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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Scholz
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21.00 Uhr hatte ich Julia bei einem Telefonat informiert, dass es später werden würde.
    Sie hatte Verständnis und wünschte mir viel Spaß.
    Oh, wie sie wusste, wie wenig Spaß mir so was machte…
    Der auf diese Weise verlorene Schlaf würde sich wi eder bemerkbar machen. Ich war höchst reizbar – versuchte dies so gut es ging zu überspielen. Ertappte mich aber dabei, wie ich auf Fehler meinerseits förmlich zu lauern schien. So war es kein Wunder, dass ich mit voranschreitender Uhrzeit stiller und stiller wurde.
    Herr Cho – neben dem ich platziert worden war – musterte mich dann und wann.
    Irgendwann veranlasste mich ein menschliches Bedürfnis dazu die Örtlichkeiten aufzusuchen. Als ich die Kabine verließ, stand Herr Cho am Waschbecken und wusch sich die Hände. Ich konnte mich nicht erinnern, die Spülung des Pissoirs gehört zu haben.
    Höflich lächelte ich ihm zu und wartete, dass er mir Platz machte. Als er sich zur Seite bewegte und das benutzte Papierhandtuch in den Mülleimer fallen ließ, sprach er mich an: „Ich darf mir erlauben zu bemerken, dass Ihre Anspannung mir über den Abend hinweg aufgefallen ist.“ Er machte eine taktische Pause. „Das bekommt Ihnen nicht.“ In seiner Stimme schwangen Tadel und Besorgnis gleichermaßen mit.
    Das fehlte mir noch, mich von Mr. Miyagi hier anal ysieren zu lassen. Das wäre das Letzte, das ich mir in meiner gegenwärtigen Verfassung gewünscht hätte.
    Als hätte er meine abweisende Schroffheit erwartet, hob er seine Rechte und gebot mir Einhalt.
    „Man ist nur halb hier, wenn die Nacht einem den Schlaf raubt.“
    Wenn er mehrfach über die letzten Wochen dem B üro einen Besuch abgestattet hätte, so wäre ihm mein Verfall offensichtlich gewesen. Aber er war erst heute mit seiner Delegation durch unsere Tür spaziert.
    Frühere Gespräche hatten mit meinen Chef oder per Vide okonferenz stattgefunden.
    Wie konnte er also davon wissen?
    Der Moment meiner offensichtlichen Fassungslosigkeit wurde von ihm verkürzt, in dem er weiter sprach: „Wir schätzen Effektivität. Ich habe Ihre Vorschläge und Modelle geprüft und für unsere Anforderungen für sehr dienlich befunden. Doch fürchte ich, dass die von uns gewünschte deutsche Präzision Schaden erleiden könnte, wenn Sie die von uns gewünschten Änderungen in dem Zustand angehen, in dem Sie sich augenblicklich befinden.“
    Ich hob an , mich rechtfertigen zu wollen, egal wie lahm und undifferenziert meine Argumente sich mir darboten und… schluckte sie runter. Irgendwann muss man sich eingestehen, dass man sich selbst etwas vormacht.
    „Mein lieber Herr Wendemann, ich glaube , Sie missverstehen mich.“
    Schon wieder schien er einen raschen Blick in meinen Kopf geworfen und sich über die dort herrschende Buchstabe nsuppe amüsiert zu haben.
    „Ihre persönlichen Sorgen sind es, die Ihnen zu schaffen m achen. Sie drücken Sie förmlich nieder, man kann es an Ihren Schultern und an der Haltung Ihres Kopfes erkennen. Aber besonders an Ihrem Blick.“
    Er griff bei den folgenden Worten in seine Jackeninnentasche: „Ich durfte Ihrer Präsentation heute Nachmittag folgen. Sie besitzen den Blick für das Wesentliche unserer Sache. Doch wirkt die Klarheit, die Sie dafür benötigen, leider getrübt. Erlauben Sie mir…“, mit diesen Worten förderte er einen kleinen Lederbeutel hervor, „…Ihnen zu helfen, damit Sie anschließend mit Ihrer Expertise uns helfen können?“
    Er reichte mir den Beutel.
    „Bitte nehmen Sie.“
    Ich nahm ihn entgegen. Nachtschwarz war die Farbe, samtig fühlte er sich an. Ein samtiger Lederbeutel. Ungewöhnlich.
    „Traumsand. Er wird Ihnen helfen, das Wesentliche von dem Unwesentlichen zu trennen.“
    Alles hätte ich erwartet – nur nicht das.
    Fest im Blick meines Gegenübers gehalten, akzeptierte ich das Geschenk, indem ich eine leichte Verbeugung andeutete.
    „Verwenden Sie ihn achtsam!“, mahnte mich Herr Cho, dann gebot er mir zu folgen.
    So kehrten wir an den Tisch zurück, an dem ich binnen der nächsten Minuten seitens meines Chefs in ein Gespräch verwickelt wurde, das es mir nicht erlaubte über das soeben Erlebte nachzudenken.
    Irgendwann sah ich Herrn Cho noch einmal bewusst.
    Er lächelte mir vielsagend zu und klopfte kurz auf die Stelle seines Jacketts, an der sich die Tasche befand, deren Inhalt nun bei mir weilte.
    Ich tat es ihm gleich, weiterhin eher ahnungslos , doch mit der Gewissheit, dass sich in meiner Tasche das befand, was Herr Cho dort

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