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Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Homm
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schwingen.
    Schließlich hörte ich auf, vor Langeweile die Wände hochzugehen, kehrte zum aktiven Management meiner eigenen Fonds zurück und begann, gewaltigen Profit aus dem Markteinbruch zu schlagen. Kurz nach meinem Ausstieg aus VMR war mir aufgefallen, dass der Aktienkurs des Unternehmens als Folge des Marktzusammenbruchs vom Zehnfachen des Buchwerts – ein geradezu absurder Aufschlag auf den inneren Wert – fast auf Penny-Stock-Niveau gesunken war. Der Aktienkurs schwankte um einen Euro; ich hatte meine Anteile für knapp unter 40 Euro pro Aktie verkauft. Ich dachte, ich könnte einfach einen Teil meiner Einnahmen nehmen, einige toughe Spekulanten anrufen und eine feindliche Übernahme zu einem Aufschlag von bescheidenen 30 Prozent organisieren und das Unternehmen dann entweder zerschlagen oder es zu vier Euro pro Aktie weiterverkaufen. Abgesehen von Kevins Beteiligung war die Aktionärsstruktur breit gestreut. Das Unternehmen war zu einer unterbewerteten, wehrlosen leichten Beute geworden, die nur darauf wartete, geschlachtet zu werden. Das wäre wie ein Elfmeter ohne Torwart.
    Ich verfügte über reichlich Bargeld und genug hinterhältige Komplizen, um VMR in die Enge zu treiben und auseinanderzunehmen. Für ungefähr acht Monate Arbeit würde ich netto rund fünf bis acht Millionen Euro kassieren. Das klang nicht nur machbar, sondern extrem logisch. Meine damalige Frau unternahm die größten Anstrengungen, um mich davon zu überzeugen, dass die Familienharmonie sehr darunter leiden würde, wenn ich VMR übernehmen und ihren Bruder sowie den gesamten Vorstand feuern würde. Außerdem meinte sie, Kevin verdiene seine Chance, sich seinen Unternehmertraum zu erfüllen. »Was hat das mit Gewinnmaximierung oder so zu tun?«, fragte ich mich.
    Meine Konflikttoleranz ist sehr hoch, wenn es um Gewinnerzielung geht. Ich gab schließlich nach, allerdings nicht, weil mir ein wenig mehr Familienspannungen schlaflose Nächte beschert hätten. Das würde nicht passieren. Gut, Kevin war mein bester Freund gewesen (bis er, wie ich schon erwähnte, die Exfrau meines Bruders heiratete). Daher wünschte ich ihm generell alles Gute, und das machte schon etwas aus. Es waren jedoch zwei Faktoren, die mich dazu veranlassten, meine Meinung zu ändern. Erstens war dieses Projekt langweilig. Ich hatte bereits mehrmals feindliche Übernahmen getätigt, Unternehmen zerschlagen und Greenmailing betrieben. Zweitens, und das war wichtiger, würde ich um ein Vielfaches mehr Geld verdienen, wenn ich mich auf die Goldader aller Finanzprojekte konzentrieren würde: die Gründung einer reinen Hedgefondsgesellschaft.
    Was konnte man heutzutage schließlich mit fünf Millionen Euro nach Steuern noch anfangen? Dafür würde ich einen suboptimalen gebrauchten Privatjet und vielleicht einige zweitklassige Landschaftsimpressionisten bekommen. Wie wäre es mit einer echten Jacht, einem majestätischen maurischen Strandpalast mit 1.860 Quadratmetern, einem anständigen Gästehaus mit 740 Quadratmetern, einem Hubschrauberlandeplatz und einem angemessenen Domizil für die Familie und Gäste auf Mallorca, einem kleineren Gästehaus für deren Gäste, einem großen Landsitz mit zehn Schlafzimmern und Möglichkeiten zum Jagen und Angeln sowie einigen weiteren alten Meistern, um den trübsinnig wirkenden, kahlen Säulengang rund um den Innenhof meiner mallorquinischen Villa zu schmücken. Zwar hätte ich jedes dieser Spielzeuge so auch schon kaufen können, aber ich wollte dafür auf keinen Fall meine Investmentreserven angreifen. Es war dringend nötig, dass ich mich auf ein anderes unternehmerisches Projekt konzentrierte. Und dieses Mal musste es so groß sein, dass es meinen unersättlichen Hunger auf Reichtum und Luxus stillen konnte.
    Es war viel besser, etwas ganz Neues zu beginnen. Der kluge Einsatz positiver, kreativer Energie bietet grundsätzlich mehr Vorteile als die negative Energie, die notwendig ist, um ein wehrloses kleines unterbewertetes Unternehmen zu zerlegen. Es ist daher viel sinnvoller, sich auf große Vorhaben zu konzentrieren.
    Nachdem ich ein Jahr vertrödelt hatte, hatte sich meine Gesundheit dramatisch verbessert. Die letzte Magnetresonanztomografie zeigte, dass die Hirnläsionen weniger geworden waren und die große Läsion im Nackenbereich fast verschwunden war. Es sah nicht so aus, als würde ich in absehbarer Zeit auf einen Rollstuhl angewiesen sein. Der Wechsel von Zigaretten zu Zigarren hatte meine Lungen befreit, das

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