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Kopf Unter Wasser

Kopf Unter Wasser

Titel: Kopf Unter Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Kubiczek
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Kräften der Druiden durch eine Zauberwelt namens Ancaria führte, um sich im Internet über die verschiedenen Wehen zu informieren. Er sah sich die Wetterprognose der nächsten Tage an. Er verglich Windelpreise, suchte nach Testberichten für Dreiräder und Schulranzen.
    Die baumlose Ost-West-Magistrale glühte in der Sonne, achtunddreißig Grad im Schatten, es sei der heißeste Sommer seit Langem, hieß es in den Nachrichten.
    Manchmal rief Birte nach ihm, dass er ihr aufhelfe oder die Vorhänge mit Wasser besprühe, das dann in Sekundenschnelle wieder auf dem Stoff verdunstete.
    Erst am Abend zog Henry die Vorhänge zurück und öffnete alle Fenster. Der leichte Durchzug trocknete seine Stirn. Er begoss den Steinfußboden des Balkons mit Wasser. Die Blumen in den Kästen waren längst verdorrt. Dann begleitete er Birte, die duschen wollte, ins Bad.
    Als Henry ihr den Rücken abtrocknete, versuchte er zu erkennen, ob sich ihr Bauch abgesenkt hatte. Es kam ihm so vor, er war sich aber nicht sicher.
    Â»Meinst du, es kommt heute?«
    Â»Der Termin ist übermorgen«, sagte Birte, »aber die Wehen häufen sich. – Es tut höllisch weh.«
    Â»Und das ist erst der Anfang «, sagte Henry und wusste im selben Moment, dass Birte den Satz falsch auffassen würde. Sie war seit Tagen gereizt, sie wollte ihn falsch verstehen, sie bekam rote Flecken im Gesicht, und sie sagte: »Na vielen Dank, an deiner Stelle würde es mir auch leichtfallen, solche Sachen zu sagen. – Ich wünschte, du hättest die Schmerzen, die ich habe. Nur für eine Minute.«
    Sie gingen hinaus, um eine Kleinigkeit zu essen, und fanden zwei Querstraßen weiter eine Kneipe, absichtsvoll schäbig, ein bisschen zu cool. Birte bestand darauf, sich an einen der Straßentische zu setzen. Alle anderen Gäste waren jünger, tranken Bier aus Flaschen, unterhielten sich übers Studium, über Projekte, über Pläne für die Zukunft und wirkten optimistisch dabei.
    Henry bestellte ein Glas Sekt für Birte, weil die Hebamme behauptet hatte, dass Sekt die Sache beschleunigen werde, und ein Bier für sich, dazu eine Portion Dim Sum aus dem Bambusdämpfer.
    Dann wurde es dunkel, und die Kellnerin stellte Windlichter auf die Tische. Henry bestellte ein weiteres Bier und eine Limonade. Sie saßen schweigend nebeneinander, manchmal nahm er Birtes Hand, um sie zu drücken.
    Um halb elf zahlte Henry die Rechnung, bestellte ein Taxi vor die Kneipe und rannte, während Birte sitzen blieb, in die Wohnung zurück, wo neben der Tür die gepackte Krankenhaustasche stand. Er schnappte sich die Tasche und sprintete zur Kneipe zurück. Als er dort ankam, außer Puste, schwitzend und mit Seitenstichen, stieg Birte, assistiert vom Fahrer, gerade in das Taxi ein.
    Der Fahrer nickte Henry zu und verstaute die Tasche im Kofferraum. Dann ließ er den Wagen an, Henry nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
    Â»Ditt erste, wa?«, sagte der Taxifahrer.
    Â»Ja«, sagte Henry und sah sich nach Birte um, die kerzengrade und mit aufgerissenen Augen auf der Rückbank saß.
    Â»Alles okay?«
    Birte nickte.
    Â»Nu machen Se sich ma keene Sorjen«, sagte der Fahrer, »ick hab selba drei Töchta, mittlaweile sind se groß und ham ooch Familie. – Fragen Se nich, wie viele Frauen ick mitta Taxe zur Entbindung jefahren hab. Ick könnts nich sahjen, ick weeß nur eens: Wir sind noch imma pünktlich jewesn.«
    Â»Schön zu wissen.«
    Â»Wo sollet denn hinjehn?«
    Â»Kladow«, sagte Henry, »draußen an der Havel.«
    Â»Mann oh Mann, da ham Se sich aba ne schöne Strecke ausjesucht.« Der Fahrer setzte den Blinker und fuhr los. Henry ließ sich ins Sitzpolster zurückfallen. Immer wenn Birte hinten im Fond stöhnte, drehte er sich um und versuchte zu lächeln.
    Nach der Hälfte der Strecke – sie befanden sich auf der Straße des 17. Juni, und Birtes Stöhnen war lauter und länger geworden – begann der Taxifahrer Anekdoten aus der Kindheit seiner Töchter zu erzählen und hörte damit erst wieder auf, als sie die Krankenhauseinfahrt passierten. Henry gab ihm zehn Euro Trinkgeld. Der Taxifahrer klopfte ihm zum Abschied auf die Schulter.
    Henry nahm die Reisetasche, Birte hakte sich bei ihm unter, und sie liefen zu Haus 13 rüber, einem zweistöckigen Gebäude, das die Geburtsstation beherbergte. Beim

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