KORNAPFELGRUEN
gewesen.
Sein dümmlicher Gesichtsausdruck hatte Camilla dazu veranlasst, die Aufnahme sofort aus der Datei zu löschen.
Der Rest der Fotos war mal besser, mal schlechter gewesen, was die abgebildeten Mannsbilder betraf. Etwas Besonderes war nicht darunter.
Camilla wurde zusehends bewusster - sie würde weiter im Nebel herumstochern müssen bei ihrer Suche. Die berühmte Nadel im Heuhaufen zu finden, dazu brauchte man vor allem auch Glück. Und den berühmt-berüchtigten Zufall! Aber an den glaubte immerhin auch ein Daniel Kleeberg. Also würde sie ebenfalls – wieder einmal – darauf vertrauen müssen, tröstete sie sich. Nun, es gab Schlimmeres.
Fritzi war bereits ausgestiegen und um den Wagen herum gelaufen. Galant hielt er Camilla die Fahrertüre auf, damit sie bequemer aussteigen konnte.
Auf der Fahrspur nebenan rauschte der Stadtverkehr unvermindert heftig weiter.
Schon alleine deshalb hätte Richard das nie gemacht, was Fritzi hier aufführte! Richard behauptete gerne von sich, weder übertrieben charmant noch lebensmüde zu sein.
„Vielen Dank. Sie sind vom Scheitel bis zur Sohle ein waschechter Gentleman, Fritzi. So wie Sie habe ich mir diesen Typ Mann immer vorgestellt, schon als junges Mädchen.“
Natürlich wollte sie ihm vor allem schmeicheln mit dem Kompliment, weil er versuchte, ihr einen Job zu beschaffen und sich außerdem so vorbildlich und fürsorglich benahm ….
Fritzi warf sich stolz in die Brust. Und sichtlich gerührt war er noch dazu!
Sie hätte es wissen müssen, immerhin war er auch nur ein Mann!
„Ich habe stets etwas übrig gehabt für Frauen. Es ist mir daher nie schwer gefallen, dieses Benehmen. Im Gegenteil, es war mir immer ein tiefes inneres Bedürfnis. Frauen sind so etwas Schönes, Kostbares in meinen Augen, sie machen das Leben für jeden echten Mann doch erst lebenswert.“ - Jetzt klimperte er tatsächlich ein wenig zu heftig mit den Augenlidern! Bemühte er sich soeben, die aufsteigenden Tränchen wegzublinzeln?
Camilla konnte nicht anders, sie musste jetzt einfach ein wenig kichern. Rasch hakte sie sich bei Fritzi unter, damit er gar nicht erst auf die Idee käme, sie habe ihn eben ausgelacht. Dabei nahm sie sich fest vor, einige Bonmots aus der Sprüchekiste des alten Herrn später zuhause aufzuschreiben. Damit sie ihr nicht gleich wieder verlorengingen, denn vom Aussterben bedroht waren solche Sätze aus Männermund allemal.
Frau Winkler-Knoblauch, die Agentur-Chefin war eine vollendete Lady. Etwa Mitte Fünfzig, attraktiv, geschmackvoll gekleidet und von sicherem Auftreten. Sie war Camilla sofort sympathisch.
Fritzi legte der Dame gegenüber ein gänzlich anderes Verhalten an den Tag, als Camilla es von ihm kannte.
Keine Schöne Frau - Floskel, kein Küsschen auf die Wange, dafür ein herzlicher, fester Händedruck und ein offener Blick in die Augen.
Seine ganze Körperhaltung drückte Respekt, aber gleichzeitig auch gesundes Selbstbewusstsein aus – „ Sieh her, ich respektiere dich als ebenbürtig und erwarte die gleiche Behandlung von dir.“
Frau Winkler-Knoblauch schien diese Art Fritzis tatsächlich sehr zu schätzen. Ihre Stimme wurde eine Nuance wärmer, sobald sie ihn persönlich ansprach.
Und sie nannte ihn Friedrich, nicht Fritzi. Was ihm zu gefallen schien. Er sagte Viktoria zu ihr.
„Was wir hier brauchen, Frau Bergen, ist eine Person, die gute Porträtfotos machen kann. Ich benötige von jedem unserer Senior-Models eine möglichst aussagekräftige Fotomappe für Präsentationen. Trauen Sie sich eine solche Aufgabe zu?“ – Viktoria sah Camilla prüfend an.
Die zog – von Fritzi ausreichend vorab informiert – die Ausgabe der MIMI aus ihrer Tasche, in der die Liebespaare abgelichtet waren.
„Urteilen Sie am besten selbst.“
Camilla reichte Viktoria das Heft aufgeschlagen an der richtigen Stelle über den Tisch.
Eine Weile herrschte Schweigen im Raum, bis sich Fritzi vernehmlich räusperte. „Die Bilder sprechen für sich, Viktoria, nicht wahr?“
„Oh ja, durchaus! Ich muss sagen, ich bin sehr beeindruckt, Frau Bergen. Haben Sie denn überhaupt noch Zeit für weitere Aufträge? Ich meine, immerhin arbeiten Sie ja wohl regelmäßig für die Mimi.“
„Nur hin und wieder, Frau Winkler-Knoblauch!“, versicherte Camilla rasch, „ich bin freiberuflich tätig und suche mir meine Aufträge selbst. Oder werde weiter vermittelt -“ – sie warf Fritzi einen raschen Blick zu, den dieser verschmitzt
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