Kopfgeld auf Han Solo

Pricina war unvorsichtig. Die meisten Menschen waren unvorsichtig. Sie schätzten die wunderbaren Dinge, die sie besitzen konnten, nicht genug und behüteten sie nicht ausreichend. Eigentlich sollte er deshalb den Saphir noch eine Weile bewachen. 4-LOM studierte das wertvolle Stück immer, wenn er alleine war. Seine Facetten faszinierten ihn und schimmerten selbst in der schwächsten Beleuchtung. Einmal hielt er den Saphir an seine eigene Stirn, spürte aber nichts Ungewöhnliches: Es war ein schöner Stein, der gegen seine Gesichtsplatte gedrückt wurde, nicht mehr und nicht weniger. Möglicherweise war der Stein sogar imstande, kranke Menschen zu kurieren, überlegte er. Aber er, ein Droid, konnte nichts von ihm erwarten.
    Dennoch gab er den Stein nicht zurück. Seine Tat wurde nie entdeckt. Niemand verdächtigte 4-LOM des Diebstahls. Und von da an stahl 4-LOM monatelang von den Passagieren, die er »bediente«, und sagte sich, er müsse mithelfen, wertvolle Dinge zu schützen. In Wirklichkeit aber fand er den Akt des Diebstahls an sich erregend.
    Schließlich war Diebstahl eine sehr menschliche Tat, und er begriff plötzlich, welche Freude sie bereitete. Um sie zu verüben, mußte 4-LOM elegante, komplizierte Programme entwickeln, die seine ethische - und seine droidische -Programmierung überlagerten. Und so programmierte 4-LOM sich Stück für Stück neu - in einer Weise, daß er jetzt das Verbrechen aufregend fand, daß er den Besitz von Gegenständen schätzte, daß er unvorsichtige nichtmechanische Vernunftbegabte verachtete. Bald begannen ihn die jetzt berechenbaren Optionen für Verbrechen an Bord der Kuari Princess zu langweilen, und er ging in Darlyn Boda von Bord, ohne sich abzumelden. In der düsteren kriminellen Unterwelt jenes Planeten verkaufte 4-LOM den größten Teil der gestohlenen Schmuckstücke, gab den Rest in Kommission und begann ein ausschließlich dem Verbrechen und dem Nervenkitzel gewidmetes Leben.
    Er war so erfolgreich, kalkulierte er, daß eine Verbindung mit Jabba dem Hutt unvermeidbar wurde. Als das Angebot kam, nahm 4-LOM es schnell an. Jabba ließ ihn als Gegenleistung für seine Dienste als Kopfgeldjäger mit tödlichen Kampfwaffen und den dafür erforderlichen Programmen ausrüsten. Die Zusammenarbeit mit Zuckuss war der nächste logische Schritt, weil 4-LOM der Ansicht war, er könne, wenn er Zuckuss gründlich studierte, dessen intuitive Fähigkeiten erwerben.
    Er speicherte den gesamten visuellen und auditorischen lnput aus der Umgebung Zuckuss' in den Augenblicken unmittelbar vor und nach dem entscheidenden Schuß auf den fliehenden Rebellentransporter - die Momente der Intuition. 4-LOM würde sie zusammen mit all den anderen Daten über Zuckuss' Intuition studieren, die er in Jahren der Beobachtung gesammelt hatte.
    Das waren weitere Daten auf seiner beständigen Jagd nach Verständnis. Er war fest überzeugt, daß sich dieses Verständnis bei ihm einstellen würde. Eines Tages würden die Methoden der Intuition für ihn offensichtlich werden, und er würde sie nutzen.
    Was würde dann wohl die nächste Fähigkeit sein, die er sich erschloß? fragte er sich.
    Darth Vaders schwarzes Schiff, die Executor, kam in Sichtweite, und 4-LOM leitete die Andockmanöver ein. Während er damit beschäftigt war, berechneten Subprozessoren in seinem künstlichen Bewußtsein die Antwort auf seine letzte Frage. Plötzlich wußte er, was sein nächstes Ziel sein würde, sobald er die Intuition gemeistert hatte.
    Schließlich war das die einzig logische Antwort.
    Er würde lernen, mit der Macht umzugehen. Ihre dunkle Seite würde ihm bei seiner Arbeit ein wichtiger Verbündeter sein.
    Sobald er 4-LOM verlassen hatte und mit seinem Schmerz allein war, blieb Zuckuss stehen und hielt sich an einer Haltestange fest. Der Schmerz in seinen Lungen wurde immer schlimmer und war immer schwerer zu kontrollieren. Die Sauerstoffverbrennungen konnten nicht heilen.
    Er wußte, daß er diese Schwäche vor den anderen Kopfgeldjägern verbergen mußte, aber ganz besonders vor Darth Vader. Wie er so dastand, vor Schmerz unfähig, sich zu bewegen, wurde ihm bewußt, daß er die Verschlimmerung seines Zustands auch vor 4-LOM geheimhielt.
    Zuckuss überraschte es, daß 4-LOM, nachdem er sich die Verletzungen zugezogen hatte, überhaupt bei ihm geblieben war. 4-LOM hatte ihm eines Tages ganz ruhig mit seiner logischen, emotionslosen Droidenstimme erklärt, daß andere Kopfgeldjäger seiner Schätzung nach 1,5