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Kopf Unter Wasser

Kopf Unter Wasser

Titel: Kopf Unter Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Kubiczek
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knabberte Gummibärchen. Wenn sie nichts sagte, wie jetzt, sondern ruhte und nur für ihre Schwangerschaft da zu sein schien, auf sich selbst konzentriert und besorgt, war sie äußerst sexy, fand er.
    Â»Gut, wo waren wir stehen geblieben?« Der Argwohn kehrte in Birtes Blick zurück.
    Â»Es ging um die Wohnung«, sagte Henry, »dass du auf keinen Fall in meine Wohnung ziehst.«
    Â»Genau.«
    Â»Und wie wäre es, wenn wir erst mal hier einziehen?« Er zeigte vage in den Raum. »Ich könnte mir einen Büroplatz mieten und dann dort arbeiten. Dann bräuchten wir kein extra Arbeitszimmer.«
    Â»Kommt gar nicht infrage. Das sind nur zwei Zimmer«, sagte Birte, »und wie kommst du eigentlich darauf, dass ich keinen Schreibtisch brauche. – Soll ich mir auch einen Büroplatz mieten?«
    Â»Ich dachte nur, bis wir etwas anderes gefunden haben. Wir hätten genug Zeit zu suchen und müssten nicht das Erstbeste nehmen.«
    Â»Außerdem ist die Wohnung viel zu teuer.«
    Â»Ich würde die Hälfte der Miete übernehmen«, sagte Henry, »ist doch klar. Das wird auch deine Eltern freuen.«
    Â»Trotzdem«, sagte Birte, »ich kann mir die Wohnung nicht leisten, denn ich habe einen Entschluss gefasst.«
    Â»Und der wäre?«
    Â»Ich will meinen Eltern nicht mehr auf der Tasche liegen. Ich werde kein Geld mehr von ihnen nehmen.«
    Â»Und das fällt dir ausgerechnet jetzt ein?«
    Â»Ich will die Chance nutzen, Henry, ich will mich davon befreien. – Jetzt. – Das Baby wird sowieso mein ganzes Leben auf den Kopf stellen. Und dann die Beziehung mit dir, die Familie, die wir drei sein werden. Alles wird sich ändern.«
    Â»Und wer soll deinen Befreiungsversuch bezahlen? – Dir ist schon klar, dass ich keine feste Stelle mehr habe.«
    Â»Natürlich, aber du hast den Buchvertrag. Jede Zeitung würde deine Artikel mit Kusshand nehmen, wenn du bloß mal wieder einen schreiben würdest. Du kannst es doch. – Aber was machst du ? – Du sitzt rum und jammerst, dass du mit dem Exposé nicht vorankommst. Wozu in aller Welt brauchst du ein Exposé, frag ich mich. Du hast den Vertrag doch längst in der Tasche.«
    Â»Um mich zu vergewissern«, sagte Henry und wusste, noch während er sprach, dass das Unfug war.
    Â»Bullshit«, sagte Birte, »sei nicht so schlaff, kämpfe! – Zeige meinem Vater, dass er nicht recht hat.«
    Â»Was? – Womit denn, womit hat er nicht recht?«
    Â»Damit zum Beispiel, dass du unfähig bist, eine Familie zu ernähren«, sagte Birte. »Beweise ihm das Gegenteil!«
    Â»Das ist doch Kinderkacke«, sagte Henry, »und das weißt du genau.«
    Â»Finde ich nicht«, sagte Birte, »das finde ich ganz und gar nicht.«
    In derselben Nacht, wenige Minuten nachdem sie miteinander geschlafen hatten und kurz bevor ihnen die Augen zufielen, gestand Birte, dass sie noch ein wenig Geld auf der hohen Kante habe, abgezweigt über die Jahre von den Zuwendungen ihrer Eltern und auch der Großeltern, Geld, das bei sparsamer Lebensweise wenigstens ein Jahr reichen müsste. Sie einigten sich darauf, dass Henry sein Buch aus dem Exposéstadium führen und Birte sich nach einer bezahlbaren Wohnung umschauen sollte.
    Einen Monat später fand Birte tatsächlich eine Wohnung, dreieinhalb Zimmer, Stuck, Viermeterbalkon zur Südseite, gelegen an einer verkehrsreichen Ost-West-Verbindungsstraße, sechsspurig, in der Mitte das Gleisbett der Straßenbahn, die vom Wedding bis nach Friedrichshain führte.
    Birte hatte Peter gefragt, ob der sich umhören könne, hatte genau beschrieben, wie viel Platz sie benötigten und was sie zahlen konnten, und Peter hatte die Frage an einen Klienten weitergereicht, den er in einer Familiensache vertrat und von dem er wusste, dass er mit Immobilien handelte.
    Peter machte sie auch mit den polnischen Bauarbeitern bekannt, die schon in seiner und Cynthias Wohnung kleinere Umbauten und Reparaturen erledigt hatten. Während Henry auf dem Balkon stand, rauchte und den Verkehrsstrom betrachtete, führte Birte die Polen durch die Wohnung und erläuterte die Aufgaben: Sämtliche Tapeten mussten runter, die Wände sollten verputzt und weiß gestrichen, die Dielen geschliffen und geölt werden. Fensterrahmen und Türen bedurften ebenfalls eines frischen weißen Anstriches. Sämtliche Materialien

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