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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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abendlichen Himmel, bekränzt von einem Lichtbogen aus flammenden Rottönen. Elieshi setzte sich auf einen der umgestürzten Mauerreste, legte eine Verschnaufpause ein und beobachtete, wie Richard seinen Kompass herauszog. Sein Blick war auf das Display gerichtet, während er ein paar Schritte nach rechts ging, sich umdrehte und wieder zurückmarschierte. Die Anzeige lieferte widersprüchliche Daten. Krausnick hatte ganz recht gehabt. Hier musste wirklich etwas im Untergrund stecken. Als er sah, dass Elieshi ihn beobachtete, ging er zu ihr hinüber.
    »Ich versuche herauszufinden, was mit unseren Leuten geschehen ist«, erläuterte er auf ihren fragenden Blick hin. »Dieser Ort besitzt einige wirklich sehr ungewöhnliche Eigenschaften. Die Nadel sollte normalerweise nach Norden zeigen, siehst du? Doch stattdessen pendelt sie unschlüssig hin und her. Warte mal, ich habe noch ein anderes Gerät.« Er holte sein GPS heraus und schaltete es ein. Doch der Apparat lieferte nur elektronisches Kauderwelsch. Keine Ortsangaben, keine Längen- und Breitenanzeige, nicht mal die Höhenanzeige funktionierte. Elieshi schaute eine Weile auf die sich ständig verändernden Symbole, dann schüttelte sie den Kopf. »Kaputt?«
    »Kaputt? Nein, eher verwirrt«, sagte Richard. »Ich verstehe es auch nicht. So kommen wir jedenfalls nicht weiter.« Er steckte die Geräte wieder weg und sah zu dem Eingang der Pyramide hinüber. In der Dämmerung wirkte die Öffnung dunkel und Unheil verkündend.
    »Ich muss noch mal in die Pyramide hinein«, sagte er. »Möchtest du mit?«
    Elieshi nickte, dann stützte sie sich auf ihren Stab und stand auf. Er wollte ihr helfen, doch sie lehnte sein Angebot ab. Über dem Portal waren die Schlingpflanzen weggerissen und weggehackt worden. Überall lagen Rankenteile herum, manche von ihnen mehrere Zentimeter dick. Auf einer Breite von einigen Metern hatte man die Verzierungen des Türsturzes freigelegt, was einen ungehinderten Blick auf die seltsamen Zeichen ermöglichte. Eines der Symbole war mit mechanischer Kraft – einem Pflock oder Stein – in den Fels hineingetrieben worden und hatte so vermutlich den Öffnungsmechanismus ausgelöst. Der Abdruck einer schweren Steinplatte war auf dem Boden zu sehen.
    Richard hatte die Pyramide mit den Soldaten bereits untersucht, war aber das Gefühl nicht losgeworden, dass sie irgendetwas übersehen hatten. Das Gefühl wurde stärker, als er das Gebäude betrat. Er blieb stehen und ließ den Lichtstrahl durch das düstere Gewölbe kreisen. Ein merkwürdiger Geruch, der ihm beim ersten Mal nicht aufgefallen war, lag in der Luft. Eine Andeutung von Ozon, so als habe hier vor kurzem eine UV -Lampe gebrannt. Er ließ den Kegel seiner Lampe weiter durch die Halle schweifen. Nichts schien sich verändert zu haben.
    Elieshis Gesichtsausdruck schwankte zwischen Ehrfurcht und Angst. Mit zaghaften Schritten trat sie auf die Wandfriese zu und betrachtete die Bilder. Richard begleitete sie und richtete das Licht auf die Stellen, die sie interessierten. Vielleicht war es ja eine glückliche Fügung des Schicksals, dass sie ihn begleitete. Unter Umständen war sie in der Lage, den merkwürdigen Bildnissen einen Sinn zu verleihen.
    »Ja, die sind uns bei unserem ersten Besuch auch schon aufgefallen«, sagte er in die Stille hinein. »Wundervolle Arbeiten, nicht wahr, wenn auch ein wenig beängstigend. Ich habe keine Ahnung, was sie bedeuten. Zukünftige Generationen von Forschern werden daraus eine Menge ablesen können. Zum Beispiel das hier.« Er deutete auf eine Reihe von Bildern, auf denen ein paar dieser Pflanzenwesen im Kampf gegen affenähnliche Kreaturen zu sehen waren. »Irgendeine Ahnung, was das bedeuten könnte?«
    Die Bugondefrau trat näher. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Auf ihrer Haut hatte sich trotz der Kälte eine dünner Schweißfilm gebildet. »N’ekru«, flüsterte sie.
    »Ja, das habe ich mir gedacht.« Richard dachte mit Schaudern an das Wesen, das ihr Lager angegriffen hatte. Die Ähnlichkeit war nicht von der Hand zu weisen.
    »Hohepriesterin … hat gewusst … mir erzählt.«
    Richard trat näher und lauschte. Elieshi sprach bruchstückhaft und mit starkem Dialekt, aber sie schien tatsächlich etwas von dem zu verstehen, was hier zu sehen war.
    »Was hat sie erzählt? Was ist das hier für ein Ort?«
    Die Kriegerin humpelte weiter, ihre Augen wie gebannt auf die Friese geheftet. Sie sah aus, als würde sie etwas suchen. Endlich blieb sie

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