufen fertig bist, kannst du mit denen hier anfangen.«
»Ich möchte ja nicht kleinlich klingen«, sagte ich und lenkte das Gespräch auf meine eigenen Interessen, »aber ich finde, Rosie hat sich gestern abend mehr um diese Rabauken gekümmert als um uns. Es hat mich zwar nicht direkt gekränkt, aber irgendwann hatte ich die Schnauze voll.«
Henry schien in sich hinein zu lächeln. »Übertreibst du da nicht ein bißchen?«
»Na ja, vielleicht habe ich es zu drastisch formuliert, aber du verstehst mich schon. Henry, wieviel Kinder-Aspirin schluckst du eigentlich? Ich habe fünfzehn von diesen Dingern gezählt.«
»Ich spende den Überschuß der Wohlfahrt. Apropos Schmerzmittel: Wie geht’s deiner Hand?«
»Gut. Wesentlich besser. Es tut kaum noch weh«, antwortete ich. »Rosies Art ärgert dich also nicht.«
»Rosie ist Rosie. Sie wird sich nie ändern. Wenn es dich stört, sag’s ihr. Beschwer dich nicht bei mir.«
»O weh! Schon verstanden. Du willst, daß ich mich mit ihr anlege.«
»Der Kampf der
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