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KOR (German Edition)

KOR (German Edition)

Titel: KOR (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Pechmann
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hatte es sogar geschafft, Freundschaften zu anderen Kollegen zu knüpfen. Alles ging so lange gut, bis sie Lyon mit einer ihrer Freundinnen, einer Asiatin, im Bett erwischt e . Julia erinnerte sich nur ungenau daran, was danach geschehen war. Sie hatte sich gefühlt, als würde in ihr eine Bo m be explodieren. Als sie wieder klar denken konnte, glich die gemeinsame Wo h nung einem Trümmerfeld. Lyon hatte das Weite gesucht. Von ihrer Freundin wurde sie wegen schwerer Körperverletzung angezeigt. Seitdem ging sie fremden Männern aus dem Weg. Seitdem mochte sie mit Asi a tinnen nichts mehr zu tun haben.
    „Wie heißen Sie eigentlich?“, fragte sie den Soldaten.
    „Peter, Ma’am. Peter Mason.“
    Eigentlich interessierte es sie einen Dreck, wie dieser Kerl hieß. Sie mochte es nur nicht, von einem stummen Schatten verfolgt zu werden. „Sehen wir in der Messe und in der Küche nach, Peter.“
    „Aye, Ma’am.“
    Peter Mason ging voran, seine Glock im Anschlag. Am Ende des Flurs drückte er die Tür zur Kantine auf. Er suchte nach einem Lichtschalter. Als er ihn gefunden hatte, betätigte er ihn. Sofort flackerten die Neonlampen an der Decke auf und tauchten die Messe in ein farbloses Licht. „Alles klar, Ma’am.“
    Ein gammliger Geruch drang in ihre Nase, als sie den weiten Raum betrat.
    Der Gestank stammte von fünf Tellern, auf denen sich die Essensreste i n zwischen schwarz verfärbt hatten. Falls die Module des Kraftwerks das ganze Jahr über nicht funktioniert hätten, so wären die Fleisch- und Nudelreste nun tiefgefroren. So aber hatte sich Schimmel gebildet. Sie bemerkte auch einige Maden, die tot zwischen den Essensresten lagen.
    An der Wand rechts von ihr standen drei vor sich hinsummende Autom a ten. Sie konnte wählen zwischen kalten Getränken, Kaffee und Süßigkeiten. Julia hatte gehört, dass in manchen Stationen auch Bankautomaten standen. Sie fragte sich, wem dies etwas bringen sollte. Die Glasfronten des Getränke- und des Süßigkeitenautomaten waren angelaufen. In dem dritten Automaten befand sich wahrscheinlich noch Kaffeepulver, aber bestimmt kein Wasser mehr. Und wenn doch, dann war es voller Salmonellen oder ähnlicher Bakt e rien.
    An der Türseite der Messe hingen zwei großformatige Fotogra f ien. Die eine zeigte die Forschungsstation in einer Seitenansicht. Bei der anderen handelte es sich um ein Gruppenfoto der Mannschaft. Das Team bestand aus fünf Frauen und fünfzehn Männern. Ihr Vater stand genau in der Mitte. Einen Moment lang blickte sie sehnsüchtig auf sein lachendes Gesicht.
    Sie wandte sich vom Foto ab. „Werfen wir noch einen Blick in die Küche.“
    Peter nickte und trat vor die Schwingtür, die beide Räume voneinander trennte.
    Der faulige Geruch in der Küche machte sich um ein Vielfaches deutlicher bemerkbar, als der in der Messe. Sie schaltete das Licht ein. Der Herd mit vier Hitzefeldern und die weitläufige Arbeitsfläche in der Mitte des Raumes ähne l ten der Ausstattung eines durchschnittlichen Restaurants. Zu den G e brauchsgegenständen gehörten auch eine Spülmaschine, Geschirrschränke und Besteckläden sowie zwei Aufbewahrungsschränke für Konserven.
    Aufgrund der Aufnahmen, die John Arnold ihnen in dem Vortragsraum von Travis gezeigt hatte, wusste sie bereits, was sich in dem großen Emaill e topf befand, der auf dem Herd stand. Herumliegende Messer, Schäler und Kochlöffel schufen in ihr die Vorstellung, dass der Koch jeden Moment z u rückkommen würde.
    Der kurze Aufenthalt genügte ihr. Sie verließ die Küche durch die Tür, die sie wieder zurück in den Flur führte.
    Peter, der von ihrer spontanen Reaktion überrascht wurde, folgte ihr. „Was jetzt, Ma’am?“
    „Ich muss das Zimmer meines Vaters finden.“ Sie schritt an dem Treppe n haus und an den Zugängen zu den Duschen vorbei. Es gab vierzig Wohnei n heiten. Ihr Vater hatte vorgehabt, seine Station in Zukunft auch anderen Expeditionen zur Verfügung zu stellen. Julia hatte die Zähigkeit und den Idealismus ihres Vaters stets bewundert. Krisen schienen ihm nichts ausz u machen. Natürlich zeigte er sich niedergeschlagen, nachdem er seine Stelle an der Universität verloren hatte. Doch nach wenigen Wochen hatte er mit ihr über sein neues Projekt gesprochen, das er so schnell wie möglich angehen wollte. Julia hätte beinahe der Schlag getroffen, als er ihr die Summe genannt hatte, die er für den Bau von KOR benötigen würde. Einundvierzig M illionen Euro. Keine Forschungsstelle

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