Korridore der Zeit
unter der Decke abhob. »Ich möchte helfen, wenn ich kann.«
»Ja, Sie waren immer ihr Freund. Aber was ist für sie am besten?« fragte die Mutter. »Wir sind nicht sicher. Wir sind nur Erdenbewohner.«
»Mehr bin ich auch nicht«, sagte Lockridge und wünschte, daß sie ihm glaubten.
»Also gut. Heute nachmittag kam dieser Yuthohäuptling und verlangte, daß sie seine ... wie heißt das Wort?«
»Frau«, sagte Lockridge. Er erinnerte sich, daß Withukar schon drei Frauen hatte.
»Ja, daß sie seine Frau werden sollte. Eine Art Sklavin, die alles tun muß, was er sagt. Sie sind klüger als wir und kennen diesen Mann. Er sagte, wir würden damit alle unter seinen Schutz kommen. Ist das wahr? Dieses Haus kann wahrhaftig einen Beschützer gebrauchen.«
Lockridge nickte. Schutz hat seinen Preis, dachte er, sagte es aber nicht.
»Auri weigerte sich«, fuhr ihre Mutter fort. »Er sagte, die Göttin habe ihm erzählt, daß er sie haben könne. Dann begann sie zu toben und schrie nach Ihnen. Wir beruhigten sie ein wenig, gingen dann zum Langhaus. Wir mußten warten, dann sprach die Göttin zu uns und befahl Auri, in Withukars Hütte zu ziehen. Aber bei den Yuthoaz gibt es dafür feste Regeln. Erst müssen gewisse Riten vollzogen werden. Also nahmen wir sie wieder mit nach Hause. Sie drohte, sich selbst umzubringen, oder allein im Boot fortzufahren, aber schließlich schlief sie ein. Was sagen Sie dazu?«
»Ich werde mit der Göttin sprechen«, sagte Lockridge zögernd.
»Danke. Ich weiß selbst nicht, was am besten wäre. Sie würde ihre Freiheit bei ihm verlieren, aber sind wir nicht alle unfrei? Und die Göttin hat es befohlen. Doch könnte Auri unter solchem Zwang nie glücklich werden. Vielleicht können Sie sie doch davon überzeugen, daß es das beste wäre.«
»Oder daß sie davon entbunden wird«, sagte Lockridge. »Ich mache mich sofort auf den Weg.«
»Wollen Sie nicht erst essen?«
»Nein, ich bin nicht hungrig.« Der Vorhang schloß sich hinter ihm. Das Dorf lag im Dunkeln. Er mußte sich den Weg zum Langhaus ertasten. Die Yuthoposten ließen ihn ohne Anruf passieren. Drinnen glühten die Kugeln immer noch. Storm saß allein am Schaltbrett eines Psychocomputers. Wegen der Wärme trug sie nur eine kurze Tunika, aber Lockridge musterte sie ohne Verlangen. Sie wandte sich um, lachte und reckte sich. »So früh, Malcolm? Nun, ich habe es satt, die Tendenzen zu erforschen. Die Daten, die dabei herauskommen, sind doch nur erraten.«
»Hör zu«, sagte er. »Wir müssen miteinander sprechen.«
Ihre Heiterkeit verschwand, und sie saß ganz still.
»Wir packen die Dinge falsch an«, fuhr er fort. »Ich glaubte, die Leute hier sollten mit den neuen Verhältnissen versöhnt werden. Statt dessen ist, während ich fort war, alles schlimmer geworden.«
»Es fällt dir offensichtlich nicht schwer, deine Meinung zu wechseln«, erwiderte sie eisig. »Sprechen wir es klarer aus. Du meinst, daß die Spannung zwischen den Stämmen größer geworden ist. Was hast du erwartet? Was soll ich deiner Ansicht nach tun? Meine guten Yuthoverbündeten verleugnen?«
»Nein, es genügt, sie etwas fester an die Leine zu nehmen.«
»Malcolm, mein Lieber, wir sind nicht gekommen, um eine Utopie zu bauen«, sagte Storm sanft. »Das wäre ohnehin eine unmögliche Aufgabe. Uns ist daran gelegen, Stärke zu schaffen. Und das bedeutet, jene zu bevorzugen, die die Voraussetzungen der Stärke erfüllen. Bevor du zu selbstgerecht wirst, frage dich, ob die Bewohner von Eniwetok wirklich bereit waren, ihre Insel zu räumen, damit ihr Platz für eure Atomtests hattet. Wir können versuchen, das Leid, das wir zufügen, zu verringern, aber jemand, der nicht bereit ist, überhaupt welches zuzufügen, paßt nicht in diese Welt.«
Lockridge hob protestierend die Hand. »Vielleicht müssen wir Menschen Lumpen sein«, sagte er. »Aber nicht ohne Einschränkungen. Zumindest erwartet man von einem Mann, daß er seinen Freunden beisteht. Auri gehört zu meinen Freunden.«
»Ich rechnete damit, daß du die Frage anschneiden würdest«, sagte Storm und ließ ihre Hand über das nachtschwarze Haar gleiten. »Sprich weiter.«
»Nun, Auri legt keinen Wert darauf, Withukars Harem zu bevölkern.«
»Ist er ein schlechter Mann?«
»Nein. Aber ...«
»Willst du, daß sie allein bleibt, obwohl du weißt, wie sie sich dadurch von den andern absondern würde?«
»Nein, nein ...«
»Ist sonst jemand da, der für sie in Betracht käme?«
»Nun
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