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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Scholz
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machte sie dicht. Eine Woche lang sprach sie kein einziges Wort mit mir. Sie ließ mich keinesfalls links liegen, oh nein. Sie lächelte mich an und jede Situation aus.
    Und war meine Sphinx. So nah und doch so unnahbar.
    Nach sechs Tagen Ewigkeit hatte sie mich genau da, wo sie mich haben wollte. Am Ausgangspunkt.
    Plus meiner Akzeptanz ihrer Haltung.
    Am Abend dieses sechsten Tages gingen wir gemeinsam ins Bett und wir lagen nebeneinander – so nah und doch so fern zugleich.
    Ich starrte die stuckverzierte Decke des Schlafzi mmers in dieser unserer ersten gemeinsamen Wohnung an und sah wie Autoscheinwerfer von Zeit zu Zeit über sie huschten und kurze Schattenspiele zauberten.
    Als ich mich damit abgefunden hatte, mich dem Schlaf zu ergeben, fand ihre Hand die meinige. Und drückte sie – sanft aber nachdrücklich. Und flüsterte die folgenden Worte: „Menschen sind seltsam. Ich habe sie eigentlich nie wirklich verstanden. Du bist die einzige Ausnahme, Liebling. Du bist mein Vertrauen. Vielleicht sind meine Vorschläge ja meine Art dir dafür zu danken, dass du mich so siehst, wie nur du mich sehen kannst.“
    Julia war nie ein Mensch vieler Worte gewesen.
    Auch jetzt schien sie jedes abwägen zu wollen, zu müssen.
    Ich drückte ihre Hand in stiller Erwiderung und hörte sie atmen.
    „Bitte verlang nicht von mir, dass die Öffentlichkeit über meinen Anteil an deinen Schöpfungen weiß. Nenn es meinetwegen Angst… Oder auch nur Desinteresse…“
    Sie schwieg nach diesen Worten.
    Ein Schweigen, das nicht nach einer Antwort heischt.
    Und ich gab ihr zu verstehen, dass ich sie verstand und dies respektierte.
    Sie wandte mir ihr Gesicht zu und es war niemals schöner als in dieser ansonsten lausig kalten Septembernacht, die einen zwang sich in Nachtwäsche zu packen, die keinen anderen Zweck hatte als den Träger und die Trägerin warm zu halten.
    Und als wir uns ansahen, verflog die Kälte und dann gab es nur noch diesen Blick. Die Nähe. Die Wärme. Sehr lang g enossene friedvolle und dennoch lustvolle Wärme.
    Und wer braucht schon Nachtwäsche, wenn er den anderen hat?
    Eben!
    Ben kam auf den Tag genau 9 Monate später auf die Welt. Meine – unsere – größte Schöpfung. Ungeplant.
    Und deshalb mit nicht einer zusätzlichen Verbesserung ve rsehen.
    Julias und mein Staunen nahm kein Ende.
    Nach anfänglichem Stirnrunzeln beiderseits akzeptierten wir das Geschenk des Lebens und lernten uns neun Monate lang darauf zu freuen.
    Und bereuten es seither keinen einzigen Tag.
    Und so, wie er nun – knapp zwei Jahre alt – dort im Sand saß, bekleidet mit seinem Lieblings-T-Shirt auf dem “Bob der Baumeister“ prangte, war es wohl nicht nur ein Geschenk sondern Schicksal, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt.
    „Ganz der Vater“ , lächelte meine Traumfrau, wenn sie ihre zwei Traummänner sah.
    Und Ben lächelte das selig unschuldige Lächeln eines Kindes, während er Welten der Vergänglichkeit aus Sand schaffte.
    So schloss sich der Kreis. Und ein neuer öffnete sich.
    Denn auch wenn wir in den ersten Monaten in uns erer Dreizimmerwohnung das Glück im Raum der kleinsten Hütte fanden und lebten, so zeigte unser Junior uns, dass dieser Raum mehr und mehr beengte. Und so tat ich was jeder gute Architekt tun muss: ich entwarf unser persönliches Traumhaus.
    Selbstverständlich mit Julias Unterstützung. Und so pendelte ich von nun an zwischen drei Baustellen: dem derzeitigen Zuhause, dem künftigen und meiner Arbeitsstelle.
    Die mich mehr denn je in Anspruch nahm, denn ein chinesischer Investor hatte sich unser Architekturb üro als Partner ausgesucht.
    Diese Übereinkunft wurde mit einem Umtrunk besi egelt, bei dem mein Chef und meine Kollegen versuchten, es mit dem Durst der asiatischen Geschäftspartner aufzunehmen.
    Was ein fataler Fehler war. Denn binnen kurzem lag das deutsche Team hoffnungslos zurück. Was aber niemandem wirklich etwas auszumachen schien – bis auf mich und den Senior der Chinesen, Herrn Cho.
    Er sah aus, als wäre er schon bei der Errichtung der chines ischen Mauer mittleren Alters gewesen. Seine ganze Person drückte Zurückhaltung aus. Bis auf seine Augen. Diese sprühten vor Leben. Und musterten jeden genauestens. Dazu hatte er genügend Zeit, als es zu vorgerückter Zeit lauter und ausgelassener wurde.
    Ich dachte an meine Familie und wünschte mir nichts sehnl icher als zu gehen. Aber so etwas kann man sich bei einer neu begründeten Partnerschaft nicht leisten. Schon um

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