KOR (German Edition)
rannte.
„Alles in dieser Station funktioniert! Es muss sich noch jemand hier aufha l ten!“
„Es funktioniert deswegen, da das Blockheizkraftwerk noch nicht seinen Geist aufgegeben hat.“
Julia funkelte Chad wütend an. „Sie hoffen geradezu, dass wir meinen Vater nicht finden, Mr. Kruger. Das ist es doch, nicht wahr?“
„Ich hoffe gar nichts, Miss Whitehead. Ich denke nur, dass man uns b e grüßt hätte, wenn sich noch jemand in der Station aufhielte. Das scheint bis jetzt noch nicht der Fall zu sein. Sind Sie etwa anderer Me i nung?“
„Sie können mich mal, Kruger!“ Julia setzte sich wieder in Bewegung. Sie betrat den Treppenschacht. „Ich sehe mich oben um.“
„Jemand sollte ihr folgen“, raunte Arnold.
Richards nickte einem seiner Kameraden zu, der sich sogleich auf den Weg machte.
Chad versuchte, nicht länger an das kurze Gespräch mit Julia zu denken. Es würde sicherlich noch öfter zu Auseinandersetzungen dieser Art kommen, solange sie sich auf KOR aufhielten. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Flur. Die weißen Wände gaben Deck Eins das Aussehen eines sterilen Krankenhauses. Im Gegensatz dazu fielen die Türen durch ein tiefes Blau ins Auge. „Mr. Norton, wir warten auf Ihre Angaben.“
Der Konstrukteur drängte sich nach vorn , als wäre er ein Stadtführer, der einer Gruppe Sonntagsausflügler einen Vortrag hielt. „Hier auf Deck Eins liegt die Krankenstation. Es gibt hier ebenfalls drei Labors und eine Bibli o thek. Eine Cafeteria ist auch vorhanden. Am vorderen Ende sind die BHKW-Module untergebracht. Von mir aus können Sie machen, was Sie wollen. Ich werde jedenfalls die Motoren anfeuern.“
„Lassen Sie sich nicht aufhalten“, erwiderte Maggie.
„Durch Sie sowieso nicht.“ Er richtete seinen Blick auf Yui. „Wollen Sie mir Gesellschaft leisten, Miss Okada?“
Yui trat unmerklich einen Schritt zurück. „Ich sehe mir lieber einen der a n deren Räume an.“
Nortons Miene versteinerte sich. „War nur eine Frage.“
„Jetzt ziehen Sie schon Leine, Mr. Norton“, bemerkte Arnold. „Ein paar Grad mehr hier drinnen schaden niemand.“
Jeffrey Norton drehte sich um und marschierte davon.
Maggie kicherte leise. „So etwas nennt man wohl beleidigte Leberwurst.“
Chad klatschte in die Hände. „Also los, Leute. Teilen wir uns auf.“
3
Simon Radcliffe betrachtete die Laboreinrichtung. Er hatte gehofft, eine We i le ungestört zu sein. Doch Chad Kruger war ihm gefolgt. Simon hatte nichts gegen den Professor einzuwenden. Er schien ganz in Ordnung zu sein, wenn auch ein wenig exzentrisch.
Der eigentliche Grund, weswegen Simon ein wenig Ruhe suchte, lag nicht darin, dass er schüchtern oder ein symptomatischer Einzelgänger gewesen wäre. Vielmehr mochte er das Team nicht sonderlich. Die einzelnen Mitgli e der passten nicht zusammen. Von Anfang an hatte zwischen allen Teilne h mern eine angespannte Atmosphäre geherrscht. Simon vermutete, dass Julia Whitehead kein geschicktes Händchen darin besaß, ein geeignetes Team z u sammenzustellen. Wie kam sie überhaupt auf die Idee, jemanden wie Jeffrey Norton mitzunehmen? Norton kam ihm unheimlich vor. Er hegte den Ve r dacht, dass in ihm eine gewisse Aggression schlummerte, vor der man sich besser in Acht nehmen sollte. Seine Aufmerksamkeit schien sich immer stä r ker auf Miss Okada zu fokussieren. An einsam gelegenen Orten , sowie unter extremen Bedingungen konnten psychisch-labile Zustände unerwartet zu einer Katastrophe führen. Simon war zwar kein Psychiater, aber er hatte seine Erfahrungen gemacht, als einer seiner Kameraden vor zwei Jahren in der Station Andrée I völlig durchgedreht war. Um die Station hatte ein Pola r sturm mit 300 km/h gewütet. Fritz Salinger hatte plötzlich den Verstand verloren. Er war mit einem Küchenmesser durch die Gänge gerast und hatte wahllos auf die Teammitglieder eingestochen. Erst zwei Schüsse in seine Oberschenkel hatten ihm Einhalt geboten. Nachfolgende Psychotests hatten ergeben, dass Fritz seit Jahren an einem Trauma gelitten hatte. Ob Norton ebenfalls ein Trauma plagte, konnte er natürlich nicht sagen. Möglicherweise machte ihm ein gewöhnlicher Minderwertigkeitskomplex zu schaffen. Doch selbst das würde schon ausreichen, um im Extremfall durchzuknallen.
„Wie sieht es aus?“ Chad stand neben der Eingangstür.
Simon ließ seinen Blick über das Laborinventar gleiten. Die Spülen glänzten wie neu, die Schränke waren mit den gewohnten Chemikalien
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