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Korridore der Zeit

Korridore der Zeit

Titel: Korridore der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Sklaven sehen. Auri? Nun, sie hatte sich zu einem ziemlich schwierigen Fall entwickelt, soweit es um die Beziehungen zwischen ihnen ging. Allein marschierte er aus dem Dorf. Der heilige Teich am Rand des Waldes würde wahrscheinlich noch nicht zu kalt sein, um den Staub der Reise abzuwaschen.
    Er hätte glücklich sein sollen. Aber etwas stimmte ihn unbehaglich. Er dachte darüber nach, während er kräftig ausschritt. Sicher war es ein erstrebenswertes Ziel, zwei Rassen zu vereinigen. Und das Volk der Streitäxte war nicht von Natur aus schlecht; man mußte ihm nur beibringen, daß auch die Ureinwohner menschliche Wesen waren. Vorerst begnügten sie sich damit, die Mondgöttin ihrer Sammlung von Gottheiten hinzuzufügen, und lediglich ihr Gebot war es, das sie davon abhielt, das Seefahrervolk als ihnen zustehende Beute zu betrachten. Und nie hatte eine Kultur eine andere geachtet, die nicht bewiesen hatte, daß sie auch im Kampf ihren Mann stand.
    Fortschritt, dachte Lockridge betrübt. Werden die Menschen in 4000 Jahren anders sein? Wir weißen Amerikaner mögen die Indianer beraubt haben, aber weil sie wie die Löwen kämpften, sind wir stolz auf jeden Tropfen indianischen Blutes, der in unsern Adern fließen mag. Und den Neger haben wir bis in mein Jahrzehnt verachtet, bis er aufstand und für sein Recht kämpfte.
    Lockridge war so in seine Gedanken vertieft, daß er den Teich fast erreicht hatte, ehe er bemerkte, was sich dort abspielte. Und die sieben jungen Männer und das Mädchen aus dem Ort waren so beschäftigt, daß sie ihn nicht kommen sahen.
    »Was, zum Teufel, soll das?« bellte Lockridge.
    Er jagte auf sie zu. Sie wichen zurück. Als sie erkannten, wer er war, machte die Furcht sie zu jämmerlichen Gestalten, die sich zu Boden warfen, während das Mädchen langsam aus seiner Trance erwachte. Lockridge verbarg seinen Abscheu und sagte mit tiefer Stimme: »In Ihrem Namen verlange ich das Bekenntnis eurer Missetaten.«
    Er bekam es, in gestammelten Worten und winselnden Bitten. Einige der Einzelheiten wurden ausgelassen, aber er konnte die Lücken selbst ausfüllen.
    ›Göttin‹ war keine gute Übersetzung des Wortes für das, was sie in dieser Kultur bedeutete. Das japanische kami traf es eher: jedes übernatürliche Wesen, vom Felsblock oder Baum bis zu den unbestimmten Mächten, die die Elemente beherrschten. Es gab keine Trennung des Magischen vom Göttlichen; alle Dinge besaßen ihre mystische Stärke.
    Die Tenil Orugaray betrachteten ihr Land als von Ihrem Willen gewaltsam in Besitz genommen. Sie hätten nach Flandern oder England fliehen können, wie es einige bereits getan hatten, aber die Liebe zur Heimat war zu tief in ihnen verwurzelt. Statt dessen wollten sie versuchen, andere Mächte gegen sie aufzubieten. Sie hatten gehört, daß die Stämme im Landesinnern Menschenopfer darbrachten, und sie wußten, daß diese Stämme sich noch ihrer Freiheit erfreuten ...
    »Geht nach Hause«, sagte Lockridge. »Ich werde keine Strafe auf euch herabrufen. Ich werde ihr hiervon nichts berichten. Bessere Zeiten werden kommen. Das schwöre ich.«
    Sie schlichen geduckt davon. Sobald sie Abstand gewonnen hatten, begannen sie zu laufen. Lockridge sprang in den Teich und wusch sich in wütender Verzweiflung. Erst nach Sonnenuntergang machte er sich auf den Rückweg. Das Wetter hatte sich verschlechtert, der Wind trieb Wolken von der See heran und brachte Kühle und frühe Dämmerung. Niemand zeigte sich im Dorf, und die Felle vor den Eingängen schlossen ihn aus.
    Aber ein Mann muß essen, ohne Rücksicht auf seine Gefühle zu nehmen, und Lockridge lebte von dem, was das Haus, das Echegon gehört hatte, ihm bot. Schweigen empfing ihn, als er eintrat. Rauch biß in seine Augen, Schatten füllten die Ecken, das Feuer in der Grube flackerte müde. Auris Verwandtschaft saß, als hätte sie auf ihn gewartet: ihre Mutter, die Witwe; ihre wenigen verbliebenen Halbbrüder; ihre Tante und ihr Onkel, einfache Fischer, die ihn zurückhaltend musterten.
    »Wo ist Auri?« fragte Lockridge.
    Ihre Mutter deutete auf das Lager in der Ecke. Weizenblondes Haar leuchtete auf der Hirschhaut, die als Decke diente. »Sie hat geweint, bis sie in Schlaf fiel. Muß ich sie aufwecken?«
    »Nein.« Lockridge blickte in verschlossene Gesichter. »Was ist geschehen?«
    »Sicher wissen Sie es«, sagte die Mutter.
    »Nein, ich weiß es nicht. Erzählen Sie!« Das Feuer sprang auf, und der Widerschein spielte auf Auris Gestalt, die sich

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