KORNAPFELGRUEN
Frauen so einen Mann nicht mehr zu schätzen wisst, das wundert mich jetzt schon sehr. Irgendwie begreife ich es einfach nicht!“
Als Camilla und Daniel eine Stunde und zwei Gläser Wein später das Café verließen, nahm er beim Hinausgehen sachte ihren Arm.
Dabei gab es einen kleinen elektrischen Schlag, den beide deutlich spürten. Sie sahen sich einen Moment lang in die Augen und mussten lachen.
Camilla merkte irritiert, wie ihre Knie leicht zu zittern begannen und schob es auf den Wein.
Aber dann ärgerte sie sich prompt gleich darauf wirklich ein bisschen über die Kellnerin.
Das strahlende Abschiedslächeln auf dem Gesicht des Mädchens galt viel zu offensichtlich einzig und allein Daniel.
Als sie wenig später in ihr Auto stieg, fragte sich Camilla ernsthaft, ob dieses ärgerliche Gefühl eben etwa mit Eifersucht zu tun haben mochte?
Rasch schob sie den unangenehmen Gedanken beiseite.
Das wäre ja noch schöner!
Daniel und sie verband - außer einem gemeinsamen Interesse für diesen einen speziellen Auftrag - rein gar nichts, redete sie sich ein, während sie aufs Gaspedal trat.
7
„Stell dir vor, Daniel Kleeberg soll angeblich bereits wieder aufgetaucht sein“, sagte Sabina statt einer Begrüßung, als Camilla am nächsten Tag kurz in der Redaktion vorbeischaute, um die Oralsex-Mappe endlich abzuliefern.
„Tatsächlich? Das ist ja interessant!“
Camilla hatte Sabina bisher nichts von ihrem Job in der Senior-Model-Agentur erzählt. Daher geriet sie jetzt auch nicht in Versuchung, zuzugeben, dass sie, was Daniel anging, bereits im Bilde war.
„Hat er sich denn noch nicht bei dir gemeldet?“ fragte Sabina beiläufig, während sie in den Oralsex-Unterlagen blätterte.
„Bei mir? Er hat sicher Wichtigeres zu tun im Moment, nehme ich mal an.“
„Immerhin hat er dir einen konkreten Auftrag erteilt, da sollte doch in nächster Zeit etwas passieren.“
Camilla zuckte mit den Schultern. „Zuerst einmal fliege ich nächste Woche mit Richard nach San Francisco“, sagte sie und hoffte, Sabina damit vom Thema Daniel Kleeberg ablenken zu können.
„He, das ist ja super!“ – prompt erschien in Sabinas Augen dieses gewisse Glitzern, das Camilla nur zu gut an der Schwester kannte. Es war so eine Art Jagdfieber, das da glimmte.
„Wir haben nämlich die Absicht, in einigen Monaten im Reiseteil San Francisco mit seinen Bars, Kneipen und Cafés vorzustellen, dazu ein wenig die dortige gerade aktuelle Musikszene zu beleuchten. Du könntest also gleich in der Richtung für uns ein bisschen recherchieren, Schwesterherz. Dann wird es dir wenigstens nicht langweilig an der Seite deines Göttergatten.“
Sabina war so sichtlich begeistert von der Aussicht, dass Camilla aufatmete.
Sie hatte es geschafft - das Thema Daniel Kleeberg war vom Tisch, vorerst zumindest. Sie wollte nicht auch noch über ihn reden müssen. Es genügte schon, dass er ihr nicht mehr aus dem Kopf ging!
Camilla brachte die fertigen Fotos von Daniel und Simon in der Agentur vorbei.
Viktoria betrachtete die Bilder ein Weilchen und nickte dann: „Genau, was ich erwartet hatte! Diesen Daniel Kleeberg können wir vergessen, der hat noch eine viel zu jugendliche Ausstrahlung. Allerdings ist er fotogen, das muss man auch sagen. In zehn Jahren dürfte er unser Mann sein. Der andere dagegen könnte eventuell bei dem einen oder anderen Casting jetzt schon eine Chance haben. Wir nehmen ihn auf alle Fälle in die Kartei. Ich werde ihn bald anrufen und es ihm sagen!“ – Viktoria nickte zufrieden und legte die Fotos beiseite. Dann sah sie auf - „Ich bin wirklich sehr zufrieden mit Ihrer Arbeit, Camilla. Sie verstehen es, die Persönlichkeit eines Menschen mit der Kamera einzufangen. Das ist genau das, was wir brauchen.“
Camilla, die sich über das Lob freute, verspürte gleichzeitig Mitleid mit dem armen Simon.
Da kam er mit seinen 39 Jahren glatt noch vor dem drei Jahre älteren Daniel in die Kartei einer Senior-Model-Agentur. Konnte man so etwas tatsächlich einen Erfolg nennen? Vielleicht, wenn man eine Menge schwarzen Humors besaß ….
Was Daniel Kleeberg anging, so hatte Camilla beim Betrachten der Fotos den gleichen Eindruck wie Viktoria gehabt.
Nämlich, dass er verdammt gut aussah und in etwa zehn Jahren wohl auch in die Agentur-Kartei passen mochte. Frühestens.
Warum bloß hatte seine Frau Gianna diesen attraktiven Mann verlassen? Wenn eine
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