KORNAPFELGRUEN
geführt“, erklärte Viktoria in Camillas Musterung hinein. „Sie müssen sich vorstellen, dass Elly etwa für ein Abführmittel werben soll. Oder eine Salbe gegen Hühneraugen, Sie verstehen, Camilla?“
Elly zuckte während dieser Ausführungen nicht mit der Wimper. Auch für Fritzi schienen Abführmittel und Hühneraugenpflaster etwas völlig Alltägliches zu sein. Camilla dagegen hatte einen Moment lang größte Mühe, sich das Lachen zu verkneifen.
Blitzartig wurde ihr klar, warum ausgerechnet ein Frauentyp wie Elly durchaus gute Chancen in einer Senior-Model-Agentur haben konnte.
Und dann nahte auch schon die nächste Überraschung!
Ehe Camilla noch Elly überhaupt bitten konnte, ihr ins Studio hinüber zu folgen, hatte Fritzi den Arm um die Schultern von Daniel Kleebergs Sekretärin gelegt.
Sie sah aus großen blauen Kinderaugen zu ihm auf und lächelte selig. Für einen Moment lang war alles Mausgraue aus Ellys Gesicht verschwunden, sie wirkte auf rätselhafte Weise jünger und zarter, fast mädchenhaft.
„Viel Glück, meine Elly!“ sagte Fritzi in herzlichem Tonfall, „vertraue nur ganz auf Camilla, die ist eine prima Fotografin. Und so einfühlsam, du wirst sehen. Du wirst wunderschöne Fotos bekommen.“
Camilla hätte zu gern gewusst, woher Elly und Fritzi sich kannten, und vor allem in welcher Beziehung sie wirklich zueinander standen. Sie warf einen kurzen Blick zu Viktoria hinüber, um deren Reaktion zu beobachten. Aber das Gesicht der Agenturchefin zeigte nur ein verbindliches Lächeln, das keinerlei Rückschlüsse auf ihre wahren Gefühle zuließ. Und aus Fritzis Verhalten konnte man wahrlich nichts schließen, soviel wusste Camilla immerhin bereits.
Der konnte es mit den Damen, da gab es keinen Zweifel. Und er mochte Frauen, das war auch klar. Junge, alte, dicke und dünne. Er spielte gerne den Charmeur, und er war gerne der berühmte Hahn im Korb.
Allerdings bezweifelte Camilla eher, dass er auch noch ranging an den Speck – sprich die Ladys flach legte. Allerdings war dies nur ihre ureigenste und ganz private Meinung. Ganz sicher war sie sich nicht in dem Punkt.
Camilla fasste klammheimlich einen persönlichen Plan, der da lautete: Fritzi beobachten, aushorchen und dabei herausfinden -
1.) War er wirklich ein Womanizer im klassischen Sinne und
2.) Wenn ja, nützte er diese Tatsache aus? – und
3.) wenn wiederum ja, dann wie?
Elly nahm sich jetzt sichtlich zusammen und rückte von Fritzi ab, ehe sie fast ein wenig ängstlich in Camillas Richtung blickte.
„Kommen Sie, ich beiße nicht!“ sagte die, was Daniels Sekretärin nicht sehr zu beruhigen schien.
Camilla stieß einen stummen kleinen Stoßseufzer aus.
Die Arbeit mit Elly war sicherlich nicht so angenehm und leicht wie die mit Fritzi. Und sie, Camilla, hatte nicht bis weit in den Abend hinein Zeit, das war ihr soeben auch wieder eingefallen. Richard hatte sie für heute Abend überraschend in ein nettes Restaurant eingeladen. Das kam selten genug vor, da wollte sie nicht zu spät kommen.
„Ich würde Sie hinterher gerne noch kurz sprechen, Camilla, wenn Sie mit Elly fertig sind. Es dauert auch bestimmt nicht lange!“, rief Viktoria, ehe Camilla mit Elly im Schlepptau aus der Tür war.
„Kein Problem!“
„Schönes Wochenende, Camilla!“ rief Fritzi ihr hinterher.
Aus der Tatsache, dass er nur ihr ein schönes Wochenende gewünscht hatte, schloss sie Sekunden später messerscharf: Fritzi würde Elly zumindest an diesem Abend noch sehen.
Oder sogar das Wochenende mit ihr verbringen?
In dieser Senior-Model-Agentur schien mehr geboten zu sein, als man auf den ersten Blick hätte vermuten können!
Elly war zwar kein solches Naturtalent wie Fritzi, aber zumindest hatte sie auch keine Scheu vor der Kamera. Sie konnte charmant lächeln, wenn sie wollte, und besaß eine warme, etwas mütterliche und vor allem natürliche Ausstrahlung.
Abführmittelhersteller und Zahnprothesenreinigerfabrikanten würden von ihr begeistert sein, soviel war Camilla nach den ersten Minuten Arbeit mit Elly bereits klar.
„So ein Zufall aber auch, dass ich Sie gerade hier wieder treffe, Frau Bergen!“
Elly hatte den adrett frisierten, blondierten und mit Strähnchen verzierten Kopf nach links gedreht und blickte nunmehr – nach Camillas Anregung – seitlich in die Kamera.
Ihrem Tonfall war nicht zu entnehmen, ob dieser Zufall sie freute oder nur verwunderte. (Oder ihr sogar unangenehm war?! Immerhin konnte es
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