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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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esoterische Gespräche. Während sie die Kinder ins Bett brachte, sah ich mir mäßig interessante Dokumentarfilme auf staatlichen Fernsehkanälen oder CNN an. Zweimal die Woche hatten wir Sex: Mittwochs nachdem die Kinder im Bett waren und samstags nach einem eleganten Abendessen in einem Sternerestaurant.
    Ich erfand Geschichten für meine Kinder und versuchte mich Dienstag- und Donnerstagnachmittags als Basketballtrainer in der Schule meines Sohnes. Der Umgang mit Kindern wirkt Wunder auf die Seele, doch trotz aller Seelenpflege weigerte sich mein Verstand zu kooperieren. Ich hätte glücklich sein sollen oder zumindest zufrieden. Nach mehr als einem Jahr einer gesunden Ernährung und konsequenter sportlicher Betätigung war ich topfit und mein Leben schien geordnet.
    Leider war ich dabei auch einem Nervenzusammenbruch näher als je zuvor. Die psychologisch bedingte innere Distanz, die ich zu meiner neuen Rolle als Familienvater und Ruheständler hatte, wurde nicht kleiner, sondern größer. Ich war zum Familienmensch geworden, aber aufgrund meiner eigenen Familiengeschichte und meiner persönlichen Beschaffenheit konnte ich damit nichts anfangen. Familienglück war nie Teil meiner Vision und spielte in meinem absurden Wertesystem keine Rolle. Seit zwei Jahrzehnten war ich darauf konditioniert, mir den Kick auf andere Weise zu holen. Die emotionale Befriedigung, Vater und Ehemann zu sein, wollte sich einfach nicht einstellen, weil ich mich ihr verschloss.
    Ich vermisste die Aufregung und Spannung, die damit verbunden ist, riesige Geldsummen zu investieren, Unternehmen zu bewegen und Schicksale zu verändern. Ich war noch nicht an dem Punkt, an dem ich mich von weltlichen Ambitionen und dem Streben nach Ruhm und Reichtum verabschieden wollte. In mir brodelte es noch immer, weil der Traum, Necko zu übertrumpfen, erst teilweise erreicht war. Ich war eine verlorene Seele im Paradies. Meine falschen Götter fragten sich, wo ich, Kind und Schüler des Marktes, wohl stecke. Welche Verschwendung!
    Die Terrorangriffe vom 11. September bedeuteten eine gewaltige Erschütterung der Märkte. Mein Instinkt sagte mir, etwas sehr Ernstes sei im Gange, und zwar nicht nur an den Märkten (die bereits sehr schwach waren), sondern in den Köpfen der Marktteilnehmer. Ich spürte eine Furcht und Unberechenbarkeit, die leicht zu Fehlbewertungen führen konnten. Zunächst verlor ich mit meiner Aktieninvestition Geld, weil der Markt erneut einbrach, nachdem das zweite Flugzeug in das World Trade Center flog. An diesem Punkt dachte ich, dass dieses Ereignis alle möglichen Auswirkungen haben würde, nicht nur wirtschaftliche. Vielleicht würden wir einen beschleunigten Bärenmarkt erleben, eine chaotische Situation, die ich ausnutzen könnte. In einem steigenden Markt kann jeder Idiot Geld verdienen, denn die Flut nimmt alle Boote mit. In einer freundlichen Umgebung ist es sehr schwer, sich von der Masse abzuheben. Diese neue Situation war die perfekte Chance, ein neues Imperium zu gründen.
    Ich finde es absolut unlogisch, dass Anleger versuchen, in guten Zeiten, wenn alle kaufen, in den Markt einzusteigen. Die Logik diktiert, dass chaotische Märkte und selbst Katastrophen die besten Gewinnchancen eröffnen. Wenn sich die Wogen geglättet haben, stabilisieren sich die Märkte und steigen. Sowohl Necko als auch mein Großvater Hans Lang demonstrierten das während des Kriegs und noch überzeugender in den gesetzlosen, chaotischen Nachkriegsjahren. In harten Zeiten ist die Konkurrenz erschüttert und gelähmt. Wendige Unternehmer tun sich leichter, unzufriedene und frustrierte Kunden abzuwerben. Vor mir lag eine riesige Chance. Ich konnte dem Ruf des Marktes nicht länger widerstehen.
    Die Zeichen waren nicht zu übersehen: Die Märkte waren angeschlagen. Alle Parameter zur Erstellung von Kursprognosen waren 2000 bis 2001 aus dem Gleichgewicht geraten. Das europäische Hedgefondsuniversum war in weniger als einem Jahrzehnt um das Zehnfache auf mehr als 600 bösartige Wettbewerber angewachsen. Ich war davon überzeugt, dass die Cleversten unter ihnen bei einem Marktzusammenbruch lediglich bescheidene Renditen erzielen oder gerade eben das eingesetzte Kapital retten konnten. Ich wusste, wie man Katastrophen in Millionengewinne verwandelt. Wenn wir die Märkte richtig ausspielten, würden wir uns deutlich von unseren Wettbewerbern unterscheiden und ihnen um Lichtjahre voraus sein. Es war höchste Zeit, sich wieder auf den Geldzug zu

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