Kopfjagd
jemandem die Kehle durchzuschneiden
oder eine Frau zu vergewaltigen und doch immer ungeschoren
davonzukommen.
»Ich fahre Waren zu Gomez in Huila«, sagte ich. »Ich habe eine Transportgenehmigung von Capitan Ortiz, dem Polizeichef von Bonito.«
»Kommen Sie ins Haus«, befahl er, »wo wir Sie anschauen können.«
Das Lokal war dürftig von einer Ölfunzel erleuchtet, die von
einem der Stützbalken an der niedrigen Decke
hing. Sie saßen zu viert an einem langen Holztisch, zwei hatten
die Pistolen im Anschlag, als ich eintrat. Sie trugen die gleichen
litzenverzierten Jacken und gekreuzten Patronengurte wie der Mann
hinter mir, und wären da nicht ihre amtlichen Silberabzeichen
gewesen, hätte es einem niemand verdenken können, wenn man
sie mit Männern auf der anderen Seite des Gesetzes verwechselt
hätte.
Sie sahen auf beunruhigende Weise
alle gleich aus. Dichte Schnurrbärte, unrasierte Kinnpartien,
finstere mißtrauische Blicke. Der einzige, der seinen Sombrero
nicht auf hatte, schien das Kommando zu führen. »Wen haben
wir denn da?«
»Ich liefere Nachschub per LKW
an Gomez in Huila.« Ich holte die Transporterlaubnis heraus und
zeigte sie her. »Hier meine Papiere.«
Er studierte sie und gab sie zurück. »Luis Delgado, zu Ihren Diensten, Sir.«
»Zu Ihren«, gab ich höflich zurück.
»Wollen Sie hier übernachten?«
»Wenn es möglich ist, ja.«
»Kein Problem. Was,
Tacho?« Er blickte über die Schulter zu dem alten,
weißhaarigen Mann, der hinter der kleinen Bar stand. »Der
Señor wünscht Unterkunft. Kümmerst du dich
darum?«
Der alte Mann, der ausgesprochen besorgt aussah, nickte
eifrig. Delgado kicherte. »Die springen,
diese Hinterwäldlerschweine hier. Ich brauche nur mit der Peitsche
zu knallen. Geben Sie mir die Ehre, etwas mit mir zu trinken,
Señor?«
Es war ratsam, diese Aufforderung nicht abzulehnen.
Ich kippte das Glas Tequila, das er mir anbot, hinunter, wünschte
ihm Gesundheit und begab mich zur Bar. Der alte Mann, Tacho, hatte
offensichtlich Angst. Wirkliche Angst. In seinen Augen stand ein
stummer Hilferuf, dem ich aber nicht entsprechen konnte, weil ich
überhaupt nicht wußte, worum es hier eigentlich ging. Ich
hatte damals noch keine Ahnung, daß diese Besuche von Delgado und
seinen Leuten eine lange Vorgeschichte hatten.
Delgado schlug mit der Hand heftig
auf den Tisch. »Das Essen, du Miststück! Du Stück
Scheiße, du, wo bleibt unser Fraß?«
Tacho eilte ans andere Ende der Bar.
Dort ging die Tür auf, und eine junge Frau aus der Küche
erschien. Wie ich später erfuhr, hatte sie kurz zuvor ihren
siebzehnten Geburtstag gehabt. Sie sah aber etwas älter aus, wie
das bei Mischlingsfrauen meistens der Fall ist. Sie trug den
üblichen knöchellangen Rock und eine indianische Bluse. Ihr
schwarzes Haar hing in einem einzigen geflochtenen Zopf an ihrem
Rücken hinunter.
Sie war klein, denn ich war gut
fünf Zentimeter größer als sie und bin selbst kaum
einen Meter siebenundsechzig: dunkle, ganz dunkle Augen, hohe
Backenknochen, breiter Mund, und eine Haut wie blassestes Oliv, die
mich an meine eigene Mutter erinnerte – Gott hab' sie selig. Sie
war nicht schön. Trotzdem verspürte ich, nachdem ich mich
abgewandt hatte, den Drang, sie noch einmal anzusehen.
Ihr Gesicht war völlig
ausdruckslos. Sie stellte das Tablett auf dem Tisch ab und wandte sich
wieder zum Gehen, als sie Delgado am Handgelenk festhielt. »He,
nicht so schnell, kleines Blümchen. Einem feinen Mann schmeckt
sein Fraß erst, wenn er eine kleine Vorspeise gehabt hat.«
Er faßte sie am Kragen ihrer
losen Bluse und zog ihr diese über die Schultern, nur um zu
entdecken, daß sie darunter ein Mieder trug.
Er lachte donnernd. »Dame spielen, was? Das werden wir gleich haben.«
Sie aber zog ihm die Fingernägel über die
Wangen, daß er blutete. Er schlug sie so hart ins Gesicht, wie er
es auch bei einem Mann getan hätte, dann legte er sie mit Gewalt
übers Knie und grapschte mit einer Hand unter ihren Rock.
Seine Freunde brüllten vor
Vergnügen, und als der alte Tacho hinter der Bar hervorgerannt
kam, um einzugreifen, erhielt er von einem von ihnen einen solchen
Stoß, daß er bis zur Wand zurücktaumelte und zu Boden
fiel.
Das Mädchen wehrte sich
verzweifelt, aber zwei andere der Kerle kriegten sie an den
Handgelenken zu fassen und zogen sie so auf dem Rücken über
den Tisch. Sie schrie nicht, sie zeigte auch keinerlei Furcht. Sie
wehrte
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