KORNAPFELGRUEN
macht.“
„Der zelebriert nichts, und von subtiler Erotik habe ich auch noch nichts bemerkt.“
„Ach, tu doch nicht so unschuldig“, sagte Sabina und grinste wieder einmal reichlich anzüglich, „ihr beiden Hübschen seid bereits mittendrin!“
4
„Ich bin in diese Rolle nach und nach und mit der Zeit hineingewachsen“, erklärte Fritzi gerade, während Camilla etwa zum hundersten Mal um den Block kreiste, um einen Parkplatz zu ergattern. Normalerweise wäre sie ja längst ausgeflippt vor Ungeduld, aber dank Fritzis Redseligkeit war sie abgelenkt.
„Damals nach dem Tod meiner Frau und gerade frisch pensioniert, da musste ich ja irgendetwas finden, um mich zu beschäftigen. Zwar hätte ich sofort wieder heiraten können, ziemlich wohlhabend sogar, aber danach stand und steht mir bis heute nicht der Sinn.“
Camilla stieg hart auf die Bremse, sie hatte gerade im Rückspiegel gesehen, wie hinter ihr ein Wagen aus einer Lücke stieß. Sie legte den Rückwärtsgang etwas zu hastig ein. Das Getriebe ächzte beleidigt.
„Am besten überlassen Sie das Reden zuerst einmal mir“, fuhr Fritzi ungerührt fort, so als habe er das unangenehme Geräusch gar nicht gehört.
„Ich kenne Frau Winkler-Knoblauch jetzt schon mehrere Jahre, wir kommen sehr gut miteinander klar. Die Lady schätzt mich überaus, das darf ich ohne zu übertreiben sagen. Ich habe Sie übrigens wärmstens angekündigt, Camilla. Keine Sorge, ich bin sicher, Sie kriegen den Job.“
Camilla quetschte den Wagen in die eigentlich etwas zu knappe Lücke. Es war nicht zu vermeiden, dabei die Stossstange des Hintermannes zu touchieren. Anschließend auch die des vorderen Autos.
„Touch-In“, pflegte Richard diesen Einparkstil zu nennen. Den er hasste, wohlgemerkt.
Fritzi räusperte sich auf dem Beifahrersitz.
„Bravo, gut gemacht, schöne Frau! Sie sind eine prima Autofahrerin. Mit Köpfchen und Gefühl. Ich darf Ihnen sagen, mit Ihnen am Steuer fühlt man sich sicher und wohl.“
Sie fuhr zusammen und starrte ihn einen Moment lang von der Seite her an. Wollte der alte Knabe sie etwa auf den Arm nehmen?
Sein Gesichtsausdruck wirkte allerdings so heiter und gelassen, dass sie diesen Verdacht sofort wieder fallen ließ. Dafür gönnte sie sich ein Sekündchen, um sich ebenso kurz wie heftig über das nette Kompliment zu freuen.
„Vielen Dank, Fritzi!“ – sie beugte sich zu ihm hinüber und schmatzte ihm ein herzhaftes Bussi auf die Wange. Er hatte es sich redlich verdient.
Richard pflegte ihre Fahrkünste entweder zu ignorieren (wenn alles gut lief) und sofort harsch oder hämisch – je nach Schweregrad - zu kritisieren, sobald er der Meinung war, Camilla habe einen Bock geschossen.
Sie warf einen raschen Blick auf ihre Armbanduhr. Kurz vor elf Uhr vormittags an diesem Mittwoch. Perfektes Timing.
Der Termin mit Frau Winkler-Knoblauch in der Senior-Model-Agentur HERZBLATT war für elf Uhr eingeplant. Sie würden pünktlich auf die Minute eintrudeln.
Für den Nachmittag hatte Camilla – DANIEL ANRUFEN! – im Terminkalender stehen.
Sie würde ihm eine positive Antwort geben. Das Thema war einfach zu interessant, redete sie sich selbst ein. Obwohl sie immer noch nicht wusste, wie sie es am besten angehen konnte.
Gestern hatte sie die fertigen Fotos ihres Streifzuges vom Wochenende abgeholt. Die beste Aufnahme war die mit Fritzi gewesen.
Eindeutig!
Er war überraschend fotogen und besaß eine Ausstrahlung, die auch auf dem Test-Foto erhalten blieb. Kein Wunder, dass er als Senior-Model noch eine späte zweite Karriere hatte starten können. Allerdings erschien er Camilla etwas zu alt für einen typischen Womanizer.
Sabina hatte wohl doch Recht gehabt – die Anzahl der Jahresringe war schon wichtig!
Weder zu jung, noch zu alt durfte er sein. Irgendwo schön in der Mitte musste er liegen, derjenige welche ….
Fritzi schied damit also leider aus.
Immerhin warb er ja auch mit seinem Gesicht mittlerweile für Zahnprothesenreiniger – nicht gerade die passendste Beschäftigung für einen klassischen Womanizer.
Camilla musste schmunzeln bei dem bloßen Gedanken an eine Szene wie diese – „Augenblick, Darling, ich will nur schnell meine Dritten rausnehmen zum Reinigen. Damit sie morgen früh wieder sauber aus meinem Gesicht strahlen.“
Der Dunkelhaarige aus dem Café hingegen war zwar im richtigen Alter, aber eindeutig nicht kameratauglich
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