KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes
“Baumeister Ben“ ins Bett befördert hatten, klingelte mein Handy.
Julia – zwei Weingläser und eine Flasche unserer Lieblingsmarke in der Hand – schüttelte mit Nac hdruck ihren Kopf.
Ebenso nachdrücklich gab mein akustischer Diener zu ve rstehen, dass er nicht klein bei geben wollte.
Nach dem siebten Klingeln nahm ich ab.
Nicht ohne den kleinen Pfeilen entgegen zu zwinkern, die meine Traumfrau mir aus ihren Augen entgegen schoss.
Doch der Pfeil , der mich traf, war der Anruf selbst.
„Ich hoffe, Sie fanden was Sie suchten?“
Herr Cho. Sein sprachlich asiatisch gefärbtes Deutsch würde ich unter Tausenden wieder erkennen.
Keine Begrüßungsfloskel. Seltsam.
Das passte so gar nicht zum ihm, dachte ich mir während ich ihm an twortete: „Vielen Dank, Herr Cho. Es hat Wunder gewirkt.“
Julia bekam diese Aussage mit und zog die Auge nbraue hoch. Ich nickte ihr zu, drehte mich dabei zur Seite. Instinktiv ahnte ich, dass Herr Cho vielleicht nicht begeistert wäre, wenn ich anderen von seinem Geschenk erzählte.
„Das freut mich zu hören, Herr Wendemann.“ Er holte tief Luft. Ich konnte hören, dass ihm das Atmen schwer fiel.
Das war… unerwartet.
„Sie mögen entschuldigen“ , sprach er weiter, „wenn ich es wage, Sie in Ihrer Freizeit zu konsultieren…“ Er hustete.
„Ach, ich bitte Sie“, wiegelte ich ab.
„Sie sind zu gütig. Leider hat sich eine Situation ergeben, wegen der ich etwas von dem Sand benötigte.“ Wieder ein rasselndes Luftholen. „Da ich nicht in der Lage bin, zum Ursprungsort des Sandes zu kommen und die Zeit leider drängt, hoffe ich, dass Sie mir etwas davon zukommen lassen könnten.“ Husten. Stille. Ich wartete. Dann ließ Herr Cho sich wieder hören. „Ich werde Ihnen meinen Sohn vorbeischicken, wenn Ihnen dies keine Umstände bereitet…“
„Natürlich nicht…“, beeilte ich mich zu sagen.
„Meine Adresse…“, hob ich an zu sprechen.
„… Habe ich bereits von Ihrem Unternehmen bekommen“, beendete er mein Angebot.
„Es tut mir leid, die Zeit drängt. Und ich hoffe, Sie nehmen mir diese Störung nicht übel.“
Ich versicherte ihm erneut, dass dies kein Problem für mich darstellte.
So kamen wir überein, dass sein Sohn in einer kna ppen Stunde bei mir vor der Haustür ankommen würde. Herr Cho bedankte sich in aller Form und legte dann auf. Das Sprechen schien ihm zusehends schwerer gefallen zu sein. Ich hatte ein ungutes Gefühl, als ich mein Handy auf den Küchentisch legte.
Julia sah mich an.
„Schlechte Neuigkeiten?“
„Vielleicht. Bin nicht sicher“, murmelte ich und mac hte mich mit einer Entschuldigung davon – ins Schlafzimmer. Wo ich den nachtblauen Lederbeutel zuletzt gesehen hatte.
Zu meiner Überraschung war er nicht mehr dort.
Ich suchte meine Seite des Bettes ab, dann ging ich auf die Knie und schaute darunter.
Wollmäuse, ein von Staub überzogenes Magazin das ich mindestens schon dreimal gesucht hatte und ein zusamme ngeknüllter Socken.
Kein Lederbeutel.
Ich atmete laut aus.
Als ich den Kopf hob, konnte ich Julia im Türrahmen lehnen sehen. Immer noch mit den beiden Weingläsern und der Fl asche bewaffnet.
„Was wird das, Schatz?“
Sie war – interessiert.
Und das durfte sie auch sein.
Während ich mich erhob, erzählte ich die Geschichte um das Ledersäckchen in Kurzform – ließ allerdings aus, in wie weit mir der Inhalt geholfen hatte. Wenn er denn geholfen hatte. Vielleicht war das alles nur Einbildung. Und der Sand eine Form von Surrogat. Eine Art psychologisches Placebo.
Herr Cho schien allerdings d arauf zu schwören.
Also… vielleicht doch kein Hirngespinst? Egal.
„Und nun will er es zurück?“ Julia dachte laut.
Immer wenn meine Traumfrau laut denkt, heißt es Achtung zu bewahren.
Ich bejahte – erwähnte auch, dass ihm die Angel egenheit sehr peinlich zu sein schien. Und er sich nicht gut angehört hätte.
Das gab den Ausschlag.
Auch meine Traumfrau hat ihre Ticks.
Jemand mit einem Tick oder einer Macke ist in der Lage , die Macken seiner Mitmenschen zu verstehen und gut zu heißen.
„Wie sagst du, sah das Säckchen noch mal aus?“
„Nachtblau.“
Julia sah mich an.
„Ich weiß, wo es ist.“
20 Minuten später – unter Übertretung einiger Te mpobeschränkungen innerhalb geschlossener Ortschaften – hielt ich mit quietschenden Reifen an unserem Grundstück und sprang aus dem Wagen.
Zweimal musste ich mit dem Schlüssel ansetzen bis ich ihn ins
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