Korona
gespannt.«
»Auch wenn ich dir damit auf die Nerven gehe, aber ich habe mir noch mal Gedanken um William gemacht.«
Amy verdrehte die Augen. »Nicht schon wieder.«
»Bitte, nur noch dieses eine Mal, danach lasse ich dich in Ruhe. Versprochen.«
»Du bist ein unglaublicher Dickschädel, weißt du das?«
»Hast du das auch schon bemerkt?« Sein Lächeln hatte etwas Ansteckendes.
»Also, schieß los. Worüber hast du dir den Kopf zermartert?«
»Ich verstehe nicht, warum er aus dem Ruwenzori verschwunden ist. Er stand auf dem Höhepunkt seines wissenschaftlichen Wirkens. Ein Mann, der jeden Grund gehabt hätte, sich feiern zu lassen, zumal, wenn er einen so sensationellen Fund wie diese Pyramide vorzuweisen hätte. Warum ist er nicht zurückgekommen?«
»Vielleicht ahnte er, dass du kommen würdest?«
Ray schüttelte den Kopf. »Wegen so einer Lappalie hätte er wohl kaum auf den Ruhm, die Presse und die Anerkennung verzichtet.«
Amy hob die Brauen. »Lappalie? Na, ich weiß nicht. Du solltest dich mal sehen, wenn du wütend bist.«
»Ich kenne ihn besser als du«, sagte Ray. »Er ist nicht der Typ, der einer Konfrontation aus dem Weg geht. Er hätte ein paar Leute beauftragt, mich aus dem Weg zu räumen.«
»Na schön. Und warum ist er dann deiner Meinung nach verschwunden?«
»Vielleicht, weil er irgendwo gestrandet ist, von wo er nicht mehr wegkam.« Ray bedachte Amy mit einem vielsagenden Blick. »Erinnerst du dich an die Worte der Hexenmeisterin?
Er ist auf der anderen Seite. Ihr könnt ihm nicht folgen.«
Sie blieb stehen. »Was willst du damit sagen?«
»Vielleicht, dass wir ihm schon längst gefolgt sind. Dass das, was uns hier widerfahren ist, kein Einzelphänomen ist.«
Amy zog die Stirn kraus. »Ist das dein Ernst?«
»Denk doch mal nach: Warum hat uns die Hexenmeisterin überhaupt von dem Heiligtum der N’ekru erzählt? Ihr müsste doch klar sein, dass sie damit unsere Neugier weckt.« Er stemmte die Hände in die Hüften. »Also: Warum hat sie uns davon erzählt?«
Amy überlegte einen Moment, dann sagte sie: »Du meinst, es war eine Falle?«
Ray warf ihr einen zustimmenden Blick zu. »Denk nur an das versunkene Reich von Kitara. Man hat nie erfahren, was aus den Bewohnern geworden ist. Von einem Tag auf den anderen verschwanden sie, und zwar spurlos. Kein Archäologe hat jemals herausgefunden, was aus ihnen geworden ist. Könnte es nicht sein, dass wir einem Geheimnis auf der Spur sind, das seit Tausenden von Jahren besteht und das nie gelöst wurde? Und das aus dem einfachen Grund, weil niemand zurückgekehrt ist, um davon zu berichten?«
Amy versank für einen Moment in Schweigen. »Ich kann nur hoffen, dass du dich irrst; wenn nicht, dann stecken wir alle in mächtigen …«
Schwierigkeiten,
wollte sie noch sagen, doch das Wort blieb ihr im Hals stecken.
»Was ist?«
»Da vorn zwischen den Bäumen«, flüsterte sie. »Siehst du das?«
»Wo?«
Sie deutete geradeaus. Hinter einem der Büsche war eine Bewegung zu sehen. Was immer das war, es war dunkel und riesengroß. Und es blickte genau in ihre Richtung.
38
N ur wenige Meter hinter dem brennenden Tor stießen Richard und die Soldaten auf die erste Leiche. Es war eine alte Frau – oder vielmehr das, was von ihr übrig geblieben war. Ihr linker Arm fehlte, herausgerissen an der Schulter. Muskeln, Sehnen und Knochensplitter ragten aus der Wunde, aus der immer noch Blut sickerte. Es konnte nicht mal eine Stunde her sein, dass man sie getötet hatte. Ihr Gesicht war völlig entstellt. Teile der Kopf- und Gesichtshaut fehlten, ebenso ihr linkes Auge. Ihr Mund, in dem sich nur noch wenige Zähne befanden, war zu einem Schrei geöffnet. Richard unterdrückte ein Gefühl der Übelkeit. Wilcox kramte hektisch in seinen Taschen und holte einen Streifen Kaugummi heraus.
»Auch einen?«
Ohne zu zögern griff Richard zu und schob ihn in den Mund. Der Offizier zog sein Messer, kauerte sich neben die Leiche und begann, die Wunde zu untersuchen.
»Merkwürdig«, sagte er.
»Was ist los?«
»Keine Schmauchspuren, keine metallischen Rückstände, keine Eintrittswunde. Diese Verletzung ist nicht durch ein Projektil oder ein scharfkantiges Metallstück entstanden.«
»Was sonst könnte es verursacht haben?« Richard ging in die Hocke und tat so, als würde der Anblick ihn kaltlassen.
»Schon mal das Opfer eines Großwildangriffs gesehen?«
Richard verneinte. Das war etwas, das ihm in seiner langjährigen Praxis als Wildhüter zum
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