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Kopf Unter Wasser

Kopf Unter Wasser

Titel: Kopf Unter Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Kubiczek
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Tiefkühlfach zu legen. Er fand eine offene Flasche Prosecco und goss sich ein Glas ein. Als er ins Wohnzimmer zurückkam, knüllte Birte gerade das Weihnachtspapier zusammen und hielt ihren Freunden den Schwangerschaftstest entgegen.
    Â»Süß«, sagte Cynthia.
    Â»Das ist wirklich wahnsinnig nett von dir«, sagte Birte.
    Â»Und ich werde Patentante«, sagte Cynthia, stand vom Sofa auf, ging zu Birte, die im Sessel saß, und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel.
    Â»Vielleicht solltest du ihn erst mal ausprobieren, bevor wir anfangen, die Rollen zu verteilen«, sagte Henry und zeigte auf den Test, den Birte noch immer in der Hand hielt.
    Â»Da ich der Vater nicht mehr werden kann, mach ich den passenden Onkel zur Tante«, sagte Peter lachend. Cynthia lachte ebenfalls.
    Â»Ich habe schon vor zwei Tagen einen Test gemacht«, sagte Birte zu Henry, »und der war positiv. Und gestern noch einen, von einer anderen Firma, und der war gleichfalls positiv.«
    Â»Aber probier besser diesen hier auch noch aus«, sagte Peter, »aller guten Dinge sind drei.«
    Â»Sicher ist sicher«, sagte Cynthia.
    Â»Okay«, sagte Birte, »für Henry, damit er sich mit eigenen Augen überzeugen kann.« Sie ging ins Bad, Peter und Cynthia schwiegen, Henry hielt sich an seinem Glas fest. Man konnte deutlich hören, wie Birte in die Kloschüssel pinkelte.
    Â»Wollt ihr Champagner?«, fragte Henry laut und stand auf. »Der müsste jetzt die richtige Temperatur haben.«
    Â»Immer her damit«, sagte Peter, und Cynthia sagte: »Da sag ich nicht Nein.«
    Henry ging in die Küche, schenkte vier Gläser voll und stellte sie auf eines von Birtes Silbertabletts, die von ihrer Großmutter stammten. Dann rauchte er am offenen Küchenfenster eine halbe Zigarette und ging anschließend mit dem Tablett ins Wohnzimmer zurück. Birte hatte wieder im Sessel Platz genommen. Sie hielt etwas in der Hand, das aussah wie ein Plastikthermometer, und schüttelte es alle paar Sekunden, so wie man früher Polaroidfotos geschüttelt hatte, um ihre Entwicklung zu beschleunigen.
    Henry verteilte die Gläser.
    Birte sagte: »Ich darf doch jetzt nicht mehr.«
    Â»Klar darfst du noch«, sagte Cynthia, »Champagner läuft unter Medizin.«
    Â»Also«, sagte Peter und hob sein Glas, »auf die werdende Mutter und das Kind. Und natürlich auf den Vater: Treffer versenkt!«
    Â»Hier«, sagte Birte, »man kann ihn deutlich sehen.«
    Â»Und er wird dicker?«, sagte Cynthia.
    Â»Was wird dicker«, fragte Henry und versuchte über Birtes Schulter einen Blick auf das Thermometerding zu werfen.
    Â»Der Strich«, sagte Birte, »der Strich, der besagt, dass ich schwanger bin.«
    Â»Dann steht’s jetzt also drei zu null für schwanger«, sagte Peter.
    Innerhalb von nur einer Woche hatte sich Henry an den Gedanken gewöhnt, Vater zu werden. Er fand ihn nicht mehr schlimm, und je intensiver er sich einzelne Situationen ausmalte, in denen er und sein künftiger Sohn vorkamen, desto reizvoller fand er die Sache sogar.
    Diese Tagträume halfen ihm außerdem, die kleinen Ängste zu verdrängen, die nun regelmäßig in ihm aufstiegen und die sich um Geld drehten, um Verantwortung, die man nicht wollte, und um Freiheit, die man verlor, Gedanken, die sich um sein zweites Buch drehten, mit dem er nicht von der Stelle kam, und um Birtes Stimme, wenn sie hektisch wurde und schrill.
    Aber ansonsten: Was sollte ihm schon passieren?

15.
    Weihnachten fuhr Birte zu ihren Eltern. Henry, der auch eingeladen war, ließ sich entschuldigen. Er verbringe traditionell das Weihnachtsfest bei seinen Eltern in der Uckermark. Dabei hatte sich diese Tradition nur herausgebildet, weil Henry nicht wusste, wo er die verdammten Feiertage sonst verbringen sollte.
    Am Vormittag des 24. Dezember ging er in das Kaufhaus am Alexanderplatz, um Geschenke zu besorgen. In den vorangegangenen Jahren hatte er es mit einem Fotoapparat versucht, mit einem Notebook, mit einem Handy. Aber von allen technischen Geräten, die er seinen Eltern mitgebracht hatte, benutzten sie nur den Gettoblaster, um Schlager-CDs abzuspielen. Alles andere stand in Originalkartons auf dem großen Schlafzimmerkleiderschrank.
    Henrys Eltern waren interesselos, sie lasen keine Bücher, und statt der Tagesschau guckten sie die Boulevardnachrichten der Privatsender. Sie verreisten nicht, obwohl

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