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Korona

Korona

Titel: Korona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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stehen. Sie hob ihren Speer und deutete auf ein unförmiges Etwas, das aussah wie eine Mischung aus einem Torbogen und einem Buschbrand.
    »Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Was könnte das sein?«
    »Portal«, flüsterte sie.
    »Ein Portal?« Er runzelte die Stirn. »Erzähl weiter.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Zu gefährlich. Nicht hier sein. Müssen gehen.« Sie machte kehrt und humpelte wieder Richtung Ausgang.
    »Moment. Erst möchte ich ein paar Antworten haben. Was war das mit dem Portal? Willst du damit sagen, dass es hier eine Art Störung gibt, durch die unsere Leute verschwunden sind? Elieshi, warte.«
    Die Bugonde tat so, als hörte sie ihn nicht.
    »Und der N’ekru? Ist er vielleicht durch diese Öffnung zu uns gekommen? Ich muss es wissen, Elieshi. Hat eure Schamanin von dem Portal gewusst? Hat sie meinen Freunden den Weg hierher gezeigt?«
    Er hatte sie eingeholt und legte seine Hand auf ihre Schulter. Wie von der Tarantel gestochen fuhr sie herum und richtete den Speer auf seine Kehle. Richard nahm seine Hände zurück, hielt sie aber weiter mit seinen Augen gefangen.
    Eine Weile widerstand die Kriegerin seinem Blick, dann senkte sie den Kopf. Ein leichtes Nicken bestätigte seinen Verdacht. »Dann war es kein Zufall, dass sie meinen Freunden den Weg hierher verraten hat?«, fragte er. »War es beabsichtigt, dass sie hierherkommen? Vielleicht eine Falle, um sie durch das Portal gehen zu lassen? Sag es mir, Elieshi.«
    Ihr Blick sprach Bände.
    »Und der N’ekru? Was ist das? Und erzähl mir nicht, es sei nur eine mythische Sagengestalt. Das Ding, das unser Lager angegriffen hat, war so real wie du und ich.«
    »Ich darf nicht reden.«
    »Doch, das darfst du. Diese Kreatur hat alle deine Leute umgebracht. Deine Stadt ist ausgelöscht. Alle, denen du Stillschweigen geschworen hast, sind tot. Es könnte sein, dass du die letzte Überlebende bist. Wem bist du zur Treue verpflichtet?«
    Sie schwieg. Richard konnte ihr ansehen, dass sie einen inneren Kampf ausfocht. »Komm schon«, drängte er.
    »Was ist mit den N’ekru?«
    Elieshi zitterte. Endlich öffneten sich ihre Lippen.
    »N’ekru früher
Wanderer«,
sagte sie mit leiser Stimme.
    »Wanderer? Du meinst, so wie unsere Leute? Die Menschen, die durch das Portal verschwinden, sind das
Wanderer?«
    »Ohne
Wanderer
keine N’ekru. Wir müssen Versprechen einhalten … frag nicht mehr …«
    Sie schlang die Arme um ihren Leib. Wie ein Häuflein Elend stand sie da und brachte kein weiteres Wort heraus.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Richard. »Ich glaube, ich beginne zu verstehen, was hier geschehen ist. Das ist mehr, als ich zu hoffen wagte.« Endlich fügten sich die Puzzleteile zusammen. Die Bildnisse im Inneren der Pyramide sprachen eine eindeutige Sprache. Wie es schien, bestand ein Pakt zwischen dieser Welt und der anderen. Ein Pakt, der gewährleistete, dass immer wieder Menschen durch das Portal kamen. Wozu sie dienten und was mit ihnen auf der anderen Seite geschah, darüber konnte er nur spekulieren, doch es hatte etwas mit der Erschaffung der N’ekru zu tun. Bei ihnen ging es um eine künstliche Lebensform, erschaffen aus den sogenannten
Wanderern.
Laut den Reliefen speiste sich diese Lebensform aus Menschen, denen es gelungen war, das Portal zu durchschreiten.
    »Komm«, sagte er, als er Elieshi aus dem Schatten der Pyramide auf den offenen Platz hinausführte. »Ich habe genug erfahren. Noch eine letzte Sache, dann können wir zurückkehren.«
    Er legte seinen Arm um sie und begleitete sie über die ehemalige Prachtstraße und durch die Ruinen hin zu der Statue. Dort, so hoffte er, würde er die letzte und entscheidende Antwort finden.

54
    K arl öffnete die Augen. Ein unerträglicher Druck lastete auf seiner Brust. Jeder Atemzug wurde von einem Stechen begleitet. Eine Decke aus Schmerz hüllte ihn ein. Mit zitternden Fingern tastete er nach der Quelle. Ein Holzpflock ragte steil aus seiner Schulter. Er versuchte ihn herauszuziehen, doch ein Schmerzensstrahl ließ ihn zurückfahren. Tränen schossen ihm in die Augen. Nicht viel, und er wäre wieder ohnmächtig geworden. Hastig atmend zog er seine Hand zurück.
    Sein Blick wanderte nach oben. Er lag auf dem Rücken. Über ihm zogen lachsfarbene Wolken über den Himmel. Nach Westen hin türmten sich Wolkengebirge auf, aus denen vereinzelt Blitze zuckten, doch es war kein Donner zu hören. Ein Gewirr aus Holzbalken, Seilen und Segeln war über ihm. Die Stoffbanner flatterten sanft

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