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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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sterben. Das erste Geschoss war eine Halbliterflasche mit Reinigungsalkohol. Sie zerbarst beim Aufprall und ergoss ihren Inhalt über die knotige Außenhaut. Eine Stichflamme hüllte den Oberkörper ein und ließ ihn hell aufleuchten. Doch das war erst der Anfang. Hintereinander landeten Benzin, Öl und Mullbinden auf dem Wesen und verwandelten es in eine lebende Fackel.
    Elieshi war vergessen. Wütend und verzweifelt fuhr die Kreatur herum und suchte nach dem Urheber für diesen Angriff. Doch es war zu spät. Die verbliebenen Soldaten hatten ihre Chance erkannt und handelten sofort. Einer der Soldaten hatte den Flammenwerfer ausgepackt und verwandelte den Schauplatz in ein Meer aus Glut und Asche. Heißer Wind blies Stewart ins Gesicht. Er lief zu Elieshi hinüber und zog sie aus dem Gefahrenbereich. Die beiden stürzten zu Boden.
    Das Wesen schrie und taumelte. Ein Singen, als würde man frische Zweige ins Feuer werfen, erfüllte die Luft. Gleichzeitig breitete sich ein beißender Gestank aus. Doch noch immer stand die Kreatur auf zwei Beinen. Wild um sich schlagend, rannte sie durch das Lager und setzte die Zelte in Brand. Dann näherte sie sich der Sicherheitsabsperrung. Es gab ein kurzes Aufblitzen der automatischen Gewehre, dann zündete eine der Tretminen. Eine schwere Explosion erschütterte das Plateau. Brennende Pflanzenmaterie flog durch die Luft und fiel klatschend zu Boden. Die Ranken wanden und krümmten sich, brannten jedoch noch weiter. Die Soldaten zögerten nicht lange und verbrannten die Reste mit ihrem Flammenwerfer. Stinkend und rauchend verendete das Wesen inmitten der Trümmer des zerstörten Lagers.

52
    M ellie strich über Karls Kopf. Seine Gesichtsfarbe war in den letzten Minuten immer heller geworden. Kreideweiß und schweißbedeckt lag er da, während sich seine Brust flatternd hob und senkte. Ein hässlicher dunkelbrauner Fleck verunstaltete sein Hemd. Ein Segen, dass er ohnmächtig war, sie hätte nicht gewusst, wie sie die Schmerzen hätte lindern sollen. Sie hatten keine Medikamente und keinen Alkohol.
    Sie wagte gar nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn sie versuchten, ihn ins Lager zurückzutragen. Aber irgendetwas musste geschehen. Sie konnten ihn ja schlecht hierlassen.
    Sie riss einen Stofffetzen von ihrem Hosenbein ab, befeuchtete ihn mit einem Schluck aus dem Wasserschlauch und tupfte damit seine Stirn. Unruhig wälzte er sich hin und her.
    Ray saß ein wenig abseits und starrte in die dunkle Wolkenbank. Was wohl in seinem Kopf vorgehen mochte? Wie war es überhaupt zu der Auseinandersetzung gekommen? Warum hatte man sie angegriffen?
    Irgendwo über ihnen ertönte eine Reihe klagender Rufe. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass hinter ihr der Himmel pechschwarz geworden war. Ein Schwarm Vögel floh vor der herannahenden Gewitterfront. Wenn es denn überhaupt Vögel waren. In dieser Welt war alles anders. Die Pflanzen, die Tiere, ja sogar die Naturgesetze, alles war fremd. So ähnlich musste sich Robinson Crusoe gefühlt haben, als er auf der kleinen karibischen Insel im Mündungsgebiet des Orinoko gestrandet war. Neunundzwanzig Jahre allein auf einer Insel. Kein Wunder, dass er im Laufe der Geschichte religiös geworden war. Anders war die Situation für einen sensiblen Menschen wohl kaum zu ertragen. Neunundzwanzig Jahre. Sie würden hier nicht mal eine Woche überleben.
    Welcher Gott herrschte hier? War es derselbe Gott, zu dem sie in der Kirche in Napier gebetet hatte? War er auch der Herrscher über diese Welt? Ein Gefühl völliger Einsamkeit hüllte sie ein.
    Auf einmal bemerkte sie eine Bewegung am Rande des Plateaus. Sie kniff die Augen zusammen. Da waren mehrere Gestalten, die von rechts näher kamen.
    »Ray?«
    »Hm?«
    »Sieh mal da drüben.«
    Der Ire drehte seinen Kopf und beschirmte seine Augen mit der Hand. Drei runde, dunkelbraune Gestalten kamen von der entfernten Baumreihe zu ihnen herüber. Sie waren breitschultrig, mit langen Armen und kantigen Köpfen.
    »Sind das Gorillas?«, murmelte sie.
    »Das werden wir gleich erfahren.« Ray stand auf und hielt dabei seine Seite. Mellie legte Karl sanft auf den Boden, stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose. Die drei Tiere kamen langsam auf sie zu. Ihre Bewegungen waren vorsichtig und beherrscht. Es war schwer, im Gegenlicht Details auszumachen. Mellie erkannte jedoch, dass die drei von höchst unterschiedlichem Alter und Aussehen waren. Der vorderste kam ihr bekannt vor. Es war der Gorilla, den

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